Bei geeigneten Bioprodukten könnten Kunststoffverpackungen bald der Vergangenheit angehören: Eosta, eines der weltweit führenden Handelsunternehmen für Bioobst und -gemüse, hat gemeinsam mit der schwedischen Supermarktkette ICA erste Produkte mit natürlichem Labeling auf den Markt gebracht.
Aufkleber, z. B. mit dem Biologo oder dem EU-Biosiegel, können ein Ersatz für die Primärverpackung sein, doch auch sie machen den Einsatz von Papier, Tinten, Lacken oder Klebstoffen erforderlich. Mit der neuen Methode des „natürlichen Labeling“ bringt Nature & More nun ein Biosiegel oder Kundenlogo direkt auf einer Frucht an, die mit oder ohne Schale ganz normal verzehrt werden kann. Das Verfahren ist vom unabhängigen niederländischen Biozertifizierer Skal sowie von allen für die Lebensmittelsicherheit verantwortlichen Autoritäten genehmigt und für unbedenklich erklärt worden. Im Prozess entstehen keine neuen chemischen Verbindungen und die Lagerfähigkeit wird nicht negativ beeinflusst.
Die Vorteile der neuen Methode liegen auf der Hand: So rechnet Nature & More damit, erhebliche Mengen an Verpackungsmaterial einzusparen. Außerdem unterstützt sie Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung. Denn Supermarktkunden können künftig genau so viele Avocados oder Süßkartoffeln kaufen, wie sie wirklich benötigen, und müssen nicht mehr zu größeren Verpackungseinheiten greifen.
Paul Hendriks, Verpackungsexperte bei Nature & More, zeigt sich sehr zufrieden mit der neuen Methode:
„Natürliches Labeling schließt genau die Lücke zwischen der Erkennbarkeit als Bioprodukt und dem Einsparen von Verpackungsmaterial. Wir freuen uns, dass wir hier zusammen mit ICA die Initiative ergriffen haben und natürlich markierte Produkte in die Läden bringen.“
Das wollten wir noch etwas genauer wissen und haben dem Spezialisten einige Fragen gestellt.
pj: Herr Hendriks, wie funktioniert natürliches Labeling?
Paul Hendriks: Es handelt sich um eine kontaktlose Methode, die völlig unbedenklich ist. Mit einem gebündelten Lichtstrahl werden Pigmente in der äußersten Schicht der Schale entfernt. Zusätzliche Hilfs- oder Kontraststoffe kommen nicht zum Einsatz. Der Prozess findet lediglich auf der Oberfläche der Frucht statt und hat keinen Einfluss auf den Geschmack, den Geruch, die Haltbarkeit oder das weitere Aussehen der Frucht. Die Frucht kann mit oder ohne Schale ganz normal verzehrt werden, selbst der gekennzeichnete Bereich ist bedenkenlos essbar.
pj: Wie lange gibt es diese Technik schon?
Paul Hendriks: Die Basismethode wurde 1997 patentiert. Ab 2009 kam sie bereits in Australien und Neuseeland zum Einsatz – allerdings nur für konventionelle Waren und unter Verwendung von Kontrastmitteln, die die Sichtbarkeit des Labels auf der Frucht erhöhen sollten. So etwas ist im Biobereich natürlich undenkbar. Deshalb hat es uns weitere acht Jahre gekostet, um das Verfahren gemeinsam mit unserem Technologiepartner LaserFood für Bioobst und -gemüse zu optimieren. Von der EU wurde die Laseretikettierung 2013 genehmigt.
pj: Warum hat sich Eosta gerade jetzt dafür entschieden?
Paul Hendriks: Wir sind schon lange auf der Suche nach alternativen Verpackungsmaterialien. Dem natürlichen Labeling gehen eine jahrelange Entwicklungsarbeit und Investitionen voraus. Parallel dazu haben wir aber auch nachhaltige Verpackungen aus Biokunststoffen oder vielseitig einsetzbare Trageschalen aus Karton auf den Markt gebracht – oder auch umweltfreundliche Verpackungen auf Basis von Agrarabfällen wie Zuckerrohrfaser. Nur wenn es keine andere Möglichkeit gibt, verpacken wir unsere Produkte, entscheiden uns in diesem Fall aber immer für das umweltfreundlichste Verpackungsmaterial bzw. die kleinstmögliche Verpackung. Ja, wir sind der Überzeugung, dass biologisch erzeugte Produkte nicht verpackt werden müssen. Denn die beste Verpackung ist immer noch die Frucht selbst. Deshalb sind wir auch so glücklich mit dem natürlichen Labeling.
pj: Für welche Produkte kommt diese Lösung infrage?
Paul Hendriks: Sie eignet sich für fast alle Obst- und Gemüsesorten. Besonders gut kommen die natürlichen Labels auf Avocado, Gurke, Süßkartoffel, Ingwer, Mango, Apfel, Kiwi und Kokosnuss zur Geltung, aber auch auf vielen anderen Früchten. Sticker, die wegen der unebenen Schale von Avocados oder Erdrückständen auf Süßkartoffeln immer wieder vom Produkt abfielen, gehören damit der Vergangenheit an. Zitrusfrüchte und Granatäpfel sind leider ungeeignet, da ihre Schale die entfernten Pigmente wieder ersetzt.
Für Händler, die sowohl konventionelle Ware als auch Bioobst und -gemüse anbieten, ist das natürliche Labeling interessant, weil hiermit ökologisch erzeugte Produkte auch als solche gekennzeichnet werden können, ohne in Kunststofffolien verpackt werden zu müssen. Für Händler, die ausschließlich Bioware anbieten, könnten z. B. eine Avocado durch Lichtlabeling mit dem Hinweis „essreif” versehen, oder das Herkunftsland einer Süßkartoffel direkt auf der Schale sichtbar gemacht werden. So bieten sich neue Möglichkeiten, Transparenz und Mehrwerte direkt auf der Frucht zu kommunizieren.
pj: Welche Ziele verfolgt man für die Zukunft?
Paul Hendriks: Vor allem möchten wir uns weiterhin dafür stark machen, dass Kunststoffverpackungen auf Mineralölbasis aus den Läden verschwinden. Die aktuelle Testphase, in der wir gemeinsam
mit der schwedischen Supermarktkette die Akzeptanz für natürlich markierte Bioprodukte auf Endverbraucherseite testen, ist sehr vielversprechend angelaufen. Auch andere Handelspartner, darunter der deutsche Lebensmitteleinzelhandel, haben bereits großes Interesse gezeigt, sodass wir nach Abschluss der Testphase das „natürliche Labeling“ hoffentlich auch für sie zugänglich machen können. Denn die Vorteile der neuen Methode liegen auf der Hand: 2015 haben wir beispielsweise 725.380 Packungen mit Bioavocados an schwedische ICA-Supermärkte geliefert. Dafür wurden 217 km Kunststofffolie mit einer Breite von 30 cm verwendet. Umgerechnet entspricht das 2.042 kg Kunststoff. Der bei der Produktion erzeugte CO2-Ausstoß entspricht einer Autofahrt 1,3-mal um die Welt.