Ein gerade veröffentlichtes Rechtsgutachten zeigt, dass die im Rahmen der geplanten EU-Verpackungsverordnung (PPWR) diskutierten Sonderregeln für Kunststoffverpackungen und Ausnahmen für andere Verpackungsmaterialien sehr wahrscheinlich nicht mit dem EU-Recht vereinbar wären.
Danach verstoßen Vorgaben, die beispielsweise lediglich Kunststoffverpackungen verbieten oder zur Wiederverwendung verpflichten oder faserbasierte Verbundverpackungen von den Rezyklateinsatzquoten ausnehmen, mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil keine objektiven Gründe für eine solche Ungleichbehandlung vorliegen. Außerdem rügen die Rechtsexperten Verfahrensverstöße, weil Parlament und Rat bei ihren Vorschlägen nicht sämtliche relevanten Faktoren berücksichtigt haben.
In einem gemeinsamen Aufruf fordern die Verbände EuPC, IK und Elipso, die das Gutachten in Auftrag gegeben haben, die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament auf, die materialspezifischen Sonderregeln in den laufenden Trilog-Verhandlungen zu streichen, um Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmen herzustellen. Das Gutachten der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Dentons kommt zu dem Ergebnis, dass sämtliche der untersuchten Sonderegeln für Kunststoffverpackungen und Ausnahmen für andere Materialien höchstwahrscheinlich gegen den EU-Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, weil sie höchst wahrscheinlich Kunststoffverpackungen diskriminieren. Eine solche Diskriminierung von Kunststoffverpackungen sei kontraproduktiv zu den Zielen der PPWR, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer ökologischen Fehllenkung führt, indem leichte und gut recycelbare Kunststoffverpackungen durch schwerere und schlechter zu recycelnde Verpackungsmaterialien ersetzt würden, was zu einem Anstieg der Menge an Verpackungsabfällen und Treibhausgasemissionen führt.
„Rat und Parlament haben die vorhandenen wissenschaftlichen Fakten und Erkenntnisse zu den Vorteilen von Kunststoffverpackungen in einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft bisher ignoriert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Vielzahl der Kunststoff-Diskriminierung in der PPWR eine völlige Umkehrung des Grundsatzes der Materialneutralität bewirkt. Das Gutachten zeigt dem Gesetzgeber hier klare Grenzen auf.“
Bernard Merkx, Director General von EuPC
Das Gutachten weist unter anderem nach, dass etwa die Verbote von Kunststofffolien für ein 6er-Pack Flaschen oder Kunststoffverpackungen für unbehandeltes Obst und Gemüse nicht mit dem EU-Recht vereinbar sind. „Die Verbote ausschließlich von Kunststoffverpackungen stehen im Widerspruch zu den ursprünglichen Zielen der PPWR sowie zu den Umweltgrundsätzen der EU. Sie würden lediglich zu einem Ausweichen auf Einwegverpackungen aus anderen Materialien, z.B. Papier- und Kartonverpackungen, die im Vergleich zu Kunststoffverpackungen oft weniger nachhaltig sind“, kritisiert Gaël Bouquet, Director General des französischen Kunststoffverpackungsverbandes Elipso. Außerdem habe der Gesetzgeber keine weniger belastenden Maßnahmen geprüft.
„Noch ist es nicht zu spät. Wir fordern Rat und Parlament auf, in den laufenden Trilog- Verhandlungen die Sonderregeln für Kunststoffverpackungen und Ausnahmen für andere Verpackungsmaterialien wieder zu streichen. Nur so kann es gelingen, die für die Transformation in eine Kreislaufwirtschaft erforderliche Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmen herzustellen.“
Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der deutschen IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen
Die Hersteller von Kunststoffverpackungen fordern seit langem eine Rückkehr zu EU-weit einheitlich geltenden Verpackungsvorschriften. Sollte die rechtliche Unsicherheit des derzeit vorgeschlagenen Textes nicht beseitigt werden, wäre eine Lawine von europäischen und nationalen Rechtsstreitigkeiten die Folge, was das Ziel einer Kreislaufwirtschaft für Verpackungen gefährdet. Aus diesem Grund fordern die drei Verbände den europäischen Gesetzgeber auf, die Rechtssicherheit der PPWR zu gewährleisten.
Quelle: IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen