Jedes zweite Unternehmen beurteilt die aktuelle wirtschaftliche Lage als schlecht und erwartet für die nächsten Monate keine Besserung. Das hat die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. in einer Umfrage unter ihren über 300 Mitgliedsunternehmen ermittelt.
Nach einem für viele Kunststoffverpackungshersteller hoffnungsvollen Start in das Jahr belasten eine anhaltende Nachfrageschwäche, hohe Energiekosten und der Fachkräftemangel derzeit die Stimmung in der Branche.
“Hauptgrund für die aktuelle Krise ist die seit Monaten anhaltende Nachfrageschwäche: Mehr als jedes zweite Mitgliedsunternehmen bewertet die Nachfrage derzeit als schlecht oder sehr schlecht. Verantwortlich dafür sind der noch nicht abgeschlossene Lagerabbau auf Kundenseite sowie die seit März sinkenden Rohstoffpreise. Eine schnelle Besserung ist leider nicht in Sicht.“
Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.
Vier von fünf Unternehmen haben bereits ihre Produktion gedrosselt und Kurzarbeit angeordnet. Beinahe jedes fünfte Unternehmen hat seine Produktion in erheblichem Umfang heruntergefahren.
Hohe Energiekosten belasteten Wettbewerbsfähigkeit
Daneben kämpfen die Mitgliedsunternehmen des IK insbesondere mit den hohen Energiekosten in Deutschland, die deutsche Unternehmen im globalen Wettbewerb benachteiligt. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, dass die Bundesregierung erwäge, durch die Abschaffung des Spitzenausgleichs den Industriestrompreis sogar noch weiter zu verteuern, so Dr. Martin Engelmann. „Wann begreift die Politik endlich, dass man allein mit Haareschneiden und Tattoostechen keinen Sozialstaat finanzieren kann?“, fragt Engelmann und fordert einen Industriestrompreis wie beispielsweise in Frankreich.
Die IK-Umfrage zeigt darüber hinaus, dass die Kunststoffverpackungshersteller in der Regel den Rezyklateinsatz anteilig nicht reduziert haben, obwohl die Preise für neue Kunststoffe weiter zurückgegangen sind. „Die Kunststoffrecycler hatten Anfang Juni über einen massiven Absatzrückgang berichtet. Wir können nun feststellen, dass zumindest der Einsatz von Rezyklaten in Kunststoffverpackungen anteilig weitgehend stabil ist“, erklärt Engelmann.
Unternehmen erwägen Produktionsverlagerung ins Ausland
Die schwierigen Rahmenbedingungen für die industrielle Produktion in Deutschland treffen auch die Kunststoffverpackungsbranche: „Immerhin elf Prozent der befragten Unternehmen denken konkret über eine Verlagerung ins Ausland nach, fünf Prozent sind bereits dabei, Teile ihrer Produktion oder das gesamte Unternehmen zu verlagern. Die Deindustrialisierung findet vor unseren Augen statt und sie geht schneller als viele gedacht hätten“, warnt Engelmann und fordert die Politik auf, diesen Trend zu stoppen. Anlass zur Hoffnung ist, dass knapp jeder zweite Kunststoffverpackungshersteller Investitionen in Deutschland plant.
Während Anfang des Jahres 2023 noch 44 Prozent der befragten Unternehmen davon ausgingen, dass die Verkaufspreise steigen, erwartet eine Mehrheit (54 Prozent), dass die Preise im zweiten Quartal 2023 sinken werden. 33,3 Prozent gehen von gleichbleibenden Verkaufspreisen aus. Dass die Preise steigen, glaubt 12,4 Prozent der Befragten.
Stabile Rohstoffverfügbarkeit
Stabil bewerten die Mitgliedsunternehmen der IK die Rohstoffverfügbarkeit für Standardkunststoffe. 64,5 Prozent glauben, dass die Entwicklung gleichbleibend ist, 8,5 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus, und ein Viertel (26,8 Prozent) erwartet sogar, dass sich die Verfügbarkeit verbessert. Diese Entwicklung bestätigt die allgemeine Konjunkturlage in Deutschland. Auch das ifo-Institut hat in seiner Konjunkturprognose festgestellt, dass sich die Industriekonjunktur aufgrund nachlassender Lieferengpässe bei Vorprodukten und kräftigen Rückgängen bei den Energiepreisen erholt.
Spezialkunststoffe wie EVOH (Ethylen-Vinylalkohol-Kunststoff) oder auch PA (Polyamid), das zur Herstellung von haltbarkeitsverlängernden Verpackungen benötigt wird, bleiben dagegen weiterhin knapp und damit teuer. „Gerade für den Schutz empfindlicher Lebensmittel sind Kunststofffolien mit effektiver Barriere, wie EVOH, unverzichtbar. Wegen der aktuellen Rohstoffknappheit setzen Verpackungshersteller in stärkerem Maße Sauerstoffbarrieren aus Polyvinylalkohol (PVOH) ein“, sagt Dr. Engelmann.
Auch wenn die Verfügbarkeit von Rohstoffen insgesamt stabiler geworden ist, müssen Unternehmen auch künftig besonnen mit den Materialien umgehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei, ob die Einkaufsorganisation über umfassende Erfahrungen rund um Beschaffung, Risiko- und Lieferantenmanagement verfügt. Es ist empfehlenswert, intensiv mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, beispielsweise durch strategische Kooperationen oder Partnerschaften. Denn durch einen engen Austausch ist es möglich, Kompetenzen zu bündeln und gemeinsam an Lösungsansätzen zu arbeiten, z. B. durch Mindestabnahmemengen oder Lieferpläne. Gerade die Preissteigerungen in der Kunststoffbranche machen es notwendig, die eingesetzten Instrumente zu überprüfen und indexbasierte Preisklauseln regelmäßig neu zu bewerten und anzupassen. Da neben den gestiegenen Materialkosten auch die Transportkosten deutlich höher geworden sind, sollten Unternehmen auch ihre Logistikstrukturen optimieren, beispielsweise indem sie Wartezeiten durch GPS-Tracking der Flotte reduzieren und Routen optimieren.
Die Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen der IK spiegelt den allgemeinen Konjunkturtrend in Deutschland wider. So gehen Experten führender Forschungsinstitute davon aus, dass sich die Konjunktur in Deutschland aktuell erholt. Auch wenn die aktuelle Stimmung eher gedrückt ist, prognostizieren Experten sowohl für 2023 als auch 2024 ein schwaches Wachstum (2024: 1,9 Prozent).
Quelle: IK
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