Variable Daten lassen sich per Dot-Matrix-Schrift schnell und kostengünstig auf ein Produkt oder seine Verpackung aufbringen. Mit dem Dot-Print-Tool der Bildanalysesoftware CIVCore von METTLER-TOLEDO CI-Vision ist es möglich, Dot-Matrix-Schriften auch bei hohen Geschwindigkeiten automatisch zu lesen und zu verifizieren.
Viele produzierende und verpackende Unternehmen setzen bei hohen Bandgeschwindigkeiten auf das Continuous-Inkjet-Verfahren. Beim Codelesen der aufgebrachten Informationen wie MHD, Produktionsdatum oder Chargennummer stoßen bisherige OCR-Algorithmen jedoch oftmals an ihre Grenzen.
Aufgrund der degradierten Zeichenketten und unterschiedlicher Verpackungseigenschaften wie gewölbter oder transparenter Oberflächen war es bislang in vielen Fällen nicht möglich, Dot-Matrix-Schriften mit Kamerasystemen automatisiert zu lesen. Das in die METTLER-TOLEDO-Bildanalysesoftware CIVCore integrierte Dot-Print-Tool überwindet diese technologische Hürde. Durch eine vordefinierte Punktmatrix für jedes Zeichen lassen sich Dot-Matrix-Schriften unabhängig von der Verpackungsoberfläche automatisiert einlesen und verifizieren. Herstellern und Verpackern eröffnet sich damit je nach aufgebrachtem Code branchenunabhängig ein breites Spektrum an neuen Möglichkeiten in Bezug auf Logistik und Qualitätssicherung.
Über die neue Technologie und ihre künftigen Einsatzmöglichkeiten haben wir Reinhold van Ackeren, Head of Marketing & Product Management bei METTLER-TOLEDO CI-Vision in Zwingenberg, im Detail befragt:
pj: Herr van Ackeren, Dot-Matrix-Schriften sind im Bereich der Konsumgüterindustrie weit verbreitet. Allerdings war es bislang nicht möglich, die Schriften automatisiert zu lesen. Woran liegt das eigentlich?
Reinhold van Ackeren: Kurz auf einen Nenner gebracht: an den bisher vorhandenen Technologien. Template-based-OCR und Geometric-OCR sind die in der Industrie verbreiteten Varianten. Beide Lösungen benötigen jedoch konstante Aufnahmebedingungen, um zuverlässig arbeiten zu können. Bei Dot-Matrix-Schrift sind die Zeichen unterbrochen, oft befinden sich die aufgedruckten Informationen auf gewölbten oder transparenten Oberflächen – etwa auf Flaschenhälsen. Diese Hindernisse weisen die konventionellen OCR-Verfahren in ihre Schranken und die Hersteller sind oft auf eine manuelle, stichprobenhafte Sichtkontrolle beschränkt.
pj: Und das Dot-Print-Tool macht das Lesen trotz der genannten Schwierigkeiten möglich?
Reinhold van Ackeren: Genau. Das Dot-Print-Tool ist fester Bestandteil unserer Bildanalysesoftware CIVCore und basiert auf der SureDotOCR-Technologie von Matrox Imaging. Die Besonderheit hierbei ist, dass der Betreiber die Punktmatrix für jedes einzelne Zeichen von vornherein im Dot-Print-Tool hinterlegt. Die Zeichendefinitionen kann er direkt vom Drucker beziehen oder manuell anlegen – dies gilt auch für Sonderzeichen und Umlaute. Zusätzlich benötigt die Software Angaben zur Punktgröße, sowie zur Abmessung des Feldes, in dem die Dot-Matrix-Schrift aufgedruckt ist. Mit diesen Informationen kann der OCR-Algorithmus die Zeichen zuverlässig identifizieren. Die große Stärke dieses Verfahrens liegt in der Parametrisierung. Der Algorithmus toleriert und erkennt selbst Zeichen, die aufgrund des Druckverfahrens oder der Verpackungsoberfläche gekippt, verzerrt oder unvollständig sind.
pj: Das hört sich nach einem großen Fortschritt im Bereich Dot-Matrix-OCR-Verfahren an. Welche Konsequenzen leiten sich aus dieser technischen Neuerung für produzierende und verpackende Unternehmen ab?
