Wie ist die Stimmung in der Branche?

(Bild: Pixel Shot/Shutterstock)

Die europäische Verpackungsbranche trifft sich wieder zur Fachpack in Nürnberg. Wir haben bei den Branchenverbänden einmal nachgefragt, wie sie die aktuelle wirtschaftliche Lage kurz vor der Nürnberger Fachmesse einschätzen, was ihre Mitgliedsunternehmen derzeit am meisten besorgt und ob es Lichtblicke für die Zukunft gibt.

(Bild: VDW)

Dr. Oliver Wolfrum, Geschäftsführer Verband der Wellpappen-Industrie e. V. (VDW)

„2023 musste die Wellpappenindustrie noch drastische Einbußen hinnehmen. Da Wellpappe als Transportverpackung Nummer eins zum Einsatz kommt, sind die Geschicke unsere Industrie entsprechend eng mit der Gesamtkonjunktur und dem Konsumklima verwoben. Für das Gesamtjahr 2024 hofft unsere Branche nun auf einen leichten Erholungsprozess.
Erhebliche Sorgen hingegen bereiten momentan die Preise für den wichtigsten Rohstoff Wellpappenrohpapier. Diese befinden sich seit März 2024 wieder im Aufwind. Ebenso steigen die Fracht- und Personalkosten. Bei letzteren besteht ein direkter Zusammenhang mit den zunehmend strengeren regulativen Auflagen. Hier benötigt die mittelständisch geprägte Branche mehr Fachpersonal, um mit immer neuen bürokratischen Auflagen mithalten zu können.“

 

(Bild: BDE)

Anja Siegesmund, Präsidentin Bundesverband der Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft BDE

„Die ganze Verpackungsbranche beschäftigt sich mit nachhaltigen Lösungen. Verpackungsgesetz, Ökodesign-Verordnung, PPWR – neue Regeln sorgen hier für einen Rahmen, der die Kreislaufwirtschaft pusht. Gut so! Denn genau darin liegt die Zukunft: im Design for Recycling. Vernünftige Regulatorik bringt Innovation via Wettbewerb und schafft Märkte. Wir brauchen diesen Schub. Mit mehr Kreislaufwirtschaft erreichen wir Klimaneutralität und sichern Europas Rohstoffe der Zukunft. Klar ist aber auch: Überlange Genehmigungszeiten und immer neue Berichtspflichten sind echte Bremsklötze. Aber kluge und beständige Regeln sind die Bedingungen für Investitionssicherheit und Innovationsdynamik, das wissen die Unternehmen. Also lösen wir die Bremsklötze und legen los. Zum Beispiel auf der Fachpack.“

 

(Bild: IPV)

Karsten Hunger, Geschäftsführer Industrieverband Papier- und Folienverpackung e. V. (IPV)

„Unsere Unternehmen haben es nicht leicht durch die Bürden, die EU-seitig und durch die deutsche Politik auferlegt werden. Hinzu kommt die allgemeine Konjunkturschwäche in Deutschland. Die überbordende Bürokratie bremst zudem jeden möglichen Wachstumsimpuls unmittelbar. Deutschland ist überreguliert! Bonpflicht, Mehrwegangebotspflicht, Einwegkunststofffondsabgabe … wirtschaftsfreundlich ist das nicht. Wird nicht zeitnah mit einer wirklichen Entbürokratisierung gegengesteuert, werden mittelfristig kleine und mittelständische Unternehmen und damit deren Arbeitsplätze komplett aus Deutschland verschwinden. Bei aller Sorge sind die IPV-Mitglieder optimistisch, durch den weiterhin starken Trend zu leichten und gut recycelbaren Verpackungen zumindest seitens ihrer Produkte richtig aufgestellt zu sein.“

 

(Bild: BV Glas)

Dr. Johann Overath, Hauptgeschäftsführer Bundesverband Glasindustrie (BV Glas)

„Die wirtschaftliche Lage der Behälterglasindustrie ist derzeit nicht gut. Ein Grund ist sicherlich die Inflation in Deutschland, die den Nebeneffekt hatte, dass Verbraucher häufiger zu etwas günstigeren, nicht in Glas verpackten Produkten, griffen. Laut ifo Institut zeichnet sich im 2. Quartal 2024 ein Aufschwung ab. Wir gehen daher kurz- bis mittelfristig von einer Markterholung aus.
Der Blick in Gegenwart und Zukunft ist auf die Dekarbonisierung bis zum Jahr 2045 gerichtet. Der BV Glas hat bereits eine Roadmap zu Erreichung der Klimaneutralität aufgestellt. Einigkeit besteht darüber, dass die Mega-Aufgabe nur durch die entsprechenden klima- und energiepolitischen Rahmenbedingungen erfüllt werden kann.“

 

(Bild: VDMA)

Richard Clemens, Geschäftsführer VDMA Fachverband Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen

„Im Jahr 2023 ist der Auftragseingang eher verhalten geblieben. Einer der Gründe war die Diskussion um die neue EU-Verpackungsverordnung, die zu einer Verunsicherung und Zurückhaltung der Kundenbranchen führte. Im 1. Halbjahr 2024 liegt der Auftragseingang bei Verpackungsmaschinen über dem Vorjahresniveau. Laut VDMA-Konjunkturumfrage vom Juli  wird die Nachfrage aus den Märkten von über 50 Prozent der Verpackungsmaschinenhersteller mit gut bis sehr gut bewertet. Größte Herausforderung für die Branchenunternehmen sind aber die zunehmenden Regulierungen. So belasten bei der EU-Verpackungsverordnung handwerkliche Fehler und realitätsfremde Vorgaben den Maschinenbau.“