Wenige Themen beschäftigen die Branche aktuell wohl so sehr wie die geplante Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Am heutigen Mittwoch (24. April) kam das Parlament in Brüssel zusammen und hat die PPWR mit 476 zu 129 Stimmen bei 24 Enthaltungen angenommen.
Bereits vor der finalen Abstimmung über das Trilogergebnis zur Reform der EU-Verpackung- und Verpackungsabfall-Verordnung meldete sich Schattenberichterstatterin der S&D-Fraktion für die Verpackungsregeln und umweltpolitische Sprecherin der Europa-SPD Delara Burkhardt zu Wort:
„Die reformierten Verpackungsregeln sind gute Neuigkeiten für ein nachhaltigeres Europa. Die neuen Regeln sorgen für weniger Müll, mehr Umweltschutz und stärkere Verbraucher-Rechte. Die Reform der Verpackungsregeln wir Verbraucher spürbare Verbesserungen im Alltag bringen. Durch die neuen Vorschriften zur Reduktion des Verpackungsmaterials werden die Mülltonnen zu Hause nicht mehr so schnell überquellen. Mit klareren Hinweisen auf den Verpackungen vereinfachen wir die richtige Mülltrennung. Neue Grenzwerte für gesundheitsschädliche PFAS-Ewigkeitschemikalien in Lebensmittelverpackungen werden den Gesundheitsschutz erhöhen.“
Die vorläufige Einigung mit dem Rat umfasst nicht nur Zielvorgaben für die Verpackungsreduzierung (5 Prozent bis 2030, 10 Prozent bis 2035 und 15 Prozent bis 2040), sie verpflichtet auch die EU-Staaten, für weniger Verpackungsmüll aus Kunststoff zu sorgen. Damit weniger unnötige Verpackungen entstehen, gilt für Umverpackungen, Transportverpackungen und Verpackungen für den elektronischen Handel künftig, dass der Leerraumanteil höchstens 50 Prozent betragen darf. Hersteller und Importeure müssen außerdem für leichtere Verpackungen mit weniger Volumen sorgen.
“Der PPWR stellt eine große Chance dar, den Abfall- und Ressourcenverbrauch von Verpackungen zu minimieren und gleichzeitig deren Kreislauffähigkeit zu erhöhen, sowohl durch tatsächliches Recycling als auch durch den verstärkten Einsatz von recycelten Kunststoffen.”
Jakob Mosser, Vorsitzender von Flexible Packaging Europe
Änderungen bei Einwegkunststoffverpackungen
Ab dem 1. Januar 2030 werden bestimmte Einwegverpackungen aus Kunststoff verboten, z. B. Verpackungen für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse, Verpackungen für Lebensmittel und Getränke, die in Cafés und Restaurants zum Verzehr angeboten bzw. ausgeschenkt werden, Einzelportionen (z. B. Gewürze, Soßen, Sahne, Zucker), kleine Einwegkunststoffverpackungen für Toilettenartikel in Hotels und sehr leichte Kunststofftragetaschen (mit einer Wandstärke unter 15 Mikron). Im Sinne des Gesundheitsschutzes ist es künftig verboten, bestimmte Grenzwerte überschreitende sogenannte Ewigkeitschemikalien (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen, kurz: PFAS) in Verpackungen zu verwenden, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen.
Bei Verpackungen alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke (mit Ausnahme von Milch, Wein, aromatisiertem Wein, Spirituosen o. Ä.), Transport- und Verkaufsverpackungen sowie Umverpackungen sind besondere Ziele für die Wiederverwendung bis 2030 vorgesehen. Unter bestimmten Bedingungen können die Mitgliedstaaten eine fünfjährige Ausnahme von diesen Anforderungen erlauben. Endvertreiber von Getränken und von Speisen zum Mitnehmen müssen es Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglichen, eigene Behälter zu verwenden. Außerdem müssen sie sich bemühen, bis 2030 10 Prozent ihrer Produkte in wiederverwendbaren Verpackungen anzubieten.
