20 Jahre in einer hoch innovativen Branche

Bild von einem Tisch und Verpackungen und einer Hand, die an einem Verpackungsdesign arbeitet.
Auch Verpackungsdesign musste in den letzten 20 Jahren mit den Veränderungen im Markt und Wünschen der Verbraucher mitgehen. (Bild: Shutterstock/Tutatamafilm)

In den letzten 20 Jahren hat sich in der Welt der Verpackung einiges getan. Äußere Faktoren wie die Zunahme der Weltbevölkerung, der damit einhergehende Anstieg des Konsums und ein stärkeres Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit, haben die Verpackung vor Herausforderungen gestellt und ihr zuweilen ein schlechtes Image beschert. Kim Cheng, Geschäftsführerin des Deutschen Verpackungsinstituts e.V. (dvi), wirft für uns einen Blick auf die letzten 20 Jahre und erklärt, warum zum Beispiel die gemeinsame Bewältigung von Aufgaben und Herausforderungen immer wichtiger geworden ist.

Kim Cheng, Geschäftsführerin des Deutschen Verpackungsinstituts (Bild: dvi)

20 Jahre packaging journal – wie entscheidend waren diese zwei Jahrzehnte für die Verpackung? Was hat sich getan?

Zwei Jahrzehnte sind für eine hoch innovative Branche wie die Verpackungswirtschaft ein großer Zeitraum. Damals hieß es beim dvi, dass Verpackungen mit der Zeit gehen und ihr im besten Fall immer einen Schritt voraus sein müssen. Das galt damals und es gilt noch heute. An der Unverzichtbarkeit von Verpackungen für die Versorgung von Menschen und Unternehmen mit allen Gütern des kurz- und langfristigen Bedarfs hat sich ja nichts geändert.

Was sich allerdings geändert hat, sind demografische Faktoren wie zunehmende Verstädterung und Kleinhaushalte im hochentwickelten Teil der Welt, ist der globale Zuwachs der Bevölkerung von rund sechs auf rund acht Milliarden Menschen und der insgesamt wachsende Konsum mit einer stetig steigenden Zahl von Produkten, von denen die allermeisten verpackt werden müssen. In diesem Zusammenhang ist es nicht verwunderlich, dass der Umgang mit gebrauchten Verpackungen in den letzten 20 Jahren immer stärker in den Blick geriet.

In diesem Zusammenhang wurde die Verpackung zusehends zum „Bad Boy“. Dabei wurde – und wird – gerne übersehen, dass die Verpackungswirtschaft bereits vor 20 Jahren ein Pionier in Sachen Kreislaufwirtschaft, Umweltschutz und Produktverantwortung war. Die Gesamtverwertungsquote für Verpackungen betrug 2002 bereits 77,9 Prozent.

Mit Produktverantwortung und Rücknahmeverpflichtungen wurde rund um den Jahrtausendwechsel nicht nur ein neues, ertragsstarkes Business entwickelt, sondern auch ein neues, marktwirtschaftliches und flexibles Instrument der Umweltpolitik. Von dem, was unsere Branche in den letzten beiden Jahrzehnten innoviert und erarbeitet hat, profitieren inzwischen auch andere Produkte.

Ein spannendes Abbild der Veränderungen und der Innovationskraft der Branche ist der Deutsche Verpackungspreis, der seit 1963 unter der Schirmherrschaft des Bundesministers für Wirtschaft ausgerichtet wird und der seit 1996 in der Verantwortung des dvi liegt. Er spiegelt die Schwerpunkte der zeitgeschichtlichen Erfordernisse und Ansprüche deutlich wider. An den Preisträgern dieser inzwischen größten Leistungsschau rund um die Verpackung in Europa lässt sich beispielsweise sehr gut die wachsende Bedeutung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten belegen.

Speziell im letzten Jahrzehnt hat sich hier eine immense Dynamik entwickelt – schon lange, bevor es mit den ersten Bildern von Tierleid durch Ocean Littering auch in der breiten Öffentlichkeit ein Thema wurde. Als dvi haben wir deshalb bereits 2016 eine eigene Kategorie Nachhaltigkeit beim Deutschen Verpackungspreis eingeführt, die sehr schnell zur meisteingereichten Kategorie des Wettbewerbs wurde. Aber auch neu eingeführte Kategorien wie „Neues Material“ oder „Digitalisierung“ und die stetig wachsende Zahl von Innovationen im Bereich Technologie und Automatisierung zeigen, dass die Verpackung weiterhin mit der Zeit geht – und ihr im besten Fall eben ein Stück voraus ist.

