Wie müssen Produkte verpackt werden, damit die „Generation Z“ zugreift? Diese Frage stellte sich das Deutsche Verpackungsinstitut (dvi) und lud die Werbeagentur „Haus E“ zum Grundsatzreferat bei der Dresdner Verpackungstagung 2017 ein. „Haus E“-Chef Frank Müller und dvi-Geschäftsführer Winfried Batzke fassen ihre Erkenntnisse zusammen.
pj: Herr Batzke, wieso haben Sie gerade jetzt die Studie zur „Generation Z“ in Auftrag gegeben?
Winfried Batzke: Die „Generation Z“ wird – vor allem im Vergleich zu den Vorgängergenerationen – zumeist in Verbindung mit digitalen Technologien und über ihr Mediennutzungsverhalten charakterisiert. Eine ganze Reihe anderer Facetten bleibt dabei vollkommen unbeleuchtet. Wir wollten deshalb von 18- bis 24-Jährigen wissen, wie sie das Thema Verpackungen betrachten, welche Wahrnehmung sie von einer gelungenen Verpackung haben und welche Rolle Verpackungen im Online-Handel aktuell spielen und in Zukunft spielen sollten.
pj: Herr Müller, die „Generation Z“ informiert sich über Social Media und kauft online. Sie interessiert sich nicht so sehr für die Verpackung, sondern will schnell Erfahrungen mit dem darin befindlichen Produkt machen. Ist dies das Ende der klassischen verkaufsunterstützenden Verpackung?
Frank Müller: Nein, ganz im Gegenteil. Während die Grundfunktionen einer Verpackung – Schutz, Stabilität, Haltbarkeit, Information, Transportfähigkeit des Inhalts – aus Sicht der „Generation Z“ nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, sind die Anforderungen an Umweltschutz und Nachhaltigkeit dafür umso größer. Auf den Online-Handel übertragen, kann somit der Händler oder Hersteller, der mit einer Verpackung den Erwartungen der „Generation Z“ hinsichtlich Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Recycelbarkeit entspricht, Vorteile erlangen.
„Überzeugende Produkte respektive Produktmarken gekoppelt mit einer guten Verfügbarkeit und einem bequemen Zugriff auf das Produkt – das funktioniert auch bei den Z-lern.“, so Frank Müller ist Geschäftsführer der Werbeagentur „Haus E“ in Chemnitz.
Junge Unternehmen machen die neue Zielgruppenansprache vor
pj: Wie schätzen die dvi-Mitgliedsunternehmen die Situation ein? Ist die jüngere Zielgruppe über alle Branchen hinweg schlechter zu erreichen?
Winfried Batzke: Die jüngere Zielgruppe ist mit den herkömmlichen Mitteln und über die althergebrachten Werbekanäle sicherlich viel schwerer zu erreichen. Das heißt aber nicht, dass sie gar nicht erreichbar ist. Gerade junge, dynamische Unternehmen wie „True Fruits“ oder „MyMuesli“ haben mit Erfolg vorgemacht, wie man diese Zielgruppe ansprechen kann. Große Lebensmittelkonzerne wie Nestlé, Dr. Oetker, Katjes oder Bahlsen beschäftigen sich momentan mit dem veränderten Einkaufsverhalten junger Konsumenten und sind dabei, neue Konzepte der Kundenansprache oder -bindung zu entwickeln.
pj: Müssen die Unternehmen künftig mehrgleisig fahren? Ältere Konsumenten finden klassisch verpackte Produkte im Einzelhandel, für jüngere wird eine Online-Kampagne gestartet?
Frank Müller: Ganz unabhängig von der Art des Produkts und der dazugehörigen Verpackung haben sich natürlich die Kanäle, über die mit der Zielgruppe kommuniziert wird, geändert und ausdifferenziert. Obwohl sich bislang nur die wenigsten im Rahmen des Online-Shoppings mit der Verpackung beschäftigen, gaben immerhin sechs von zehn Befragten im Rahmen unserer Befragung an, ein „großes“ bzw. „mittleres“ Interesse auch an einer zusätzlichen Präsentation der Verpackung zu haben. Die Darstellung der Verpackung und ihrer Umweltfreundlichkeit wird niemals das entscheidende Kriterium sein, aber unsere Befragungsdaten deuten darauf hin, dass Teile der „Generation Z“ mit diesem argumentativen Baustein überzeugt werden können. Wie dies konkret kommuniziert wird – beispielsweise via Unboxing-Videos auf YouTube oder mit zusätzlichen Verpackungsbeschreibungen oder -darstellungen im entsprechenden Shop –, ist dann sicherlich abhängig von der konkreten Plattform.
