Nicht nur die EU plant mit der Packaging and Packaging Waste Regulation einige Änderungen, die die Verpackungsbranche betreffen. Auch das Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerium plant eine Novellierung des Verpackungsgesetzes. An den möglichen Änderungen üben nun Verbände der Lebensmittelkette Kritik.
Mit diesem Gesetz will das Ministerium weitere Verpackungen vermeiden und insbesondere Mehrwegverpackungen fördern. Für die Hersteller und Inverkehrbringer von Verpackungen birgt das neben der ohnehin schon gedämpften allgemeinen Wirtschaftslage und einem inflationsbedingten Nachlassen der Nachfrage weitere nicht einzuschätzende Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Für den Handel, die Gastronomie und das Handwerk sind zudem bauliche und logistische Aufgaben zu lösen.
Gemeinsam rufen Wirtschaftsverbände Papierverarbeitung (WPV), Lebensmittelverband Deutschland, Industrieverband Papier- und Folienverpackung e.V. (IPV), PRO-S-PACK Arbeitsgemeinschaft für Serviceverpackungen, Die Papierindustrie (DPI), Bundesverband der Systemgastronomie (BdS), Fachverband Faltschachtel-Industrie (FFI), Verband Vollpappe-Kartonagen (VVK) und Verband der Wellpappen-Industrie (VDW) deshalb zu einem Stopp nationaler Alleingänge im Verpackungsrecht auf.
„Wir sind auf europäischer Ebene gerade in den Verhandlungen für eine allgemeine europäische Regelung zur Revision der EU-Verpackungsrichtlinie (PPWD), die sich auch mit den Fragen der jetzt vom Bundesumweltministerium vorgestellten deutschen Novelle auseinandersetzt. Noch ist das Rechtsetzungsverfahren der Verpackungsverordnung (PPWR), die ab 2025 in allen europäischen Staaten gleichermaßen gelten soll, nicht abgeschlossen. Ein jetziger deutscher Alleingang wird den Unternehmen der gesamten Lieferkette zusätzliche Belastungen bringen und schränkt die Wettbewerbsfähigkeit weiter ein. Aus unserer Sicht ist diese Novelle Symbolpolitik. Daraus resultieren weder umwelt- noch wirtschaftspolitische Vorteile.“
Dr. Sieglinde Stähle vom Lebensmittelverband
Sie erinnert daran, dass gerade erst neue Regelungen zur Mehrwegangebotspflicht in Kraft getreten sind. Deren Umsetzung hakt, auch weil es noch viele offene Fragen an das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt gibt, was den Zielkonflikt zwischen Verpackungsgesetz und Verbraucherschutz bzw. Lebensmittelhygiene angeht.
„Gerade werden alle Kräfte benötigt und gebündelt, um die PPWR zu novellieren. Der Vorstoß des Ministeriums kommt zur Unzeit. Jetzt Regelungen zu treffen, die in anderthalb Jahren durch eine einheitliche europäische Gesetzgebung wieder zurückgenommen werden könnten, birgt die Gefahr einer nach außen übereilt und kurzfristig wirkenden Politik und sorgt innerhalb der Industrie für enorme Unsicherheiten und zusätzliche Belastungen.“
Karsten Hunger, Geschäftsführer des IPV
Die Branche arbeitet bereits seit Jahren sehr aktiv an der Materialreduzierung bei Verpackungen sowie an deren erfolgreicher Kreislaufführung. Die Verbändeallianz betont, dass der EU-Binnenmarkt als Einheit gesehen werden muss, Alleingänge sind nicht das, was eine europäische Wirtschaft stark macht.
Parallel zu Mehrweg haben sich beim Verbraucher alternative Verpackungslösungen aus sehr gut recyclebaren Werkstoffen etabliert. Im To-Go-Geschäft bleibt die Nachfrage nach Mehrwegalternativen überschaubar. „Wir empfehlen, Politik nicht am Verbraucher vorbei zu machen“, erklärt Markus Suchert (Hauptgeschäftsführer des BdS). „Deutschland ist Spitzenreiter beim Recycling von Verpackungen und sollte diesen erfolgreichen Wirtschaftskreislauf weiter stärken.“
Wie kleine Handwerksbetrieb-Filiale an stark frequentierten Standorten diese Anforderungen bei potenziell hohen Rücklaufquoten mit verschmutzten Verpackungen umgehen sollen, ist völlig ungeklärt. Auf die Vollzugsbehörden für das Verpackungsgesetz – die Lebensmittelüberwachung ist hierfür nicht zuständig – käme ein riesiger Berg Arbeit zu. Wichtig ist, zu berücksichtigen, dass die ökologische Belastung von Nahrungsmittelverschwendung um ein Vielfaches höher ist als die der Verpackung. Vor dem Hintergrund der notwendigen Reduktion von CO2-Emissionen sollte nicht die pure Reduktion von Verpackungen im Fokus der Politik stehen. Was zählt, ist ein möglichst geringer ökologischer Fußabdruck bei bestmöglicher Funktionalität der Verpackung über den gesamten Lebenszyklus.
Quelle: IPV
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