Forschungs-Schwerpunkt „Nachhaltige Produktion“

Ein am KIT entwickeltes System überprüft vollautomatisch den Verschleiß an Werkzeugmaschinen – und reduziert so Stillstandszeiten. (Bild: Markus Breig, KIT)

Die Bevölkerung nimmt weltweit zu, zentrale Rohstoffe werden knapper. Auch produzierende Unternehmen müssen die Weichen für eine nachhaltige Zukunft stellen.

Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) untersuchen für diese Unternehmen, wie sie etwa mit autonomer Produktionssteuerung, der Reduktion von Verschleißteilen oder den Prinzipien einer ressourcenschonenden Fertigung den Produktionsprozess verbessern können. Ihr Know-how bündeln sie nun im neuen Forschungsschwerpunkt „Nachhaltige Produktion“.

Mit dem neuen Forschungsschwerpunkt „Nachhaltige Produktion“ am wbk Institut für Produktionstechnik sollen Unternehmen künftig dabei unterstützt werden, ihre Produktionsprozesse vom linearen Wirtschaftsansatz zu zirkulären Ansätzen einer Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Diese beinhalten das Remanufacturing, also die Wiederaufbereitung gebrauchter Produkte, mit modularen Anlagen zur De- und Remontage, autonomer Produktionssteuerung und integrierter Qualitätssicherung sowie Produktionsnetzwerke und Geschäftsmodelle für die Kreislaufwirtschaft.

DigiPrime: Informationsfluss in der Kreislaufwirtschaft

Eines von derzeit 15 Forschungsprojekten zu diesem Thema ist „DigiPrime – Digital Platform for Data-enhanced Circular Economy Business Models”. Im Rahmen von DigiPrime soll eine digitale Plattform entwickelt werden, um den wechselseitigen Informationsfluss zwischen verschiedenen Akteuren in der Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen und so sicherzustellen, dass keine Informationen im Verlauf der Wertschöpfungskette verloren gehen. Insbesondere Lebenszyklusdaten wie Nutzungsstatistiken und häufige Fehlerursachen können beispielsweise dazu dienen, interne Planungsprozesse der Wiederaufbereitung auch in diesem komplexen und dynamischen Umfeld zu verbessern.

Das Projektteam möchte zudem Barrieren reduzieren, die bei der Bearbeitung, dem Verkauf und der Nutzung von Produkten im zweiten Lebenszyklus bestehen, indem es industrielle und gesellschaftliche Cluster integriert. In Pilotprojekten werden neue Konzepte entwickelt, erprobt sowie für eine marktreife Umsetzung vorbereitet. Die Europäische Kommission fördert das Projekt über eine Laufzeit von vier Jahren mit einem Projektvolumen von rund 15 Millionen Euro.

Forschungsschwerpunkt zu Herausforderungen und Zielen der Industrie

„Ein neuer Forschungsschwerpunkt entsteht am wbk nicht nur aufgrund theoretischer Überlegungen, sondern in sehr engem Austausch mit Partnern aus der Industrie. Gemeinsam eruieren wir künftige Herausforderungen und Ziele und stellen so sicher, dass unsere Lösungen direkt in der Wirtschaft umgesetzt werden“, so Professorin Gisela Lanza, Institutsleiterin am wbk Institut für Produktionstechnik des KIT.

Ein Thema wird zum Forschungsschwerpunkt, wenn es wirtschaftlich, gesellschaftlich und technologisch von großer Relevanz ist und mehrere Forschungsvorhaben in dem Themenfeld bestehen. Mit dem neuen Forschungsschwerpunkt wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Prozesse, Anlagen, Systeme und Netzwerke in Industrieunternehmen nachhaltiger gestalten und so die Ressourceneffizienz steigern.

Die politische Relevanz des Themas zeigt sich – auch mit Blick auf die in Deutschland bis 2050 angestrebte Klimaneutralität – etwa auch in der Kreislaufwirtschaftsstrategie der Europäischen Union. Ziel ist unter anderem die Entwicklung nachhaltiger Prozesse und Produkte, die langlebig sind oder sich wiederverwerten, reparieren oder wiederaufbereiten lassen. Zudem soll der Bedarf nach neuen Ressourcen gesenkt werden.

Erste Schritte zur nachhaltigen Produktion

Auch Unternehmen, die zunächst weiter in linearen Produktionsketten arbeiten, werden dabei unterstützt, künftig effizienter mit Ressourcen umzugehen, indem sie einerseits ressourceneffiziente Komponenten entwickeln und entsprechende Anlagen gestalten und andererseits die Material- und Energieeffizienz von Fertigungsprozessen steigern. Ein Forschungsprojekt aus der vorausschauenden Instandhaltung zielt daher darauf ab, bereits bei Schrauben, Muttern und zugehörigen Komponenten möglichst ressourcenschonend zu arbeiten.

Prüfstand für die Untersuchung von Laufbahnschäden am Kugelgewindetrieb (Bild: Markus Breig, KIT)

So liegt der Fokus des Projekts „Acoustic Emission Sensorik“ auf den Kugelgewindetrieben und der Frage, wie sie sich risikofrei möglichst lange im Betrieb halten lassen. Denn sie werden bislang meist sehr früh vorbeugend ausgetauscht, da sie das Risiko bergen, auszufallen und eine Werkzeugmaschine – und im schlimmsten Fall sogar die gesamte Produktion – vorübergehend stillzulegen.

Mit Acoustic Emission Sensorik, also Sensoren, die Ereignisse im niederfrequenten Ultraschallbereich zwischen 20 Kilohertz und 2 Megahertz wahrnehmen, lassen sich frühe Signale für einen nahenden Ausfall des Kugelgewindetriebs erkennen. Dies erlaubt es, den Kugelgewindetrieb zu überwachen und zum idealen Zeitpunkt auszutauschen, um weniger Kugelgewindetriebe zu verbrauchen. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Höhe von rund 266.000 Euro gefördert.

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 24.400 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.

Quelle: KIT