Das Wipperfürther Unternehmen SN Maschinenbau ist der Spezialist für maßgeschneiderte Beutelpack-Technik. Die horizontalen Form-, Füll- und Verschließmaschinen aus dem Bergischen Land bei Köln sind weltweit gefragt.
SN Beutelverpackungsmaschinen kommen überwiegend in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz. Sie verpacken aber auch Saatgut, Haushalts-, Kosmetik- und Pharmaprodukte. Das Unternehmen ist seit Jahren auf Wachstumskurs. Jetzt ist die Coronakrise natürlich auch in Wipperfürth das alles beherrschende Thema.
„Wir werden versuchen, den Betrieb aufrechtzuerhalten, und haben dazu schon sehr früh die Mitarbeiter in der Produktion und der Verwaltung in zwei Gruppen aufgeteilt, die zeitlich voneinander getrennt arbeiten. Alle, bei denen es möglich ist, bleiben im Homeoffice“, sagt Geschäftsführer Olaf Clemens.
Über den Remoteservice sei man zudem jederzeit in der Lage, online auf Maschinen weltweit zuzugreifen und per Ferndiagnose Probleme zu beseitigen. „Das ist gerade jetzt ein Vorteil, da das Reisen komplett ausfällt.“
Durch das plötzlich gestiegene Kaufverhalten können viele Lebensmittelhersteller den hohen Auftragseingang kaum bewältigen. SN unterstützt daher einige seiner Kunden derzeit zur Aufrechterhaltung ihrer Produktion mit Fachpersonal – zu deutlich reduzierten Corona-Stundensätzen als Beitrag zur Solidarität.
Kunden online einladen
Das Unternehmen hatte, wie viele andere, lange auf die interpack hingearbeitet, dann aber schon vor der offiziellen Absage Alternativen geplant, wie Neuheiten dennoch vorstellt werden können. „Wir haben entschieden, zum Zeitpunkt der interpack Webinare anzubieten und Videos vom Betrieb unserer Maschinen aufzunehmen. Und wenn wir auf LinkedIn eine Neuigkeit posten, erreichen wir direkt alle, die uns dort folgen – das ist perfekt”, so Clemens. Vielleicht würden sich webbasierte Lösungen gar als Alternative neben dem Messegeschehen erweisen.
„Es könnten sich für uns ganz neue Kanäle der Informationsweitergabe eröffnen, über die wir unsere Produkte präsentieren und damit die „Messe-Saison“ deutlich ausweiten könnten. Und eventuell reicht es ja, künftig nur auf zwei Highlight-Messen im Jahr präsent zu sein.“
Olaf Clemens, Geschäftsführer SN Maschinenbau
Fünf Maschinen wollte man auf der interpack im Einsatz präsentieren, die umweltfreundliche und innovative Folienmaterialien wie Mono-PE, Mono-PP und Papier verarbeiten. Auch der Launch für das neue Einsteigermodell FME 50 war für die Messe geplant. Nach der interpack-Absage begann man früher als geplant mit der Vermarktung und kann jetzt bereits einige Aufträge verbuchen.
Ebenfalls neu: die Hochleistungsmaschine FMH 300 im Hygienedesign mit neuen Features wie Ultraschall-Zipper-Siegelung und automatischer Beutelgreiferverstellung. „Hier wollten wir live auf der Messe einen Formatwechsel demonstrieren, der nahezu automatisch erfolgt.“ Die Maschine sei ideal, wenn häufige Chargenumstellungen vorgenommen werden, denn die Umstellzeit konnte auf ein Drittel reduziert werden. Ein weiteres Messehighlight sollte ein neues digitales Siegelwerkzeug sein, auf dem partiell sehr kleine Bereiche angesteuert und so gezielt nur bestimmte Abschnitte des Beutels gesiegelt werden können.
Nachhaltige Primärverpackung
Beutelverpackungen erleben seit Jahren einen Boom.