Überzeugende Produkte funktionieren auch bei der „Generation Z“
pj: Die „Generation Z“ ist offenbar auch weniger markentreu. Wie kann mit den impulsiven, digital orientierten jungen Konsumierenden trotzdem eine Markenbindung aufgebaut werden?
Frank Müller: Die „Generation Z“ folgt weniger dem übergeordneten Dachmarkenuniversum und kauft dann immer alles bevorzugt von Brand X, nur weil sie einmal eine gute Erfahrung mit einem Produkt gemacht hat. Aber: Überzeugende Produkte respektive Produktmarken gekoppelt mit einer guten Verfügbarkeit und einem bequemen Zugriff auf das Produkt – das funktioniert auch bei den Z-lern. Der werbliche Kommunikationsfokus verschiebt sich also immer konsequenter von Dachmarke zu konkreter Produktkampagne und von Imagekommunikation zu Benefit-Kommunikation. Für die Hersteller, deren Marketingabteilungen und die anhängigen Agenturen steigt also der Innovations-, Launch- und Kommunikationsdruck um das jeweilige Produkt – auch in zeitlicher Hinsicht. Dieser Trend ist aber schon länger im Gange und wohl auch eher den stark veränderten infrastrukturellen und technischen Rahmenbedingungen im Einzelhandel geschuldet. Die „Generation Z“ ist lediglich die erste Generation, die derart konsequent in dieser veränderten Struktur konsumiert.
„Entscheidend wird sein, dass Unternehmen in der Lage sind, Trends zu erkennen und flexibel auf sich ändernde Bedürfnisse zu reagieren.“
Winfried Batzke, Geschäftsführer des Deutschen Verpackungsinstituts.
pj: Welche Impulse und Hilfestellungen kann das dvi der Verpackungsbranche geben, um sich auf die veränderten Konsumgewohnheiten der „Generation Z“ einzustellen?
Winfried Batzke: Wir nutzen unsere verschiedenen Plattformen wie Kongresse, Innovationsforen, Workshops oder Seminare, um aktuelle Studien wie diejenige von „Haus E“ oder Umfrageergebnisse zu publizieren. Wichtig ist uns dabei, die verschiedenen Player entlang der Wertschöpfungskette zusammenzubringen und fachlichen Austausch anzuregen.
Unternehmen müssen Trends erkennen und flexibel auf Änderungen reagieren
pj: Die Nutzungsgewohnheiten in der Online-Welt ändern sich immer schneller. Ist der Wettlauf um die Gunst der „Generation Z“ überhaupt zu gewinnen?
Winfried Batzke: Entscheidend wird sein, dass Unternehmen in der Lage sind, Trends zu erkennen und flexibel auf sich ändernde Bedürfnisse zu reagieren. Dabei spielt nicht nur gezielte Marktforschung eine Rolle, sondern auch, wie flexibel die Produktion reagieren kann. Oftmals stehen Anlagen mit langen Abschreibungszeiten und großen Ausstoßzahlen dem Bedürfnis nach Individualisierung und immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen entgegen. Wer hier mithalten will, muss schon bei der Anlagenplanung genau hinschauen oder gar das herkömmliche Geschäftsmodell überdenken.
pj: Herr Müller, wenn Sie es bestimmen dürften: Wie würden Sie eine Jeans für die „Generation Z“ am liebsten „verpacken“?
Frank Müller: Das wird die Verpackungsindustrie nicht gerne hören, aber wenn wir uns die genannten Erkenntnisse über die „Generation Z“ und deren Wünsche an Verpackungen zu Herzen nehmen, dann hat bei einer Einzel-Jeans eine Verpackung nichts zu suchen. Die Punkte Stabilität und Transportfähigkeit sind durch das Produkt selbst gegeben, alles Weitere würde dem entgegenstehen, was ich gerade darzustellen versucht habe. Klar könnte man eine recycelbare, nachhaltige Verpackung aus nachwachsenden Rohstoffen entwickeln, die leicht ist und wenig Material verbraucht, aber um mit den Worten eines „Generation Z“-Befragten zu sagen: „Die beste Verpackung ist die, die gar nicht gebraucht wird.“
Die „Generation Z“ stellt hohe Anforderungen an Verpackungen und legt auf andere Dinge Wert als vorhergehende Altersgruppen. Was der Mobile-First-Generation bei Verpackungen wichtig ist, lesen Sie in diesem Artikel: