Einwegkarton aus Pappe oder Mehrwegsteige aus Kunststoff – welche Verpackung ist nachhaltiger? Zwei Fraunhofer Institute haben im Auftrag der Stiftung Initiative Mehrweg (SIM) Hintergründe und Zusammenhänge zu ökologischen Wirkungen des Einwegkartons und der Kunststoffmehrwegsteige untersucht.
Weg vom Kunststoff hin zu Papier, Karton oder Pappe – wie nachhaltig ist der neue Verpackungstrend? Im aktuellen Bericht “Mehrwegsteige aus Kunststoff vs. Einwegkarton aus Pappe – zwei Verpackungssysteme im Wettbewerb” erläutern das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP im Auftrag der Stiftung Initiative Mehrweg (SIM) Hintergründe und Zusammenhänge zu ökologischen Wirkungen des Einwegkartons und der Kunststoff-Mehrwegsteige. Ein darauf aufbauender genereller Diskurs zum Thema Einweg vs. Mehrweg soll Akteuren der Politik Hilfestellung geben, die richtigen Weichen für eine funk-tionierende Kreislaufwirtschaft der Zukunft zu stellen.
Kunststoff oder Karton, Einweg oder Mehrweg: Die Frage der nachhaltigeren Verpackungslösung ist nicht leicht zu beantworten. Dafür sind unter anderem umfassende Ökobilanzierungen nötig, die Herstellungsprozess, Transport, Nutzung und Verwertung am Lebensende berücksichtigen. Fraunhofer-Institute erstellten bereits mehrere Studien und Ökobilanzen zu Kunststoffverpackungen, Mehrwegsystemen, Recyclinglösungen und untersuchten auch Emissionen von Kunststoffen in die Umwelt. Ziel war es nun, Politik und Industrie ausbalancierte Handlungsempfehlungen zu geben, um nachhaltigere Produktions- und Konsumweisen zu ermöglichen, den Ressourceneinsatz zu minimieren und Kunststoffabfälle und -emissionen signifikant zu verringern.
Vergleichende Ökobilanzen brauchen transparente Parameter
Im aktuellen Bericht kommen die Forschenden zu dem Schluss, dass die Mehrwegsteige aus Kunststoff dem Einwegkarton aus Pappe in den meisten Fällen ökologisch überlegen ist. Sie beziehen sich in ihrem Bericht auf insgesamt vier Studien, zwei neue Studien im Auftrag der European Federation of Corrugated Board Manufacturers( FEFCO), die VTT und Ramboll erstellten, und zwei Studien des Fraunhofer UMSICHT und des Fraunhofer IBP im Auftrag der Stiftung Initiative Mehrweg (SIM), und erläutern darüber hinaus die generellen Herausforderungen und Grenzen vergleichender Studien zu Umweltwirkungen.
Die Ursachen für abweichende Ergebnisse von vergleichenden Ökobilanzen liegen oftmals an unterschiedlichen Untersuchungsparametern, verwendeten Daten oder auch Modellierungsansätzen.
“Wir empfehlen daher, dass vergleichende Lebenszyklusanalysen auf Basis transparenter, realitätsnaher Parameter durchgeführt werden, die vorab in einem Multi-Stakeholderprozess zu vereinbaren sind. Neben den konkurrierenden Verbänden soll auch die Zivilgesellschaft eingebunden sein. Diesen Dialog zu ermöglichen, ist Aufgabe der Politik.”
Jürgen Bertling vom Fraunhofer UMSICHT und Hauptautor der Studie
Mehrwegsysteme fördern, Abfallhierarchie stärken
Die grundsätzliche Empfehlung der Wissenschaftlerteams für die Entscheidung zwischen Kunststoff oder Karton als Verpackungsmaterial lautet: Die in Europa gesetzlich verankerte Abfallhierarchie (1. Vermeiden, 2. Wiederverwenden – hier insbesondere auch die Themen Reparatur oder Reinigung – 3. stoffliches Recycling, 4. thermische Verwertung und zuletzt 5. Entsorgen) muss beibehalten, gestärkt und auch umgesetzt werden. Ein Abweichen von dieser Reihenfolge sollte nur möglich sein, wenn eine andere Lösung nachweislich hinsichtlich aller relevanter Nachhaltigkeitskategorien vorteilhaft ist.
Dazu zählen auch das Littering, der Produktschutz oder die technologische Souveränität. Denn Einwegverpackungen tragen deutlich mehr zum Littering bei als Mehrwegverpackungen. Mehrwegverpackungen aus Kunststoff können aufgrund eines höheren Materialeinsatzes, der auf mehrere Nutzungen ausgelegt ist, Produkte besser schützen und besitzen eine höhere Nassfestigkeit. Mehrwegsysteme reduzieren zudem die Importabhängigkeit, da sie regionale Logistik- und Transportlösungen fördern.
Eine hohe Recyclingquote ist zwar prinzipiell gut für eine Kreislaufwirtschaft, der Fokus sollte allerdings mehr auf der Wiedereinsatzquote des Sekundärmaterials für den gleichen und zumindest gleichwertigen Zweck liegen. Nur so können Downcycling – das recycelte Material ist nur noch für Produkte geeignet, die keinen besonders hohen Qualitätsanforderungen genügen müssen wie z. B. eine Palisade – vermieden und eine echte Kreislaufwirtschaft erreicht werden. Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen zudem ein transparentes Monitoring für die zentralen Parameter der Mehrwegsysteme – Umlaufzahlen, Bruch- und Schwundquoten und die Recyclingraten am Lebensende, um einen fairen Vergleich der Lösungen zu ermöglichen.
Quelle: Fraunhofer UMSICHT
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