Großbritannien schärft Plastic Packaging Tax

Die britische Regierung führt ab 1. April 2027 einen Massenbilanzansatz in der Plastic Packaging Tax ein und streicht gleichzeitig Pre-Consumer-Abfälle als Quelle von Rezyklat. Ziel ist es, chemisches Recycling gezielter zu fördern und Schlupflöcher beim Rezyklatanteil in Kunststoffverpackungen zu schließen.

Die Plastic Packaging Tax (PPT) gilt seit April 2022 und belegt Kunststoffverpackungen, die weniger als 30 Prozent recycelten Kunststoff enthalten. Mit der nun veröffentlichten Maßnahme adressiert das britische Finanzministerium zwei zentrale Punkte: die Anrechnung chemisch recycelter Kunststoffe und den Umgang mit Pre-Consumer-Abfällen.

Mass-Balance-Ansatz für chemische Rezyklate

Künftig dürfen Unternehmen chemisch recycelte Kunststoffe über einen Mass-Balance-Ansatz (Mass Balance Approach, MBA) auf Kunststoffverpackungen anrechnen. Hintergrund ist, dass in chemischen Recycling- und petrochemischen Prozessen recycelte und fossile Rohstoffe in denselben Anlagen verarbeitet und anschließend wieder in verschiedene Produkte „aufgeteilt“ werden. Eine physische 1:1-Zuordnung von Rezyklat zu einzelnen Verpackungen sei deshalb nicht möglich.

Mit dem MBA soll ein standardisiertes, transparentes Verfahren etabliert werden, um recycelte Inputströme rechnerisch bestimmten Outputmengen zuzuordnen. Verpackungen, denen nach diesem Modell ein Rezyklatanteil von mindestens 30 Prozent zugewiesen wird, können von der PPT befreit werden. Das britische Finanzministerium sieht darin einen wichtigen Hebel, Investitionen in chemische Recyclingtechnologien zu erleichtern und den Einsatz hochwertiger Rezyklate insbesondere in regulierten Anwendungen – etwa Lebensmittel-, Medizin- und Pharmaverpackungen – zu erhöhen.

Die Umsetzung ist an strenge Vorgaben geknüpft: Chemisch recycelter Kunststoff muss über eine Zertifizierung nachweisbar sein. Zulässig sind nur Zertifizierungssysteme, die gesetzlich definierte Mindeststandards erfüllen, etwa in Bezug auf zugelassene Inputmaterialien, die Berechnung und Allokation von Rezyklatanteilen, Anforderungen an Zertifizierungsstellen sowie Audit- und Dokumentationspflichten entlang der Lieferkette.

Ende der Anrechnung von Pre-Consumer-Abfall

Gleichzeitig wird Pre-Consumer-Abfall – also Produktionsausschuss und interne Rückläufer vor dem Inverkehrbringen – ab dem 1. April 2027 nicht mehr als Quelle von „recyceltem Kunststoff“ im Sinne der PPT anerkannt. Unternehmen können diese Materialien zwar weiterhin im Kreislauf führen, sie zählen jedoch nicht mehr auf die 30-Prozent-Schwelle, die eine Steuerbefreiung auslöst.

Damit adressiert die Regierung ein als „Steuerschlupfloch“ bewertetes Problem: Unterschiedliche Auslegungen des Begriffs Pre-Consumer-Abfall führten dazu, dass teilweise gut handhabbare interne Reststoffe als Rezyklat angerechnet wurden, ohne dass tatsächlich mehr Post-Consumer-Kunststoff erfasst und recycelt werden musste. Künftig soll der steuerliche Anreiz stärker auf Abfälle zielen, die nach Gebrauch beim Endverbraucher anfallen und deren Sammlung und Aufbereitung deutlich aufwendiger ist.

Auswirkungen auf Verpackungshersteller und -importeure

Nach Einschätzung der Regierung ist der fiskalische Effekt der Änderung insgesamt „vernachlässigbar“; die Maßnahme dient primär der Lenkung: Sie soll Investitionssignale für chemisches Recycling setzen und die Verwertung von Post-Consumer-Abfall stärken.

Für Unternehmen, die Verpackungen im Vereinigten Königreich herstellen oder dorthin exportieren, ergeben sich dennoch spürbare strategische und administrative Konsequenzen. Wer künftig chemisch recycelte Kunststoffe einsetzen und über den MBA anrechnen möchte, muss:

  • geeignete Lieferketten für chemische Rezyklate aufbauen,
  • sich einem anerkannten Zertifizierungssystem anschließen und
  • interne Prozesse sowie Nachweisdokumentationen an die neuen Anforderungen anpassen.

Zwar werde niemand verpflichtet, den MBA zu nutzen, doch ohne Zertifizierung bleibt die Steuerentlastung verwehrt, heißt es in dem Policy Paper. Umgekehrt verlieren Betreiber, die bislang stark auf Pre-Consumer-Abfälle zur Erreichung der 30-Prozent-Grenze gesetzt haben, einen Teil ihrer bisherigen Anrechnungsbasis und werden stärker auf echte Post-Consumer-Rezyklate oder chemisch recycelte Inputströme ausweichen müssen.

Die britische Regierung erwartet, dass diese Neuausrichtung langfristig zu mehr Investitionen in Sammel- und Recyclingsysteme sowie in chemische Recyclingkapazitäten führt. Für Hersteller von Verpackungen – auch aus der EU – bleibt der britische Markt damit ein wichtiger Treiber für hochwertige Rezyklatlösungen und transparente Massenbilanzmodelle.

Quelle: HM Revenue and Customs