„Wir arbeiten überwiegend für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Hier hat der Beutel viele Vorteile, beispielsweise in der Logistik. Die kleinen 100-Milliliter-Beutel etwa werden als Folie auf der Rolle geliefert. Auf eine Rolle passen rund 34.000 Beutel. Das ist an sich schon nachhaltig, denn es bedeutet sehr viel weniger Transportaufkommen und damit weniger Umweltbelastung, zum Beispiel im Vergleich zur gleichen Menge an Glasverpackungen. Die Branche strengt sich zudem gerade massiv an, um recyclingfähige Materialien massentauglich zu machen“, sagt Olaf Clemens.
SN Maschinenbau hat zwei Jahre in engem Kontakt mit den Folienherstellern entsprechende Technologien weiterentwickelt und dabei mehrere Hundert Folien getestet. Heute lassen sich mit der von SN entwickelten „kombinierten Technologie“ wiederverwertbare Folienmaterialien ohne Geschwindigkeitseinbußen auf den Maschinen der Wipperfürther nutzen. „Unsere Maschinen verarbeiten jetzt rund 90 Prozent aller recyclingfähigen Folien. Betrachtet man den Markt insgesamt, so könnten bis 2022 rund 60 bis 70 Prozent aller verwendeten Folienverpackungen auf nachhaltige Materialien umgestellt sein.“
Es müsse aber noch viel deutlicher gemacht werden, wie wichtig Rohstoffe sind. „Jede Art von Recycling ist gut, wenn dabei Rohstoffe zurückgewonnen werden. Ich halte daher auch chemisches Recycling für eine gute Lösung, die noch nicht genug vorangetrieben wird“, so Clemens.
Weltweit gut aufgestellt
Das Wipperfürther Unternehmen liefert seine Maschinen weltweit und bietet auch seinen Service überall dort an, wo Kunden mit SN Maschinen arbeiten. Zudem gibt es in den USA und Südafrika Servicestützpunkte und in Moskau hat SN eine eigene Niederlassung.
„Es war vor einigen Jahren eine gute Entscheidung, nach Russland zu gehen. Heute ist dort einer unserer stärksten Märkte, wir haben gute Geschäftspartner gefunden und gute Geschäftsbeziehungen zu russischen Unternehmen aufgebaut. Nach der Krise werden wir zudem unser Engagement in Richtung Asien weiter vorantreiben. Auch dort gibt es einen wachsenden Bedarf an Beutelverpackungen, und wir können kostengünstige Lösungen liefern“, sagt Olaf Clemens.
Märkte wie Afrika benötigen oft keine Hightechmaschinen. „Als günstigen Einstieg in die FFS Technologie haben wir mit der FME 50 eine einfache ‚Plug & Play‘-Maschine entwickelt, die nur ein Drittel des üblichen Investments erfordert, aber trotzdem moderne Materialien verarbeiten kann. Warum soll man insbesondere in neuen Märkten nicht von Anfang an recyclingfähige Folien einsetzen und damit verhindern, dass sich nichtrecycelbare Wegwerfverpackungen überhaupt etablieren.“
Kurz nachdem Olaf Clemens 2008 das Unternehmen erworben hatte, musste er sich mit der ausbrechenden Weltfinanzkrise auseinandersetzen. Dennoch schaffte er es, SN von einem kleinen Betrieb mit fünf Beschäftigten zu einem mittelständischen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern zu entwickeln.
Einen Mehrwert zu schaffen sei heute wichtiger denn je, aber das große Thema Nachhaltigkeit derzeit nachrangig, meint der Geschäftsführer. „Jetzt geht es um den Bestandserhalt. Auch ist gerade nicht die Zeit, in der jeder sein eigenes Süppchen kocht. Wir müssen gemeinsam mit dem Wettbewerb nach vorne schauen. Die Krise wird hart werden für Deutschland und die Welt. Die Kunst für Unternehmen wird sein, am Ende noch da zu sein.“
SN Maschinenbau wurde im Jahr 2002 gegründet, hat aber ältere Wurzeln: Über mehrere Stationen ist der Beutelpack-Spezialist aus der Maschinenfabrik der Gebrüder Höller aus Bergisch Gladbach hervorgegangen. Hier wurde bereits Mitte der 1950er-Jahre die erste Rundläufermaschine entwickelt, die von der Rolle automatisch Beutel herstellte und befüllte. Zu den Kunden gehören heute zahlreiche Marktführer, darunter Dr. Oetker, Kraft, Erasco, Nestlé oder Unilever.