Fachkräftemangel in der Verpackungsbranche: Der Arbeitsmarkt ist „geradezu leer gefegt“

Fachkräftemangel in der Verpackungsbranche (Bild: wavebreakmedia /shutterstock.com)
Die Verpackungsbranche braucht Nachwuchs. Der ist aber gar nicht so leicht zu finden. (Bild: wavebreakmedia /shutterstock.com)

Allerorten fehlen Fachkräfte. Nach aktuellen Daten verschärft sich das Problem vor allem für die Ingenieurs- und Informatikberufe. Wie sieht es in der Verpackungsbranche aus? Das packaging journal hat sich umgehört. „Der Fachkräftemangel ist akut, und es gibt keine Anzeichen, dass sich das ändert. Im Gegenteil“, heißt es beispielsweise vom Deutschen Verpackungsinstitut (dvi).

Laut „VDI-Ingenieurmonitor 2018/3“ steigt die Nachfrage der Unternehmen nach Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Informatikfachkräften. Zugleich nimmt die Zahl der Arbeitssuchenden in diesen Berufsfeldern ab. 130.520 offene Stellen für Ingenieure und Informatiker wurden im Monatsdurchschnitt zwischen Juli und September 2018 registriert. Das waren 7,8 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2017. Dem standen nur 22.607 Arbeitssuchende in Ingenieurs- und 7.784 in Informatikberufen gegenüber – 8,2 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Wirtschaftsflaute würde kaum Entspannung bringen

Auch vor der Verpackungsbranche macht der Fachkräftemangel nicht Halt. „Dieses Thema wird uns noch lange beschäftigen“, ist sich Peter Lamboy, Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Verpackungsingenieure (BDVI), sicher. Weltweit steige bei einer größer werdenden städtischen Mittelschicht die Nachfrage nach modern verpackten Nahrungsmitteln, Getränken sowie Pharmazeutika, ergänzt Vera Fritsche, Referentin beim VDMA-Fachverband Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen (VDMA NuV). Es würden also mehr Fachkräfte benötigt, das „Angebot“ halte damit aber nicht Schritt.

Winfried Batzke, Geschäftsführer des dvi (Bild: dvi)

Winfried Batzke, Geschäftsführer des dvi (Bild: dvi)

Kim Cheng, Geschäftsführerin des dvi (Bild: dvi)

Kim Cheng, Geschäftsführerin des dvi (Bild: dvi)


„Der Mangel betrifft viele Segmente: vom Ingenieur und der Konstrukteurin über den Programmierer bis hin zu den Fachkräften an der Linie.“
Kim Cheng und Winfried Batzke, dvi

Die Situation werde sich wegen der Diversifizierung der Verpackungsindustrie selbst dann nicht entspannen, sollte das Wirtschaftswachstums nachlassen, pflichten die Geschäftsführer des Deutschen Verpackungsinstituts (dvi), Kim Cheng und Winfried Batzke, bei.

„Der Mangel betrifft viele Segmente: vom Ingenieur und der Konstrukteurin über den Programmierer bis hin zu den Fachkräften an der Linie“, berichten die dvi-Geschäftsführer und fügen hinzu: „Einzig bei den ‚Hilfskräften‘ und im Bürobereich stellt sich die Situation einfacher dar. Auch der Bereich Logistik hat stark zu kämpfen.“ Verpackungsmaschinenbauer suchten vor allem nach Personal in den Bereichen Konstruktion, Montage und Inbetriebnahme, aber auch im Vertrieb, weiß auch Vera Fritsche. „Geradezu leer gefegt“ sei der Markt für IT- und Softwarespezialisten, „da nahezu alle Maschinenbaubranchen um entsprechend qualifizierte Mitarbeiter konkurrieren.“

Gründe für den Fachkräftemangel sind vielfältig

Was sind die Gründe für den Fachkräftemangel? Kim Cheng und Winfried Batzke wiederum verweisen darauf, dass Verpackungsfachleute immer häufiger auch in anderen Branchen gesucht werden: „Grund sind steigende Anforderungen im Verpackungsbereich, auch durch den Gesetzgeber. Das neue Verpackungsgesetz ist das jüngste Beispiel. Es bringt verschärfte Meldepflichten und umfangreichere Berechnungen der anfallenden Verpackungsmenge, die bei Inverkehrbringern zu einem erhöhten Personalbedarf führen.“ Der Personalengpass sei regional unterschiedlich. Schwer hätten es Verpackungsunternehmen, wenn in der Nähe IT- oder Mobilitätsunternehmen angesiedelt seien. Diese hätten einfach mehr „Sex-Appeal“ und zahlten oft auch besser.

