Bei sensiblen Gütern wie Lebensmitteln und Getränken kommt es in der Produktionslinie auf Schnelligkeit und Präzision, aber auch Reinheit an. Die Hygieneanforderungen an Bauteile in der Verpackungstechnik sind entsprechend hoch. igus bietet hier ein passendes Produktportfolio im Hygienic Design: von Drehkranzlagern über Energieketten bis hin zur Linear- und Antriebstechnik. Gemeinsam mit der European Hygienic Engineering & Design Group (EHEDG) arbeitet igus außerdem an neuartigen Hygienic-Design-Zertifizierungen.
Bei der Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln muss sichergestellt werden, dass die Waren hygienisch verpackt werden. In der Lebensmittel- und Verpackungsindustrie müssen daher sämtliche im Prozess beteiligten Maschinen und Anlagen den hohen Ansprüchen an die Hygiene standhalten – das gilt auch für die kleinsten Bauteile.
Für eine hygienisch einwandfreie Bewegung bietet igus eine breite Palette an Maschinenkomponenten – von Gleit- und Gelenklagern über Linearführungen bis hin zu Energieketten und ganzen Automationslösungen. Dabei setzt das Unternehmen auf eigens entwickelte und verschleißfeste Hochleistungskunststoffe mit FDA- und EU-10/2011-Zulassung. Das Besondere: Die sogenannten „motion plastics“ müssen nicht mit Öl oder Fett geschmiert werden. In die Werkstoffe inkorporierte Festschmierstoffe ermöglichen einen reibungsarmen Trockenlauf und verbessern so die Hygiene, erhöhen die Ausfallsicherheit und reduzieren den Wartungsaufwand erheblich. Auch die tägliche Reinigung mit Wasser, Dampf und aggressiven Reinigungsmitteln macht ihnen nichts aus. Denn die Kunststoffe sind korrosionsfrei, chemikalienbeständig und müssen nach einem Reinigungsprozess nicht neu geschmiert werden.
Lebensmittelsicherheit mit Hygienic Design
Bei der Linear- und Antriebstechnik drylin werden die Kunststoffe in Form von Lineargleitlagern mit „weichem“ Edelstahl als Gleitpartner kombiniert, wenn Korrosionsbeständigkeit und FDA-Konformität gefordert sind. Dies sind üblicherweise nicht härtbare Arten von Edelstahl, die aber die höchste Chemikalienbeständigkeit aufweisen. Die Systeme sind oft abmessungsgleich zu Kugelumlaufführungen und dank der schmierfreien Hochleistungspolymere besonders leicht, staubunempfindlich und einfach zu reinigen.
Um Anwendern noch mehr Sicherheit zu bieten, entwickelt igus nicht nur Lösungen, die die FDA- und EU-Vorgaben erfüllen, sondern auch den Richtlinien der European Hygienic Engineering & Design Group (EHEDG) im Hinblick auf die Reinigbarkeit gerecht werden. Diese fordern, dass Bauteile entweder ein spaltfreies Design aufweisen oder entsprechend gekapselt sein müssen. Die Vorgaben dienen igus als Leitlinie für Hygienic-Design-Produktinnovationen. Die gestalterische Freiheit, speziell im Kunststoff-Spritzguss, kommt diesen Anforderungen, zum Beispiel den benötigten Radien und Schrägen, zudem sehr entgegen. Zu den Innovationen gehören unter anderem ein PRT-Drehkranzlager in gekapselter Bauweise mit Edelstahl und einem FDA-konformen iglidur-Polymer als Gleitpaarung sowie die weltweit erste nach Hygienic-Design-Richtlinien entwickelte Kunststoff-Energiekette TH3.
Spülbarer Polymer-Linearschlitten für effiziente Reinigung
Auch das Lineartechnik-Portfolio hat das Unternehmen kontinuierlich um neue Hygienic-Design-Lösungen erweitert. So wurde im vergangenen Jahr ein neuer Schlittentyp für die Linearführungssysteme des drylin-W-Baukastens präsentiert. Das Besondere: Dies ist der erste Gleitschlitten, der zu 100 Prozent aus lebensmittelkonformem Kunststoff besteht. „Das Design ist komplett offen und totraumfrei gestaltet. Das System ist vollständig spülbar und somit hygienegerecht“, so Michael Hornung, Produktmanager der Linear- und Antriebstechnik drylin. Das spaltfreie Design ist darauf abgestimmt, dass sich kein Schmutz anlagern kann. Oberflächengüte, Dichtungsmaterialien, Spülbohrungen, angeschrägte Kanten und gerundete Formen gewährleisten eine rückstandsfreie Spülung. Anwender können die Schiene aus Edelstahl – auch im CIP-Verfahren – vor Ort reinigen und sich durch das offene Design stets vergewissern, dass alle Schmutzreste entfernt wurden. Der Schlitten eignet sich nach der leichten Demontage auch für eine automatisierte Reinigung in einer Spülmaschine.
