Auf der europäischen Reuse-Konferenz in Brüssel haben 80 Organisationen aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft das EU-Parlament und den Ministerrat in einem offenen Brief dazu aufgerufen, ambitionierte Abfallvermeidungsziele und Mehrwegquoten in der geplanten EU-Verpackungsverordnung zu verankern.
Die bereits neunte Ausgabe der Konferenz wurde von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dem Europäischen Verband der Getränkefachgroßhändler (CEGROBB), dem Verband Privater Brauereien Deutschland und der EU-Plattform für Kreislaufwirtschaft Reloop organisiert. Mit der Veranstaltung wollen die Akteure gemeinsam mit der EU-Abgeordneten Delara Burkhardt und dem für die Verpackungsverordnung zuständigen Referatsleiter der EU-Kommission Mattia Pellegrini ein sichtbares Zeichen setzen, dass Mehrweglösungen dabei helfen, Verpackungsmüllberge zu vermeiden, Ressourcen zu schonen und das Klima zu schützen.
Die DUH, CEGROBB, der Verband Privater Brauereien und Reloop dazu: „Abfälle sollten nach der europäischen Abfallhierarchie zuallererst vermieden werden. Es ist höchste Zeit, dass die EU diesen Grundsatz auch in der Praxis umsetzt. Deshalb begrüßen wir, dass die von uns seit vielen Jahren geforderten Ziele zur Vermeidung von Verpackungsabfällen und zum Ausbau von Mehrwegsystemen in der EU-Verpackungsverordnung verbindlich festgelegt werden sollen. Um nicht von ihrem Einweg-Kurs abweichen zu müssen, versuchen Unternehmen wie McDonald’s, Coca-Cola oder Pepsi allerdings Mehrwegvorgaben zu verhindern.
Mehrwegquoten für Takeaway-Verpackungen wurden im Bericht der Berichterstatterin des EU-Parlaments inzwischen gestrichen. Eine besorgniserregende Entwicklung, denn to-go-Verpackungen für Getränke und Speisen landen besonders häufig in der Umwelt. Auch die Mehrwegquoten für Getränkeflaschen sind mit 25 Prozent bis 2040 im Kommissionsvorschlag viel zu niedrig ausgefallen. Das EU-Parlament und der Ministerrat der EU dürfen nicht vor der Einweg-Lobby in die Knie gehen und müssen die Abfallhierarchie ernst nehmen, indem sie Mehrweg durch ambitionierte Vorgaben fördern.“
Greenwashing vermeiden
Nach Einschätzung der Verbände müssen die Rahmenbedingungen für Mehrwegsysteme so ausgestaltet werden, dass weder bestehende Systeme gefährdet werden, noch Greenwashing durch Fake-Mehrwegverpackungen mit wenigen Umläufen zugelassen wird. Dafür muss unter anderem bei der Definition von Mehrwegsystemen ein Anreiz zur Rückgabe von Mehrwegverpackungen, in der Regel ein Pfand, sowie eine verpflichtende Rücknahme von Mehrwegflaschen über Strukturen von Einwegpfandsystemen im Handel festgeschrieben werden.
Dass Einwegverpackungen praktisch überall durch klimafreundliche Mehrwegalternativen ersetzt werden können, zeigen zahlreiche innovative Mehrweglösungen, die auf der Konferenz vorgestellt wurden. Mehrweglösungen für Getränkeflaschen, to-go-Essensboxen, Kaffeebecher oder Transportpaletten finden europaweit immer mehr Anwendung. Und auch für Molkereiprodukte und andere Lebensmittel wie zum Beispiel Saucen und Aufstriche gibt es Standard-Mehrweggläser. Für die Verbreitung dieses Mehrwegansatzes wurde die deutsche Initiative „Mach Mehrweg Pool“ mit dem europäischen Refillable Award ausgezeichnet. Für seine innovative und energieeffiziente Spültechnik zur Reinigung unterschiedlichster Mehrwegverpackungen, die unter anderem das Ablösen von Etiketten erleichtert, wurde das französische Unternehmen Uzaje mit dem European Reusable Award ausgezeichnet.
„Um den europäischen Verpackungsmarkt in eine echte Kreislaufwirtschaft zu verwandeln, braucht es eine EU-weite Mehrweg-Wirtschaft. Deshalb wollen wir in der EU-Verpackungsverordnung erstmalig Zielquoten zur Abfallvermeidung, Wiederverwendung und dem Rezyklateinsatz in Verpackungen einführen. Gegen die Verschmutzung unserer Umwelt sollten zudem bewährte Pfandsysteme für Plastikflaschen und Getränkedosen für die Mitgliedstaaten verpflichtend werden.“
Mattia Pellegrini, für die Verpackungsverordnung zuständiger Leiter des Referats ‚Vom Abfall zu Ressourcen‘ der EU-Kommission
Bereits von der EU erlassene Verbote bestimmter Einweg-Plastikprodukte würden zwar zur Plastikreduktion beitragen, führten aber teilweise nur zur Substitution durch Einweg-Alternativen aus anderen Materialien und seien somit nicht ausreichend, um der dramatischen Abfallkrise zu begegnen, meint Delara Burkhardt, S&D-Europaabgeordnete und Schattenberichterstatterin für die EU-Verpackungsverordnung. „Abfallvermeidung und Mehrweg als oberste Stufen der europäischen Abfallhierarchie müssen deshalb durch ambitionierte Umsetzungsziele den Kern der EU-Verpackungsverordnung bilden, auch gegen den Druck der Einwegverpackungs-Lobby, dem Teile der Politik nachzugeben drohen. Europäische Abfallvermeidungs- und Mehrwegziele müssen noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Einen weiteren Aufschub lassen die wachsenden Verpackungsabfallberge nicht zu.“
Quelle: DUH
Special: EU-Verpackungsverordnung
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