IQPAK kombiniert Einweg- und Mehrweg

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Im Verarbeitungstechnikum am Fraunhofer LBF wurden die Folien für das IQPAK-Systems hergestellt. (Bild: Fraunhofer LBF)

Der Grundkörper ist wiederverwendbar, die Hülle recycelbar: IQPAK soll den CO2-Ausstoß im Vergleich zu herkömmlichen Verpackungen um mindestens 70 Prozent senken und kombiniert dazu Einweg und Mehrweg. Unsere Gastautorin Dr. Susanne Guth-Orlowski, Expertin für Kreislaufwirtschaft und Digitale Produktpässe, hat sich die innovative Verpackung für Lebensmittel im Großhandels-, To-go- und Gastronomiebereich, aber auch für Chemie- und Kosmetikartikel näher angesehen.

IQPAK ist ein neuartiges Verpackungssystem, das von der Firma Löning & Partner gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF entwickelt wurde und auf die Verbindung von Ein- und Mehrwegkomponenten setzt. Das System nutzt schon heute den Digitalen Produktpass und optimiert so Logistik, Verbrauchererfahrung, Recycling und CO2-Bilanzierung.

Die Verpackung besteht aus drei Materialschichten, die nicht miteinander verklebt sind. Die äußere Schicht (Handling-Layer) dient der Präsentation von Marketing- und Produktinformationen. Diese Schicht ist ein Einwegelement, das bei jeder Wiederverwendung erneuert wird. Beim Refurbishment wird jedoch recyceltes Material aus dem IQPAK-Kreislauf benutzt. Die mittlere Schicht (System-Layer) besteht ebenfalls zu 100 Prozent aus recyceltem Material. Sie ist für die Verpackung formgebend und macht die Verpackung robust und stabil. Im Boden dieser Schicht ist ein NFC-Chip verbaut, der bis zu 300 Produktlebenszyklen übersteht. Der Chip wird von einer passiven Spule betrieben und benötigt keine Batterie. Der System-Layer ist die Mehrwegkomponente des IQPAK-Systems.

Die innere Schicht (Content-Layer) wird aus neuem Material gefertigt und ist ebenfalls eine Einwegkomponente. Sie erfüllt höchste Hygieneansprüche, speziell bei Lebensmittelverpackungen. Beim Refurbishment wird ein neuer Content-Layer maschinell in den System-Layer gesetzt. Für eine 500-Milliliter-Verpackung benötigt man dafür etwa drei bis vier Gramm Material, das nach jedem Nutzungskreislauf in die hauseigenen Recyclingkreisläufe eingespeist und als neuer System-Layer wiederverwendet wird. Alle drei Schichten sind aus Polypropylen-Monomaterial (PP) gefertigt.

(Grafik: Ahnen&Enkel)

Positive Ökobilanz von IQPAK

Die patentierte Verpackung erfordert bei der Wiederverwendung keinen energieintensiven Waschprozess. Somit werden Betriebsabwasser, chemische Waschmittel und der übliche hohe Energieverbrauch vermieden, was sich positiv auf die Ökobilanz von IQPAK bzw. des verpackten Produkts auswirkt. Ein Gutachten zur Umweltbewertung des ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg bescheinigt dem IQPAK-System z. B. für 1.000 aus recyceltem PP (rPP) hergestellten Bechern einen Cradle-to-Grave-Wert von 3,14 Kilogramm CO2e. Das bedeutet eine Emissionseinsparung von 56 Prozent im Vergleich zu einem handelsüblichen Pfandmehrwegbecher, der gewaschen werden muss.

Intelligentes Kreislaufsystem

Der integrierte NFC-Chip im Boden des formstabilen System-Layers enthält durch Zugriff auf die in der IQPAK-Datenbank abgelegten Daten sämtliche Informationen zu den Materialeigenschaften aller drei Schichten, was die sortenreine Trennung und das automatisierte, einfache Recycling der IQPAK-Multilayer ermöglicht. So werden die einfache Rückverfolgung jeder einzelnen Verpackung, die Kommunikation mit den Verbrauchern sowie ein intelligentes Pfandsystem, das unterschiedliche Pfandwertzuweisungen genauso denkbar macht wie die grenzüberschreitende Rückführung, in die Praxis umgesetzt.

Mit den „eingebauten“ Daten des IQPAK-IT-Systems wird besonders der Rücklauf von Verpackungen verbessert. Jede Verpackung hat eine eindeutige Identität, die mit der Seriennummer des Chips verknüpft ist. Die Handelspartner scannen den NFC-Chip der Verpackung und erfassen so deren Aufenthaltsort über die Global Location Number (GLN) des Verkäufers bzw. der Rückgabestation.

Dies ermöglicht einen effizienten Logistikprozess, der auf Echtzeitdaten basiert. Die Bewegung jedes einzelnen Behälters im IQPAK-Kreislauf, egal, ob er sich im Refurbishment, in der Abfüllung, im Transport, Großmarkt, Handel, bei den Konsumenten, im Rückgabecontainer oder in der Recyclingstation befindet, wird über den Scanvorgang via NFC-Chip direkt in die Systemdatenbank geschrieben, wodurch der Betreiber stets den Überblick über den Verbleib der Verpackungen behält. So lässt sich zum einen der Pool aller im Umlauf befindlichen Verpackungen einfach managen, zum anderen die Rücklaufquote gut evaluieren. Ist die Rücklaufquote zu gering, kann man sogar das Pfand der Verpackung erhöhen, um Verbraucher zur Rückgabe zu motivieren. Die Nutzungshäufigkeit der Verpackungen wird so aktiv gesteuert und maximiert.

Eine Herausforderung besteht allerdings darin, dass in Märkten oft nicht genügend Platz vorhanden ist, um größere Mengen zurückzunehmen. Johann Löning, Geschäftsführer von IQPAK, sieht hier zukünftig intelligente Rückgabecontainer, die automatisch melden, wenn sie voll sind, um dann bei Bedarf abgeholt zu werden.

Digitaler Produktpass zum Umsetzen der R-Strategien

Auch für die Verbraucher bietet IQPAK Vorteile: Durch einfaches Auslesen des NFC-Chips mit dem Mobiltelefon können sie die Rückgabestellen für die Verpackungen finden. Aktuell wird hierzu eine App eingesetzt, die auch den Pfandwert bei Rückgabe auf null setzt und dem Verbraucher sein Geld zurückgibt. Da die Bewegungsdaten immer nur mit der Verpackung und nicht mit dem Kunden in Verbindung gebracht werden, ist die Lösung komplett anonym und DSGVO-konform.

Für Verbraucher ist aber nicht nur die Information zur Rückgabe interessant. Vor der Kaufentscheidung wollen sie eventuell gern mehr über das Produkt und seine Inhaltsstoffe erfahren. Der NFC-Chip erlaubt es Kunden, umstandslos Herstellerinformationen zu erhalten und auch zu interagieren. Hersteller bekommen so direkten Kontakt zu ihrer Zielgruppe, können Gewinnspiele, Kampagnen, Gebrauchsanweisungen und Werbenachrichten flexibel platzieren.

Mit dem NFC-Chip in der Verpackung ist IQPAK außerdem heute schon bereit für den Digitalen Produktpass, der ab 2027/2028 von der Ökodesign-Verordnung für eine Vielzahl von Produkten vorgeschrieben ist.