Recyclingfähigkeit im Blick
Nach den neuen Vorschriften müssen alle Verpackungen (außer Verpackungen aus Leichtholz, Kork, Textilien, Gummi, Keramik, Porzellan und Wachs) strengen Anforderungen an die Recyclingfähigkeit genügen. Es werden auch Mindestziele für den Rezyklatanteil von Kunststoffverpackungen und Mindestziele für das Recycling von Verpackungsabfällen nach Gewichtsprozent vorgegeben. Bis 2029 müssen 90 Prozent aller Einweggetränkebehälter aus Kunststoff und Metall (mit bis zu drei Litern Inhalt) getrennt gesammelt werden (im Rahmen von Pfandsystemen oder mithilfe anderer Verfahren, die dafür sorgen, dass dieses Ziel erreicht wird).
“Erstmals führt die EU in einem Umweltgesetz Ziele zur Reduzierung von Verpackungen ein, und das unabhängig vom verwendeten Material. Die neuen Regelungen unterstützen Innovationen und sehen auch Ausnahmen für Kleinstunternehmen vor. Dass Chemikalien in Lebensmittelverpackungen nun komplett verboten werden, ist ein riesiger Erfolg für die Gesundheit der europäischen Verbraucher. Jetzt fordern wir alle Industriebranchen, die EU-Staaten und die Verbraucher auf, sich am Kampf gegen unnötige Verpackungen zu beteiligen.”
Frédérique Ries, Berichterstatterin (Renew, Belgien)
Bevor die Vereinbarung in Kraft treten kann, muss auch der Rat sie förmlich billigen. Jakob Mosser kommentiert den weiteren Weg:
“Die Industrie für flexible Verpackungen freut sich nun auf die nächsten Schritte im Genehmigungsprozess. Nach der Veröffentlichung des PPWR beginnt die wichtige Phase der sekundären Gesetzgebung, und die Industrie drängt auf eine rechtzeitige Verabschiedung der detaillierten Vorschriften zu allen Nachhaltigkeitsanforderungen. Die FPE und ihre Mitglieder freuen sich darauf, unser Fachwissen auch weiterhin mit den politischen Entscheidungsträgern zu teilen und sie dabei zu unterstützen, eine ehrgeizige und durchsetzbare Verpackungsgesetzgebung zu erreichen, die eine ressourceneffiziente Gesellschaft unterstützt.”
Die Verhandlungsvereinbarung, die nun vom Europäischen Parlament gebilligt wurde, brachte wesentliche Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission, insbesondere in Bezug auf die Beschränkung der Verpackungsformate im HORECA-Sektor und die Ziele für die Wiederverwendung zum Mitnehmen.
“Wir begrüßen das Votum des Europäischen Parlaments, diese wichtige Umweltgesetzgebung voranzutreiben. Die Verordnung enthält ehrgeizige und verbindliche Zielvorgaben für die Wiederverwertbarkeit und das Recycling in der Industrie. Wir sind bestrebt, unseren Kunden innovative und vollständig recycelbare Verpackungslösungen anzubieten. Wir freuen uns, dass die heute vom Europäischen Parlament verabschiedete Verordnung das Prinzip der besten Umweltbilanz respektiert, indem sie die Verwendung von erneuerbaren und recycelbaren Einwegverpackungen auf Papierbasis im HORECA-Sektor erlaubt.”
Charles Héaulmé, Präsident und CEO von Huhtamaki
Mit den Inhalten der Verordnung beschäftigt sich auch interseroh+. Im Webinar mit packaging journal sprachen Geschäftsführer Frank Kurrat, Head of Legal & Regulatory Affairs Dr. Jan Hendrik Kempkes, Head of “Made for Recycling” Julian Thielen und Head of Sales EPR Solutions Felix Mynarek über den aktuellen Stand der Dinge, insbesondere was die neuen Anforderungen an die Recyclingfähigkeit von Verpackungen und den Rezyklateinsatz betrifft.
Quelle: Europäische Parlament Fraktion der S&D, Flexible Packaging Europe, Europäisches Parmalent