Dresdner Verpackungstagung 2025: Wege nach vorn

Die Dresdner Verpackungstagung ist seit nunmehr 35 Jahren fester Bestandteil im Kalender. (Bild: dvi, Sabine Felber)

Fester Bestandteil im Kalender ist seit nunmehr 35 Jahren das „Klassentreffen der Verpackungsbranche” im Advent: die Dresdner Verpackungstagung. Zentrales Thema war natürlich einmal mehr die PWWR und alles, was damit im Zusammenhang steht. Das packaging journal war vor Ort dabei.

Nach einem kurzen historischen Rückblick und der Würdigung der Initiatoren im Jahr 1990 startete die 35. Dresdner Verpackungstagung mit einer spannenden, informativen Talkrunde zu den aktuellen Entwicklungen der PPWR. Unter dem Motto „Herausforderungen verstehen – Lösungen gestalten“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Handel, Verbänden und der Industrie dieses komplexe Thema. Über 250 Teilnehmer konnten von dem Austausch der Expertenrunde über den aktuellen Wissenstand im Zusammenhang mit der PPWR profitierten und sich in den vorgestellten praktischen Lösungsansätzen wiederfinden. Einmal mehr kam aber zum Ausdruck, dass es nach wie vor viele Unsicherheiten gibt.

Pflichten, Dokumentation, Normung

Moderiert von Dr. Nathalie Brandenburg, der neuen Geschäftsführerin des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (dvi), brachten Martin Engelmann (IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen), Lydia Tempel (PTS – Institut für Fasern & Papier), Dagmar Glatz (dm-drogerie markt Deutschland), Lorenz Dobiaschowski (Develey Senf & Feinkost) und Robin Huesmann (Leipa Group) ihre Positionen und Ergebnisse in den Erfahrungsaustausch ein.

Dr. Nathalie Brandenburg, die neue Geschäftsführerin des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (Bild: dvi, Sabine Felber)

Ausgangspunkt: „Was wissen wir heute, was wir im Sommer noch nicht wussten? Fazit: Die EU liefert nur grobmaschige Vorgaben. Es fehlen nach wie vor konkrete Leitlinien oder Klarstellungen, auch von der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR). Deshalb ist jedes Unternehmen gut beraten, sich zuerst über die neue Rolle (bin ich Hersteller, Vertreiber, Importeur u. s. w.) Klarheit zu verschaffen und sich mit diesen Aufgaben auseinanderzusetzen. Die eine Lösung gibt es nicht, dafür sind die Voraussetzungen zu unterschiedlich. Gut beraten ist, wer sich erst einmal am Mindeststandard orientiert.

Noch komplexer sind die Herausforderung auf der Dokumentationsebene und der Erstellung der Konformitätserklärungen: Wie lässt sich der extreme Aufwand bewältigen, um all die Berichtspflichten und die dafür nötigen Daten von allen Partnern der eigenen Wertschöpfungskette zu erheben? Welche Attribute braucht man? Wie baut man die Bereitstellung und den Zugriff auf die Daten auf? Das betrifft beispielsweise bei dm mehrere Tausend Produkte. Dagmar Glatz sensibilisierte alle Beteiligten, dass die Digitalisierungsprozesse nicht die KMU ausbremsen dürfen. Und, dass man auch die Ökoeffizienz bei diesem Aufwand nicht aus den Augen verlieren sollte.

Spannende Einblicke gab es auch zum Normungsverfahren des Europäischen Komitees für Normung (CEN) zur Recyclingfähigkeit von PPK. Wie können Komponenten und Konstituenten (separate und integrierte Bestandteile) von Verpackungen einheitlich definiert werden? Wie kann Recyclingfähigkeit auf dieser Ebene genormt werden, wenn beispielsweise Sammel- und Verwertungssysteme in den Ländern unterschiedlich ausgestaltet sind? Denn all das hat Einfluss auf die Sortierbarkeit, auf die Kompatibilität mit dem Recyclingprozess, auf den recyclingfähigen Anteil der Verpackung.

