Das Jülicher Familienunternehmen Gissler & Pass ist Spezialist für individuelle, kreative Verpackungs- und Displaylösungen aus Wellpappe. Bis heute macht der Geschäftsbereich der verkaufsfördernden Verpackungen den größten Umsatzanteil aus. Oberstes Ziel ist es, dass die Kunden mit ihren Produkten am hartumkämpften PoS erfolgreich sind.
Thomas Gissler-Weber führt heute in vierter Generation ein Unternehmen, das beinahe so lange existiert wie die Wellpappe selbst. 1882, nur wenige Jahre nach der Erfindung des neuen Werkstoffs, hatte sein Urgroßvater Hermann Gissler gemeinsam mit seinem Cousin Carl Wilhelm Pass ein Papierveredelungsunternehmen gegründet. Großvater Walther Gissler erkannte das Zukunftspotenzial der Wellpappe und kaufte 1924 den Jülicher Wellpappenbetrieb der Engländer Thompson & Norris. Auf dem europäischen Festland wurde Gissler & Pass damit zu einem Pionier der Wellpappenherstellung.
Starkes Zusammengehörigkeitsgefühl
Den Großvater hat Thomas Gissler-Weber nicht mehr kennengelernt. Aber sein Vater, Dr. Richard Gissler-Weber, berichtete ihm bereits als Kind von den goldenen Zeiten des Aufbaus, die durch die völlige Zerstörung im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges zunichte gemacht wurden. Der Großvater fand Mut und Kraft zum Wiederaufbau – und er tat das vor allem für die Mitarbeiter. Walther Gissler verkaufte Grundstücke, um Getreide für seine Beschäftigten zu kaufen. Sie dankten es mit ihrer Arbeitskraft und halfen, die Fabrik Stein für Stein wieder aufzubauen. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl und die Verantwortung füreinander haben bis heute gehalten.
1949 lief die Fertigung bei Gissler & Pass wieder an. 1954 stieg mit Dr. Richard Gissler-Weber die dritte Generation in den Familienbetrieb ein. Sein erster Plan war die Schaffung eines Zweigwerks. Die Suche von Dr. Richard Gissler-Weber nach einem geeigneten Produktionsstandort für die Belieferung von Kunden aus dem Norddeutschen Raum endete 1960 in Rodenberg. Geleitet durch Industrieangebote und Arbeitskräftebewertungen galt diese Gemeinde seinerzeit als optimaler Standort für ein Zweigwerk des Jülicher Wellpappenunternehmens. Die 1961 fertig gestellte Produktionshalle maß damals stolze 115 x 35 Meter und umfasste neben kleineren Maschinen für die Wellpappenverarbeitung als Herzstück die 87 Meter lange Wellpappenanlage.
Werbewirksame Verpackungen
Thomas Gissler-Weber ist seinen Vorvätern noch heute für die Wahl des Standortes Jülich dankbar: „Auch heute beweist sich die Gründung unserer Firma im Städtedreieck Köln, Aachen, Düsseldorf – den am dichtesten besiedelten Ballungsraum Deutschlands – als industriell und logistisch vorteilhaft. Mit einem Lieferradius von 500 bis 800 Kilometern erreichen wir alle Branchen und die Entscheidungszentralen vieler europäischer Konsumgüterhersteller.“
Die bis heute gültige Ausrichtung des Unternehmens, individuelle Problemlösungen für seine Kunden zu bieten, die den Anforderungen von morgen gerecht werden, stand im Grunde seit dem frühen Moment fest, als die Möglichkeiten des großartigen Materials Wellpappe für maßgeschneiderte Verpackungslösungen erkannt wurden.
So war 1963 die Übernahme der Dürener Druck und Verpackungsgesellschaft DDV und damit die Erweiterung des Fertigungsprogramms um den Bereich der offsetkaschierten Verpackungen ein wesentliches Beispiel für diese Ausrichtung. „Von dem Moment an waren wir im Bereich der Markenartikel und im Umfeld von Marketing und werbewirksamen Verpackungen zu Hause. Der Schritt hat uns mit renommierten regionalen und nationalen Markenartikelherstellern und starken Handelsmarkenproduzenten der Brachen Süßwaren, Consumer Electronics, Kosmetik und Chemie zusammengebracht.”
Bis heute macht der Geschäftsbereich der verkaufsfördernden Verpackungen den größten Umsatzanteil aus: 75 % des Umsatzes erzielt Gissler & Pass mit marketingorientierten Verpackungen, die eine weiße Außendecke haben, 60 % der Produkte sind mit drei- und mehr Farben bedruckt. Ein Viertel des Umsatzes entstammt dem Displaygeschäft. 1970 begann der Bau des Werks Lorsbeck. Ziel war es, die Wellpappenproduktion aus Jülich dort hin zu verlegen und die Dürener Druck und Verpackungsgesellschaft DDV in die Fabrik nach Jülich zu holen. Ein Jahr später besaß Gissler & Pass die modernste und größte Wellpappenanlage der Welt.