Ein weiterer Aspekt, der die letzten 20 Jahre geprägt hat, ist die Bedeutung der Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette. Die Zeit der genialen Solo-Player ist zunehmend vorüber. Die Anforderungen und die zu bewältigenden Aufgaben sind immer größer und komplexer geworden. Sie zu bewältigen, funktioniert zusehends nur noch in der gemeinsamen Arbeit. Das betrifft speziell auch den Aspekt der Innovation, der für die Lösung grundlegender Herausforderungen zentral ist – und der nur im Teamplay der Akteure in der erforderlichen Geschwindigkeit und Qualität gelingen kann.

Für das dvi als einziges Netzwerk der Verpackungswirtschaft, das Unternehmen aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette zu seinen Mitgliedern zählt, ist das wachsender Anspruch und Bestätigung zugleich. In unseren Arbeitskreisen bringen wir deshalb die Stakeholder an einen Tisch. Und auch die Besetzung unseres Vorstands spiegelt diese Zielsetzung wider. Mit Procter & Gamble, Nestlé, Tetra Pak, Mayr-Melnhof, Siegwerk und der Schwarz Gruppe haben wir unter dem Vorsitz von Wolf-Dieter Baumann, der eine große Expertise speziell im Maschinen- und Technologiebereich mitbringt, erfolgreiche Innovatoren als Lotsen an Bord.

Vor allem die letzten zwei dieser 20 Jahre waren eine große Herausforderung. Die kommenden werden es auch: erst Corona, nun Ukrainekrieg. Wie blickt das dvi in die Zukunft?

Zuversichtlich, aber nicht blauäugig. Die Bedeutung und die Notwendigkeit von Verpackungen wird auf absehbare Zeit nicht abnehmen. Entsprechend wichtig und verantwortungsvoll werden die Arbeit und die Leistungen der Verpackungswirtschaft bleiben. Die Coronapandemie und der Krieg in der Ukraine haben die zentrale Rolle – wenn auch aus traurigem Anlass – weiter bestätigt.  

Wie auch für andere Branchen wird es für unsere Unternehmen wichtig sein, noch resilienter zu werden. Es ist offensichtlich, dass die Volatilität stark zugenommen hat. Der Umgang damit wird zu einer entscheidenden Herausforderung. Stabile und verlässliche Lieferketten und die Synchronisierung von Angebot und Nachfrage wird uns fordern, genau wie die extremen Kostensteigerungen im Energiebereich, die massiv auf Produktion, Logistik und Transport durchschlagen.  

Auch die Bedeutung einer Kreislaufwirtschaft der Verpackung ist durch Pandemie und Krieg weiter gewachsen. Ihre erfolgreiche Etablierung ist damit noch unausweichlicher geworden. Denn im Hinblick auf die Erschließung möglichst umfangreicher und zuverlässiger regionaler Rohstoff- und Packmittelquellen sind die Sekundärrohstoffe einer Circular Economy zu einem noch gewichtigeren und relevanteren Faktor geworden. 

Grundsätzlich müssen wir wohl davon ausgehen, dass COVID-19 und der Überfall auf die Ukraine nicht die letzten großen Krisen waren, die wir erleben. Wir hatten spätestens mit dem Ende des Kalten Kriegs den Luxus, in einer recht friedlichen und geordneten Welt zu wohnen – zumindest, was „unseren Teil“ der Welt angeht. Es ist gut möglich, dass wir hier vorerst eine Zeitenwende erleben. 

Umso wichtiger ist es, dass wir als Branche auch in Zukunft ausreichend kluge Köpfe und talentierte Hände finden, die bereit sind, die Verpackung voranzubringen. Der Bedarf an Nachwuchs ist groß – genau wie die Schwierigkeiten, die Fachkräfte von morgen zu finden. Das haben wir als dvi schon seit Längerem erkannt und wir versuchen, über Initiativen wie den Hochschuldialog oder die dvi-Studierendenkonferenz den Kontakt zwischen Nachwuchs und Industrie qualitativ und quantitativ auszubauen. 

Auch der „Tag der Verpackung“, den wir seit 2015 jährlich ausrichten, gehört in diese Kategorie. Mit dem Tag der Verpackung tragen wir Belange und Bedeutung der Verpackung sowie die Leistung ihrer Akteure stärker in die breite Öffentlichkeit. Denn machen wir uns nichts vor: Viele finden Verpackung als Arbeitsfeld nicht „sexy“ genug. Wir hinken im Image anderen innovativen Branchen noch immer hinterher. Das muss sich ändern, wenn wir beim Ringen um den Nachwuchs erfolgreich sein wollen. 

http://www.verpackung.org 

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