Reinhold van Ackeren: Für Hersteller eröffnet sich eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten. Auf der einen Seite steht die Dot-Matrix-Schrift, die sich schnell, kostengünstig und bei sehr hohen Bandgeschwindigkeiten auf das Produkt oder die Verpackung aufbringen lässt. Auf der anderen Seite sind wir nun in der Lage, unter Nutzung der vorhandenen Drucksysteme – und damit ohne Neuinvestitionen in diesem Bereich – alle in Dot-Matrix-Schrift aufgebrachten variablen Informationen wie Produktionsdatum, MHD oder Chargennummern zu lesen und zu verifizieren. Damit gewährleisten die Hersteller eine hundertprozentige Kontrolle jedes einzelnen Produkts und heben ihre Qualitätsstandards auf ein höheres Level.
Und die Praxis zeigt: Der Bedarf ist da. Viele Händler fordern von ihren Lieferanten eine BRC-7-Zertifizierung nach den Vorgaben des britischen Einzelhandelsverbands. Diese beinhalten unter anderem eine hundertprozentige visuelle Kontrolle der Produktverpackung und aller aufgebrachten Angaben. Mit einer Kombination aus Dot-Matrix-Drucker und Dot-Print-Tool lässt sich dies nun preiswert in der Hochgeschwindigkeitsproduktion realisieren.
pj: Eine hundertprozentige Kontrolle bedeutet hier gleichzeitig auch weniger Verluste?
Reinhold van Ackeren: Auf jeden Fall. In der Praxis ist es eher die Ausnahme, dass ein Schlechtprodukt den Weg bis ins Verkaufsregal findet, aber aufwendige und teure Nacharbeiten in der Produktion sind durchaus ein Thema. Die meisten Mängel sind einfach auf Nachlässigkeit zurückzuführen. Ein klassischer Fehler ist etwa, dass der zuständige Mitarbeiter beim Produktwechsel vergisst, das Beschriftungssystem auf die neue Chargennummer umzustellen. Ein visuelles Inspektionssystem erkennt dies sofort und schlägt Alarm, bevor übermäßig viele Ressourcen verschwendet werden. Bei der manuellen Sichtkontrolle, wie sie bei Dot-Matrix-Schriften in der Vergangenheit üblich war, fällt so ein Fehler vielleicht erst nach Tausenden oder Zehntausenden fertig produzierter Produkte auf. Die Ressourcenverschwendung und der Aufwand für das Neuverpacken der Produkte sind dementsprechend hoch.
pj: Strahlen die neuen Möglichkeiten auch in den Bereich „Industrie 4.0“ aus?
Reinhold van Ackeren: Natürlich, gerade bei der Produktinspektion liefern umfassende Qualitätsdaten wertvolle Informationen im Hinblick auf Performance und Predictive Maintenance. Mit unserem Dot-Print-Tool funktioniert das nun auch bei Dot-Matrix-Schrift. Die CIVCore-Software speichert durchgehend Daten zur Qualität der Beschriftung und führt sie auf Wunsch über unsere ProdX-Software mit anderen Produktinspektionsdaten, etwa von Kontrollwaagen, Röntgeninspektionen oder Metalldetektoren zusammen. CIVCore erkennt so auch Negativtrends. Verstopfen beispielsweise die Düsen des Druckers zunehmend, wirkt sich dies auf die Form und Beschaffenheit der einzelnen Dot-Matrix-Punkte aus. Die Bildanalysesoftware weist den Linienverantwortlichen sofort auf diesen Umstand hin. Dieser kann den betroffenen Drucker dann warten und reinigen. Hersteller wirken so Fehlern entgegen, bevor sie entstehen.
pj: Wie schnell wird die Industrie Ihrer Meinung nach die neue OCR-Technologie adaptieren?
Reinhold van Ackeren: Äußerst schnell, in Teilen wird sie schon jetzt eingesetzt. Wie erwähnt, sind Dot-Matrix-Schriften in vielen Branchen weit verbreitet, beispielsweise in der Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie. Hersteller, die bereits Dot-Matrix-Drucker besitzen, können ihre Linie mit wenig Aufwand erweitern. Sie benötigen lediglich eine Kamera und die Bildanalysesoftware. Das Verhältnis von Invest und Benefit ist hier äußerst gut. Mit relativ wenig Kapitaleinsatz erhalten Hersteller Linien, auf denen sie Dot-Matrix-Schrift voll automatisiert und bei jedem Produkt überprüfen können. Hinzu kommen die bereits genannten Vorteile in Bezug auf die Qualitätssicherung. Viele Hersteller haben das erkannt und stehen Investitionen in diesem Bereich offen gegenüber.