Eine große Hürde bei der Personalrekrutierung liege nicht zuletzt im schlechter werdenden Image von Verpackungen, beklagt BDVI-Geschäftsführer Lamboy: „In der normalen Presse wird die Verpackung permanent schlecht gemacht.“ Studierende entschieden sich dann eher für vermeintlich zukunftsträchtigere Branchen.

Unternehmen müssen sich aktiv um Nachwuchs bemühen

Bei der Nachwuchsgewinnung zähle Schnelligkeit, betonen alle Befragten. Möglichst früh müsse sich die Branche als attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Vera Fritsche verweist auf zahlreiche Initiativen ihrer Verbandsmitglieder, „um jungen Menschen Naturwissenschaft und Technik sowie die spannende Welt des Verpackungsmaschinenbaus nahezubringen – beispielsweise durch die Beteiligung am Girls‘ Day, mit Nachwuchsveranstaltungen, bei denen Jugendliche spielerisch Einblicke in das Unternehmen bekommen, oder durch Sommerferienprogramme für Mitarbeiterkinder.“ Das dvi unterstützt ebenfalls solche Initiativen wie auch Kooperationen mit dem Arbeitsamt und Berufsmessen.

Peter Lamboy, Geschäftsführer des BDVI (Bild: BDVI)

Peter Lamboy, Geschäftsführer des BDVI (Bild: BDVI)

„Es geht darum, die besten Studenten zu bekommen“
Peter Lamboy, BDVI

Später gehe es dann darum, ausreichend Ausbildungsplätze anzubieten und zukünftigen Ingenieurinnen und Ingenieuren im Rahmen eines Dualen Studiums auch eine Ausbildung im Betrieb anzubieten. „Es geht darum, die besten Studenten zu bekommen“, sagt Peter Lamboy pointiert. Er verweist auf seine 32-jährige Erfahrung als Director Packaging Development der KAO Deutschland GmbH. Er habe immer enge Kontakte zu den Hochschulen gepflegt und dafür gesorgt, dass Abschlussarbeiten betreut und Praktikumsplätze bereitgestellt wurden. Geld- und Gerätespenden könnten die Kontakte zu den Hochschulen unterstützen.

Das dvi verweist auf ein ganzes Paket von Aktionen für den Fachnachwuchs – vom jährlichen Studierendenkongress über freien Eintritt bei der Dresdner Verpackungstagung und das Kooperationsprojekt „PackVision“ für Studierende und Unternehmen bis hin zur Nachwuchskategorie beim Deutschen Verpackungspreis. Die dvi-Verpackungsakademie bietet wiederum Weiterbildung an – auch für Anfänger und Quereinsteiger.

Vera Fritsche, VDMA NuV

Vera Fritsche, Referentin beim VDMA-Fachverband Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen (Bild: VDMA)

„Um dem Ingenieurmangel zu begegnen bieten immer mehr Unternehmen die Möglichkeit einer Ausbildung im Rahmen eines Dualen Studiums an.“
Vera Fritsche, VDMA NuV

Der BDVI wiederum betreibt in seinen acht Regionalgruppen intensiv Öffentlichkeitsarbeit und bietet unter anderem Betriebsbesichtigungen an, zu denen jeweils auch Studierende geladen werden. Was der dvi zu seinen Vernetzungsangeboten zwischen Hochschulen und Unternehmen sagt, gilt auch hier: „Teilnehmende Unternehmen haben dadurch die Möglichkeit, kluge Köpfe von morgen frühzeitig kennenzulernen“, sagt Vera Fritsche.

Fachkräften etwas bieten, damit sie bleiben

Sind die Fachkräfte endlich gewonnen worden, dürfen Unternehmen nicht die Hände in den Schoß legen. Baldige Abwanderungen und sogar Abwerbungen sind nicht selten. „Es gibt viele Beispiele, wo Unternehmen unserer Branche ausgebildet haben, nur damit Unternehmen anderer Branchen am Ende versuchen, die Früchte zu ernten. Da wird teilweise sogar mit Handgeldern gearbeitet“, berichtet das dvi.

Treue zum Unternehmen wird nicht nur durch ein hohes Gehalt gefördert. Attraktive Weiterbildungsangebote und Arbeitsplätze mit aktueller Technologie seien den Verpackungsfachleuten von heute teilweise wichtiger, weiß Peter Lamboy und fügt hinzu: „Man muss ihnen etwas bieten.“

Die vierteljährlich aktualisierten Daten des Ingenieurmonitors des VDI in Kooperation mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft finden Sie auf der VDI-Internetseite.