EINBLICKE IN DIE VERPACKUNG

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Ob sich das wohl ausgeht?

Dieser in Österreich beliebte Ausspruch meint nicht nur die generelle Möglichkeit, ob etwas klappt, sondern impliziert gleichzeitig eine optimistische und positive Stimmung, im Sinne von ‚das wird doch wohl klappen und auch für alle Beteiligten gut sein‘.

Dass die Antwort hierauf ein klares Ja ist, wenn diese Frage im Zusammenhang mit der Europäischen Verpackungsverordnung (PPWR) gestellt wird, kann nach aktueller Lage doch sehr angezweifelt werden. 

 

Denn wie man es auch dreht und wendet, wenn es um die Umsetzung der neuen PPWR in die reale Praxis geht, helfen weder positive Kalendersprüche noch die Hoffnung auf Verschiebung, ein Wegducken und auch nicht das Vortäuschen oder die tatsächliche Ahnungslosigkeit. 

 

Die neuen Pflichten und Zuständigkeiten dieses Gesetzes stellen nichts anderes als eine Zäsur in der Bewertung, der Bedeutung und schließlich im Umgang mit Verpackungen dar. 

 

Und dabei sind es doch einfach nur Verpackungen! Sie schützen, helfen beim Verkauf, informieren die Verbraucher, dienen der Logistik und der Lagerung sowie auch manches Mal der Zubereitung und Weiterverarbeitung von Erzeugnissen. Kein Produkt ohne Verpackung! Und in naher Zukunft, schon ab August 2026: kein Produkt mehr ohne Erklärung der Konformität der Verpackung!

 

Kann sich das wohl ausgehen? Na ja, Zeitdruck, Unsicherheit und Ratlosigkeit darüber, wer was, wann zu tun hat, sind ja für sich schon kontraproduktiv, und noch erschwerend kommt hinzu, dass das europäische Regelwerk eben noch nicht alles geregelt hat. Kleckerweise werden die Methoden, Bewertungsformeln und Leitlinien erstellt und veröffentlicht. 

 

Erster fixer Termin ist der 12. August 2026. In nur neun Monaten müssen Unternehmen – im PPWR-Sprech: Erzeuger – bereits in der Lage sein, eine Konformitätsbewertung, also die technische Dokumentation ihrer Verpackungen, und daraus resultierend eine Konformitätserklärung zu erstellen. „Wie jetzt? Gerade hieß es doch, es gibt noch gar keine Methoden und Vorgaben? Was sollen wir denn da hineinschreiben?“ 

Idealerweise bereits alle Inhalte, die für die zukünftige Erklärung der Konformität der Verpackung gemäß den Artikeln 5 bis 12 der PPWR notwendig sind. Und zwar nicht als Prosa, sondern als Daten im Format 0 oder 1.

 

Stellen Sie sich das Projekt PPWR wie einen Hausbau vor. Sie wissen, Sie benötigen ein tragfähiges, sicheres Fundament, Wände und ein Dach. Wie viele Fenster Sie einsetzen, in welcher Farbe Sie die Fassade oder die Dachziegel wählen, können Sie erst nach und nach entscheiden. Ihr Fundament ist Ihre Datenbasis. Sie sollten jetzt anfangen, Ihre Verpackungsspezifikationen und weitere notwendige Inhalte als digitale Daten zu sammeln. Vorhandene Lücken können entlang des Weges geschlossen werden. Damit machen Sie sich bereit, sofort Entscheidungen treffen zu können, sobald Methoden und Bewertungsschemen veröffentlicht sind, also quasi Ihre Wände zu bauen. 

 

Mit einer soliden Datenbasis bleiben Sie auch dann handlungsfähig, wenn die Bauvorschrift sagt, dass in eine Wand kein Fenster hineindarf. Und vielleicht reicht ja auch Leichtbauweise für die restlichen Hausteile aus. Mit Ihrem gründlich erstellten Fundament sind Sie gewappnet und egal, wie lange der Hausbau dann auch dauert, es bleibt Ihr sicherer Anker für ein individuelles schützendes Gebäude, das Ihren Marken und Produkten eine sichere Heimat bietet. 

 

Geht es sich also doch gut aus? Ja, wenn die Unternehmen jetzt aktiv die Chance nutzen und in die zu lange vernachlässigte Digitalisierung und das Datenmanagement investieren, ist das Haus rasch fertig, und es bleibt wieder mehr Zeit für die Gestaltung und die Präsentation des Gartens. Also für das Marketing und den Verkauf der Produkte, weil die Verpackungskonformität gut geregelt ist.

Sonja Bähr, Director Business Development bei Berndt+Partner Creality. (Foto: Berndt+Partner Creality GmbH)

Sonja Bähr ist eine der profiliertesten Stimmen der Verpackungsbranche.

 

Die studierte Verpackungstechnikerin und langjährige Strategieberaterin bringt technische Expertise und klare Haltung zusammen – sie denkt Verpackung ganzheitlich, aus Sicht von Markt, Marke, Material und Mensch.

 

In ihrer Kolumne „Aufgemacht – Einblicke in Verpackung“ schaut sie für packaging journal hinter die Schlagzeilen und Normtexte – und auf das, was Verpackung in der Praxis leisten soll: schützen, verkaufen, vereinfachen, begeistern. Mal meinungsstark, mal augenzwinkernd – aber immer fachlich fundiert.

 

🎯 Regelmäßig ein neuer Impuls für die Diskussion rund um Nachhaltigkeit, Regulatorik, Innovation und Realität in der Welt der Verpackung.


http://www.bpc.works

Kolumnen im packaging journal