Den Mittelstand nicht aus den Augen verlieren

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Unternehmen hoffen, dass die Produktion bald schrittweise wieder hochgefahren werden kann. (Bild: Euroexpo)

Die Corona-Krise hat die Wirtschaft hart getroffen. Unternehmen und Branchenverbände hoffen jetzt auf eine vorsichtige Lockerung der Restriktionen und damit auf das schrittweise Hochfahren der Produktion.

Wir haben zur aktuellen Krisenlage einige Stimmen aus den Verbänden der Verpackungsbranche zusammengetragen.

(Bild: VDMA)

Richard Clemens, Geschäftsführer VDMA Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen

Das Corona-Virus ist eine ganz besondere Herausforderung für die Wirtschaft, insbesondere für die Hersteller von Verpackungsmaschinen, die international nicht nur gut vernetzt, sondern in der Welt zu Hause sind. Natürlich steht derzeit die Gesundheit der Mitarbeiter und Kunden im Vordergrund. Wo immer es möglich ist, wird im Homeoffice gearbeitet. In der Produktion wurde auf Zweischichtbetrieb gewechselt, um die Mitarbeiter zu schützen. Die Störungen in den Lieferketten, insbesondere aus den europäischen Nachbarländern haben zugenommen. Es fällt den Unternehmen schwer, alternative Lieferanten zu finden. Der Service beim Kunden, ein wichtiges Standbein vieler Hersteller, ist nur sehr eingeschränkt möglich. Abnahmen fertiggestellter Verpackungsmaschinen verzögern sich, ebenso die Realisierung von Projekten. Die Auftragsbücher sind noch nicht bis Ende des Jahres gefüllt, Vertriebstätigkeiten und der Dialog mit Kunden erweisen sich als schwierig. Es ist sicherlich ein Stresstest für unsere Mitglieder; insgesamt wird die Produktion von den Herstellern von Verpackungsmaschinen aber am Laufen gehalten. Die Politik hat mit einer Vielzahl von Maßnahmen, die der VDMA begrüßt, reagiert. Jetzt heißt es, diese umzusetzen und den Mittelstand nicht aus den Augen zu verlieren.

 

(Bild: FKN)

Michael Kleene, Geschäftsführer Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e. V. (FKN)

Die Produktion in unseren Mitgliedsunternehmen läuft weitgehend reibungslos. Getränkekartons für den deutschen Markt werden fast ausschließlich in Deutschland oder im europäischen Ausland hergestellt. Dies gilt auch für die dabei verwendeten Rohstoffe. Als Unternehmen, die Materialien im Lebensmittelkontakt herstellen, gelten in unseren Verpackungswerken ohnehin strengste Sicherheits- und Gesundheitsstandards, die durch spezielle Maßnahmen zur Vermeidung einer Covid-19-Kontamination ergänzt wurden. Wie alle Menschen und Unternehmen hoffen wir, dass wir möglichst bald wieder zu einem normalen Leben und geregelten Geschäftsabläufen zurückkehren können.

 

(Bild: Pro Carton)

Horst Bittermann, Präsident der europäischen Vereinigung der Kartonindustrie Pro Carton

Die Welt steht vor einer der größten Herausforderungen. Jetzt ist es an der Zeit, an einem Strang zu ziehen, sich gegenseitig zu unterstützen und sich an die Leitlinien unserer Regierungen und Gesundheitsdienste zu halten. Die Kartonindustrie unternimmt alles, um den Fluss wichtiger Güter, insbesondere Verpackungen für Lebensmittel, Pharmazeutika und Hygieneprodukte, aufrechtzuerhalten. Derzeit sind alle europäischen Kartonfabriken voll ausgelastet. Ein großes Dankeschön geht an alle Mitarbeiter unserer Branche, die eine wichtige Arbeit leisten, um den enormen Anstieg in der Nachfrage zu bewältigen.

 

(Bild: VDW)

Dr. Oliver Wolfrum, Geschäftsführer des Verbandes der Wellpappen-Industrie (VDW)

Die Mitgliedsunternehmen unseres Verbandes sind in sehr unterschiedlicher Weise von der gegenwärtigen Situation betroffen. Während es Bereiche gibt, in denen die Auftragslage überdurchschnittlich gut ist, etwa bei Lebensmitteln, Pharmazie- und Medizinprodukte sowie im Onlinehandel, führt der Produktionsstopp in der Automobilindustrie bei Zulieferteilen zu spürbaren Rückgängen. Erste Zahlen für den März zeigen für die VDW-Mitglieder noch einen durchschnittlichen Zuwachs von gut vier Prozent beim arbeitstäglichen Absatz.

 

(Bild: GKV)

Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäfts­führer des Gesamtverbandes Kunststoffverarbeitende Industrie e. V. (GKV)

Wir wollen den Krisenmodus verlassen, sobald das vor dem Hintergrund des Gesundheitsschutzes möglich ist. Um dauerhaften Schaden von der mittelständischen Industrie infolge der Corona-Krise abzuwenden, müssen dem ersten Hilfspaket von Bund und Ländern, das insbesondere den Zugang zum Kurzarbeitergeld und zu Liquiditätshilfen für die Unternehmen erleichtert hat, jetzt kurzfristig weitere Hilfen in Form direkter Entlastungen der Unternehmen durch eine Senkung oder Streichung von Steuern, Abgaben oder Umlagen folgen.

 

(Bild: GDA)

Marius Baader, Geschäftsführer des Gesamtverbandes der Aluminiumindustrie (GDA)

50 Prozent der Unternehmen im Verpackungssektor berichten von steigenden Bestellungen und Abrufen, die andere Hälfte blickt auf eine stabile Nachfrage. Es kommt nun entscheidend darauf an, die Lieferketten in ihrer Gesamtheit zu erhalten. Ohne die Metallerzeugung, die Herstellung von Halbzeugen, das Recycling inklusive der Prozessschrotte funktionieren diese hoch relevanten Ketten nicht mehr. Wir begrüßen die schnelle Einführung der staatlichen Hilfsprogramme sehr. Darüber hinaus sind aber Fragen wie flexible Regelungen des Arbeitszeitgesetzes, Anpassungen von Fristen im Umwelt- und Energierecht und ungehinderter Güterverkehr in Europa für unsere Unternehmen aktuell ebenso überlebenswichtig.