Mehr Kreislaufwirtschaft im Koalitionsvertrag gefordert

(Bild: Shutterstock/wee dezign)

Die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen begrüßt den Zwischenstand der laufenden Koalitionsverhandlungen, mahnt die Verhandler des Koalitionsvertrags jedoch zu ambitionierten Leitlinien für Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft. Auch andere Akteure der Branche wenden sich mit Forderungen an die kommende Bundesregierung.

Dass die Ziele und Maßnahmen auf der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie aufsetzen und ein praktikables Umsetzen der EU-Verpackungsverordnung vorsehen, begrüßt die IK ausdrücklich. Auch die Reform des §21 Verpackungsgesetz mit seinen Vorgaben zur Recyclingfähigkeit findet Unterstützung aus der Industrie.

Noch nicht zufrieden zeigt sich der Verband der Kunststoffverpackungs- und Folienhersteller mit den bisher recht unkonkreten und wenig ambitionierten Zielsetzungen, um Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz in Einklang zu bringen. IK-Präsident Georg Pescher sieht im öffentlich gewordenen Verhandlungsergebnis eine gute Basis, aber auch noch einiges ungenutztes Potenzial.

“Wir haben jetzt eine echte Chance, Deutschland zum innovativsten Circular Economy Standort zu machen. Dabei müssen wir aus den Fehlern der vergangenen Jahrzehnte und anderer Industrien lernen und unsere Forschungsergebnisse selbständig zur Marktreife bringen und hochskalieren. Denn die Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ein ökologisches Muss, sondern auch eine ökonomische Chance. Sie stärkt unsere Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen, schafft Wertschöpfung und sichert Arbeitsplätze – gerade in Deutschland als Innovationsstandort.“

Georg Pescher, IK-Präsident

Zudem finden sich wichtige Leitplanken zum mechanischen Recycling sowie zu einem Level Playing Field für sämtliche Verpackungsmaterialien noch gar nicht im Ergebnis der noch laufenden Koalitionsverhandlungen wieder.

Die IK fordert daher entsprechend engagierte Verhandlungen über die Aufnahme zusätzlicher Leitlinien mit dem Ziel, Deutschland zum innovativsten Kreislaufwirtschafts-Standort und attraktiv für die Ansiedlung der Recyclingindustrie zu machen, Investitionen in eine klimaschonende Circular Economy für Kunststoffe zu fördern sowie faire Spielregeln für Produkte aller Materialien auf Basis ihrer Klimabilanz zu schaffen.

Werner & Mertz und BDE fordern konkrete Aktivitäten

Anlässlich eines Standortbesuchs am Hauptsitz von Werner & Mertz in Mainz haben BDE-Präsidentin Anja Siegesmund und Inhaber Reinhard Schneider konkrete Maßnahmen zum Hochlauf der Kreislaufwirtschaft in Deutschland und Europa gefordert. Dabei stand nicht nur der Ausbau moderner Recyclingtechnologien, sondern auch der Schutz des Binnenmarktes und die Stärkung des Industriestandorts im Mittelpunkt. Aufbauend auf den bisherigen Forderungen der Akteure der Kunststoff- und Recyclingindustrie an die neue Bundesregierung ergänzen BDE und Werner & Mertz in einer gemeinsamen Stellungnahme zusätzliche Impulse:

  • Kontrolle und Zertifizierung importierter Rezyklate: Recyclinganlagen in Drittstaaten sollen verpflichtet werden, die Einhaltung europäischer Qualitäts- und Umweltstandards mittels unabhängiger Audits nachzuweisen. Nur gleichwertige Rezyklate dürfen in den europäischen Binnenmarkt gelangen.
  • Verursachergesteuerte Plastiksteuer: Anstatt dass Verbraucherinnen und Verbraucher letztlich die Plastiksteuer tragen, sollen künftig die Inverkehrbringer von klimaschädlichem Neuplastik für die Abgabe verantwortlich sein – während Post-Consumer-Rezyklate steuerbefreit bleiben. Diese Maßnahme schafft einen wirtschaftlichen Anreiz zur verstärkten Investition in Recyclingtechnologien.
  • Abbau von Subventionen für fossile Rohstoffe: Die gesetzliche Begünstigung von Neuplastik – etwa durch EEG-Umlagenbefreiung – soll beendet werden. Stattdessen müssen Fördermittel umgeleitet werden, um Innovationen im Recyclingsektor zu unterstützen.
  • Innovationsförderung und Investitionen in Recyclingtechnologien: Es wird vorgeschlagen, einen Fonds einzurichten, in den alle Unternehmen, die Neuplastik verwenden, einzahlen. Die Mittel sollen gezielt in Forschung, Entwicklung und den Ausbau moderner hochwertiger Recyclingverfahren fließen. Gleichzeitig sollen gesetzliche Mindestquoten für den Einsatz von Rezyklaten eingeführt werden.
  • Schutz des Binnenmarktes und Stärkung des Industriestandorts: Hierzu zählt neben der Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen auch die Förderung regionaler Wertschöpfungsketten und die Verbesserung der Infrastruktur für Abfallmanagement.
  • Schaffung verbindlicher Rechtsrahmen: Einführung gesetzlicher Mindestquoten für den Anteil an recyceltem Material in Neuware gekoppelt mit Anreizen für deren Übererfüllung bis zu 100 Prozent sowie verbindliche Qualitätsstandards für importierte Rezyklate.
  • Green Public Procurement als strategischer Hebel: Förderung der Kreislaufwirtschaft durch die öffentliche Hand, beispielsweise über die Berücksichtigung von Rezyklaten und Recyclingfähigkeit bei Ausschreibungskriterien. Der verstärkte Einsatz von Recyclingrohstoffen im Rahmen von Green Public Procurement trägt zur Rohstoffsouveränität bei, macht den primärrohstoffarmen Produktionsstandort unabhängiger von Importen und stärkt langfristig dessen Resilienz.

DUH sieht falsche Prioritäten

Die DUH vermisst in den Plänen der kommenden Bundesregierung ambitionierte Ideen zur Bewältigung der Müllkrise und des überbordenden Ressourcenverbrauchs. Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft finden nach Ansicht der Umweltorganisation kaum Beachtung: Die Ausführungen im Arbeitspapier Umwelt zur Kreislaufwirtschaft beschränken sich auf wenige Sätze, betreffen zum großen Teil Sachverhalte, die ohnehin EU-rechtlich umgesetzt werden müssen, heißt es. Es werde auf Freiwilligkeit, Anreize und Eigenverantwortung statt Ordnungsrecht gesetzt. So könne man das Abfall- und Ressourcenproblem nicht lösen.

Aus Sicht von DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz setzt die kommende Bundesregierung im Bereich Ressourcenvermeidung völlig falsche Prioritäten: „Vermeidung und Wiederverwendung kommen praktisch nicht vor, der einseitige Fokus auf Recycling setzt falsche Anreize.” Mehrweg als wichtigstes Instrument zur Abfallvermeidung im Verpackungsbereich werde mit keinem Wort erwähnt. Dabei schonen Mehrwegverpackungen nicht nur Ressourcen und das Klima, sondern sind auch Garant für mehr als 145.000 Arbeitsplätze und regionale Wirtschaftskreisläufe. Es brauche starke finanzielle Anreize zur Mehrwegförderung.

Quelle: IK, BDE, Werner & Mertz, DUH