Trockenzerfaserung für schwer recycelbare Verpackungen

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Getränkepappbecher, Verpackungspapiere und Tapeten gehören bisher nicht in die Altpapiertonne. Denn herkömmliche Recycling-Nassprozesse können sie laut DBU nicht auflösen. Ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit rund 640.000 Euro gefördertes Projektkonsortium um fiber-rec, Gotic, Rohprog und die Technische Universität Dresden zeige nun, wie diese Faserquellen mit einem Trockenzerfaserungs-Verfahren und einer digitalen Rohstoffplattform in geschlossene Kreisläufe integriert werden können.

Papierrecycling gilt als Erfolgsmodell: Laut Umweltbundesamt stieg der Altpapiereinsatz der Papierindustrie von knapp 49 Prozent im Jahr 1990 auf rund 83 Prozent im Jahr 2023. Damit konnten Holz-, Wasser- und Energieverbrauch pro Tonne Papier deutlich gesenkt werden. Gleichzeitig ist eine weitere Steigerung der Quote schwierig, weil bestimmte nassfeste oder stark beschichtete Papier- und Kartonprodukte im herkömmlichen Nasszerfaserungsprozess kaum oder nur mit sehr hohem Energie- und Chemikalieneinsatz aufzulösen sind. Dazu zählen etwa Flaschenetiketten, Futtermittelsäcke, Dekorpapiere oder Zellstoffhandtücher.

Alexander Bonde, Generalsekretär der DBU, betont den Umweltaspekt des Projekts: Das Vorhaben zeige, dass sich mit innovativer Technologie selbst komplizierte Materialien effizient verarbeiten lassen – mit deutlichen Einsparungen bei CO2-Emissionen und Ressourcenverbrauch.

Trockenzerfaserung als Schlüsseltechnologie

Zentrales Element des Projekts ist ein neu entwickeltes Trockenzerfaserungs-Verfahren. Im Unterschied zu klassischen Nassprozessen werden die schwer zerfaserbaren Materialien trocken mechanisch aufgeschlossen. Laut Projektleiter Tilo Gailat, Geschäftsführer von fiber-rec in München, geht es dabei um Papiere und Kartons, die bei Nässe und Feuchtigkeit besonders stabil bleiben müssen – eine Eigenschaft, die sie im herkömmlichen Papierrecycling zu Ausschuss macht.

Der jährliche Verlust wird auf rund zwei Millionen Tonnen Sekundärfasern im Altpapierkreislauf beziffert. Durch die Trockenzerfaserung können diese Faserströme nun erschlossen werden. Der Prozess spart im Vergleich zu klassischen Recyclingverfahren Energie und Wasser und verringert gleichzeitig den CO2-Ausstoß. Die gewonnenen Trockenfasern lassen sich sowohl wieder in der Papierindustrie einsetzen als auch für Anwendungen wie Dämmstoffe, Lärmschutzwände oder Verpackungen nutzen.

Digitale Rohstoffplattform verknüpft Faserquellen und Anwendungen

Parallel zur Technologieentwicklung wurde eine digitale Rohstoffplattform aufgebaut, die schwer recycelbare Materialien erfasst, analysiert und passende Einsatzmöglichkeiten vorschlägt. Die Plattform richtet sich an Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette – von Erzeugung und Verarbeitung über Entsorgung bis zur industriellen Nutzung – und soll helfen, Faser- und Materialkreisläufe effizient zu schließen.

Die Basis bildet eine umfassende Datenbank, in der Fasern systematisch bewertet werden – vom Zustand der Ausgangsstoffe über mögliche Verarbeitungsoptionen bis hin zur Qualität des wiedergewonnenen Faserstoffs. An der Plattformentwicklung war die Münchener Firma ROHPROG beteiligt, die inzwischen auch Gesellschafterin bei fiber-rec ist.

Testbetrieb bestätigt industrielles Potenzial

Im Testbetrieb wurden bereits mehr als 50 Tonnen Trockenfasern aus bislang nicht klassisch recycelbaren Quellen aufbereitet und in industriellen Anwendungen eingesetzt, unter anderem in Papiermaschinenversuchen. Die Einsparungen bei CO2-Emissionen fallen laut Projektteam insbesondere dann ins Gewicht, wenn die aufbereiteten Fasern Primärrohstoffe ersetzen. Zudem wurde ein Aufbereitungszentrum eingerichtet, in dem Prozesse simuliert und erste Kundenmuster bereitgestellt werden können.

DBU-Fachreferent Michael Schwake verweist auf ein größeres Potenzial als zunächst angenommen – etwa bei Fasern aus Pflanzenresten oder Spezialpapieren, die bislang überwiegend verbrannt oder deponiert werden. Das Vorhaben zeige, wie neue Technologien und digitale Systeme dazu beitragen können, nachhaltige Stoffkreisläufe für Naturfasern wie Cellulose aufzubauen – ein Schritt hin zu Bioökonomie, Ressourcenschonung und Klimaschutz.

Quelle: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)