Angesichts der komplexen Datenanforderungen braucht die Branche passende digitale Lösungen, um Tausende Dokumente systematisch zu handhaben und die enthaltenen Informationen zu erschließen. Otto Hefner und Stavros Kyriakidis vom Start-up Pyx AI präsentierten eine attraktive Lösung, die mittels KI eine DSGVO-konforme zuverlässige Analyse verspricht.

(Bild: dvi, Sabine Felber)

Rezyklate und alternative Fasern

Die Bewertung und das Zukunftspotenzial unterschiedlicher Recyclingszenarien stehen prominent im Fokus, denn der Gesetzgeber fordert ja zunehmend den Einsatz von Kunststoffrezyklaten in Verpackungen. Im Programm in Dresden dazu Beiträge zur Faktenlage, zu den Herausforderungen und den Lösungsansätze aus verschiedenen Blickwinkeln. Deutlich wurde, was es mit der allgegenwärtigen „Rezyklatlücke“ eigentlich auf sich hat: Recyclingquoten sind keine Rezyklatquoten. Für die beteiligten Recyclingunternehmen fehlen Rechtsicherheit und Zukunftsperspektiven. Aktuell wird Recyclingpotenzial in Größenordnungen nicht genutzt. Mittelständler geben auf. 2030 ist für sie zu weit weg. Ohne materielle Anreize für den Einsatz von Rezyklaten bewegt sich aktuell zu wenig. Betont wurde auch, dass der sichere und zuverlässige PCR-Einsatz ein funktionierendes Zusammenspiel von Supply Chain, Safety, Material und Performance, Design plus dem Konsumenten erfordert, der oft vergessen wird.

Alternative Fasern können mehr, als in Verpackungen als Polster zu dienen. Sie sollen durch entsprechende Aufbereitung zunehmend Zellulosefasern substituieren. So wurde über den Ansatz von Paludikulturen als landwirtschaftliches Model und die Markteinführung biogener Verpackungsrohstoffe aus Paludikulturen berichtet.

Illig stellte sein innovatives Dry-Fiber-System zur Herstellung von Verpackungen aus trockenen Naturfasern vor. Die modularen und skalierbaren Produktionssysteme verarbeiten Naturfaserbahnen zu formstabilen Verpackungen. Dank eines neu entwickelten und zum Patent angemeldeten Verfahrens lassen sich ein höheres Streckverhältnis und damit deutlich tiefere und vielfältigere Geometrien realisieren.

Das Potenzial von Glas und Mehrwegsystemen sowie das Thema Green Claims rundeten das Vortragsprogramm ab. Teil der „Dresdner Mischung“ war auch in diesem Jahr wieder die sogenannte „Studie Wall“, auf der sich die zahlreich auf der Tagung vertretenen Studierenden verpackungsrelevanter Studiengänge aus Leipzig, Dresden, Berlin, München, Stuttgart, Karlsruhe, Hannover, Kempten und Wien vorstellen konnten. Dem gegenüber standen Job- und Praktikumsangebote vieler anwesender Unternehmen. Beide Seiten nutzten die Gelegenheit zum aktiven Networken intensiv.

Winfried Batzke (hier mit Kunststoffrecycling-Experte Dirk Textor, rechts) geht nach 22 Jahren im dvi in den Ruhestand. (Bild: dvi, Sabine Felber)

Ein Jubiläum – ein Abschied – viele Wiedersehen

Unternehmen der gesamten Wertschöpfungskette: Handel, Marken, Maschinenbau, Forschung, Start-ups plus studierender Nachwuchs finden in Dresden eine Sprache. Das dvi feiert sein 35-jähriges Jubiläum, und gleichzeitig nimmt Winfried Batzke nach 22 Jahren im dvi Abschied und geht in den Ruhestand.

Es ist darauf Verlass, immer wieder viele vertraute Gesichter zu sehen. Man kennt sich oder lernt sich schnell kennen, hört einander zu und kann aufeinander zählen. Bemerkenswert die Ehrlichkeit beim Austausch. Es gibt noch eine Vielzahl ungeklärter Fragen, und keiner reklamiert für sich die eine perfekte Lösung in der Tasche zu haben. Gerade deshalb war der Austausch so wertvoll. „Impulse statt Patentrezepte“. Die Branche schafft das nur gemeinsam.