Gemeinsam zur Zertifizierung
Nach diesem Grundsatz hat igus die Lineargleitführung zur Serienreife entwickelt und arbeitet nun an einer Zertifizierung. Eine Hygienic-Design-Zertifizierung war lange Zeit eine Herausforderung, da bewegte Teile funktionsbedingt enge Spalte aufweisen und somit bestehende Konstruktionen die Anforderungen nicht erfüllten. „Wir tauschen uns mit vielen Kunden über das Thema ‚offenes versus gekapseltes Design‘ aus – und die Argumente für offene Systeme sind aus unserer Sicht überzeugend“, erklärt Michael Hornung.
„Unsere Hygienic-Design-Entwicklungen sollen eine Diskussion bei unseren Kunden, aber auch Gremien wie der EHEDG auslösen und so neue Ideen hervorbringen. Daher haben wir uns auch der EHEDG angeschlossen, mit dem Ziel, gemeinsam eine Zertifizierung für offene bewegliche Teile zu ermöglichen.“
Flexible Konstruktionen mit Einzellagern
Nach den positiven Erfahrungen mit dem Polymer-Schlitten hat igus den Hygienic-Design-Baukasten in diesem Jahr erweitert. Denn es wurde schnell klar, dass es neben dem Schlitten weitere Lösungen braucht, die in der Lebensmittel- und Verpackungsindustrie flexibel eingesetzt werden können. Teil des Baukastens sind daher jetzt auch Einzellager für flexible Konstruktionen. Anders als der Linearschlitten werden die Einzellager separat auf die Führungsschiene gesetzt und durch Edelstahlplatten in verschiedenen Größen zu Linearschlitten montiert. Wie beim Vollkunststoff-Schlitten ermöglicht das offene und spaltfreie Design eine schnelle und effiziente Reinigung. Die verwendeten Werkstoffe sind ebenfalls FDA- und EU-konform – und sogar PTFE-frei.
Designstudie für SHT-Linearaktuator weiterentwickelt
Neben der drylin-W-Baukastenerweiterung hat igus außerdem seine Designstudie zur einbaufertigen SHT-Linearachse weiterentwickelt und hinsichtlich einer besseren Spülbarkeit optimiert. Das System nutzt als Führung Edelstahl-Rundwellen und als Antrieb die dryspin-Gewindetechnik aus Edelstahl, die sich durch ihre Laufruhe und Effizienz auszeichnet. Alle Bauteile – ob Edelstahl oder Kunststoff – wurden nach gleichen Hygienic-Design-Vorgaben angepasst. Die Traversenbaugruppe besteht aus zwei Gehäusehälften, die mittels einer FDA-konformen Silikonflachdichtung und hygienegerechten Schrauben abgedichtet werden. Die Abdichtung der Wellen wird mittels speziell konfigurierter Abstreiferdichtungen realisiert, die das Eindringen von Schmutz und Feuchtigkeit in die Traverse verhindern. Die Gewindemutter, die auf der Spindel läuft, ist mit ausreichend großen Spalten versehen, damit sich kein Schmutz ablagern kann und eine effiziente Reinigung ermöglicht wird. Die Vorgabe beim Reinigungsprozess beinhaltet mindestens zwei Verfahrpositionen für den Reinigungsprozess.
„Wir arbeiten daran, immer mehr unserer Produkte konsequent nach den Hygienic-Design-Richtlinien zu entwickeln. Komplexe Antriebseinheiten wie das SHT-Linearmodul konnten bisher noch nie zertifiziert werden. Doch wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit der EHEDG und unseren Kunden neue, innovative Lösungen und Zertifizierungen entwickeln werden.“
Michael Hornung
In der Praxis erprobt
Die hygienische Lineartechnik von igus hat sich bereits in einer Vielzahl von Anwendungen in der Lebensmittel-, Getränke- und Verpackungsindustrie bewährt – so zum Beispiel in der Inspektionstechnik der Krones AG. Der erste Schritt, der im Rahmen der Kontrolltechnik von leeren Mehrwegflaschen stattfindet, ist die Sortierung. Diese Kontrollen sind die Aufgabe der Linatronic 735. Zur Anlage gehört unter anderem ein Ausleitsystem zum Aussortieren von Flaschen mit Formatverstellung des Linearmotors mittels drylin-WS-1040-Profilschiene aus Edelstahl. Diese sowie weitere drylin-Linearachsen helfen Krones dabei, seine Anlagen wartungsfrei zu halten.
Auch in der Roboterküche des Start-ups Cook-e kommen drylin-ZLW-Zahnriemenachsen zum Einsatz. Der elektromechanische Kochkünstler besteht aus softwaregesteuerten Modulen für Lagerung, Dosierung und das Kochen und zaubert frische Gerichte ohne menschliche Hilfe – und das auf nur 2,7 Quadratmetern. Die Zahnriemenachsen von igus ermöglichen alle Bewegungen im kleinen Bauraum – schnell, präzise und zuverlässig – und eignen sich somit auch für leichte Verstell- und Positionieraufgaben bei eingeschränkten Platzverhältnissen, wo es auf jeden Millimeter ankommt.