Mit Entwicklungen Trends setzen
Die Verpackungsentwickler bei Gissler & Pass begannen bereits 1984 mit CAD-Programmen zu arbeiten. Heute sind an den beiden Standorten der Firma, in Jülich und in Rodenberg (bei Hannover), zahlreiche Verpackungsentwickler tätig. In der Entwurfphase werden Alternativen durch alle Optimierungsstufen elektronisch geplant und berechnet. Jedes Muster wird digital entwickelt, exakt geplottet und entspricht in Design und Funktion der späteren Serie.
Durch modernes technisches Equipment können maßgeschneiderte Verpackungs- und Displaylösungen in allen gängigen Druckverfahren produziert werden. Nicht selten kommt am Ende des Entwicklungs- und Designprozesses eine prämierte Lösung heraus: So erhielt ein modulares Verpackungssystem, das für den Kochgeschirrhersteller Fissler entwickelt wurde, den Deutschen Verpackungspreis 2012 und zudem auch noch den German Design Award 2014 für besondere Designqualität.
„Natürlich beachten wir die Trends unserer Branche. Aber viel wichtiger ist uns, selbst Trends zu setzen. Und häufig entwickeln wir Lösungen, die unsere Kunden erst später einsetzen. Aber schon einige Male haben sich daraus Trends entwickelt“, betont Thomas Gissler-Weber.
So habe man beispielsweise an beiden Unternehmensstandorten eine Multiflute-Wellpappenanlage angeschafft, um Verpackungen aus feinen Wellen oder ungewöhnliche Papier- und Wellenkombinationen, etwa C/F- oder E/F-Welle herzustellen oder bereits 1999 als erstes Unternehmen in Europa Produkte in G- und F-Welle im Offsetdirektdruck präsentiert.
Erweitertes Leistungsportfolio
Zur Jahrtausendwende erweitert der Wellpappenspezialist erneut sein Leistungsportfolio: in Jülich-Kirchberg wird eine Betriebsstätte für Displaybau und Co-Packing eingeweiht. 2007 nimmt das Werk Jülich eine neue Anlage für die Kaschierung von Doppelwellpappe im Großformat mit einer Arbeitsbreite von 1.620 x 1.620 mm in Betrieb.
Ein Jahr später wird am Hauptsitz die neue zentrale Offsetdruckerei eingeweiht, die seither die beiden Kaschierbetriebe in Jülich und Rodenberg beliefert. Neben drei State-of- the-art-Druckmaschinen von MAN Roland (6er Format/1.000 x 1.410 mm und 7B Plus-Format/1.260 x 1.620 mm) verfügt sie über ein modernes Lager- und Logistikkonzept, ein automatisiertes Farblabor und eine zentrale Farbversorgung. Die Installation der zwei XXL-Druckmaschinen im 7B Plus-Format war seinerzeit einzigartig im europäischen Verpackungsdruck.
Die jüngste Neuentwicklung: An beiden Standorten produziert das Unternehmen eine weiße so genannte „Hygienewelle“, eine Neuentwicklung, die sich durch besondere Optik und Haptik auszeichnet. Gissler & Pass setzt dazu durchgebleichtes, weißes Kraftlinermaterial in den Deckenbahnen und der Welle ein. Das komplett altpapierfreie Material sei eine Alternative zu Vollkarton und ideal für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie geeignet. Die „Hygienewelle“ entspricht den Anforderungen der EG-Verordnung 1935/2004 (direkter Lebensmittelkontakt / Rückverfolgbarkeit) und der EU-Verordnung 2023/2006 (GMP bei der Herstellung). Der Spezialist hält derzeit insgesamt fünf Zertifizierungen (Qualitätsmanagement nach ISO 9001:2008, Umweltmanagement nach ISO 14001:2004, Hygienemanagement – GMPFEFCO Standard, Energiemanagement nach ISO 50001:2011, FSC – Forest Stewardship Council).
Enge Zusammenarbeit mit den Kunden
Die Kunden schätzen die Strukturen des mittelständischen Unternehmens. „Bei uns sind Entscheidungswege kurz und unabhängig, wir können uns auf individuelle Kundenwünsche einstellen. Durch die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden und am Markt bekommen wir schon früh mit, welche Anforderungen von Konsumenten- und Handelsseite gestellt werden und tragen dazu bei, diese zu erfüllen und entsprechende Lösungen anzubieten. Einmal gewonnene Kunden gehen uns in der Regel nicht mehr verloren. Wir kümmern uns um Verpackung, Druck und Logistik und investieren, wenn wir es für nötig erachten, ohne für unsere Entscheidungen ein Headquarter in fernen Konzernzentralen nachfragen zu müssen.“
Neben Flexibilität und Reaktionsfähigkeit sei die exakte Lieferung zum exakten Zeitpunkt ein weiterer wichtiger Pluspunkt des Mittelständlers. Abgeleitet aus dem saisonalen Displaygeschäft hat sich dieser Just-in-time-Gedanke auf das gesamte Verpackungsgeschäft ausgeweitet.
Standorterweiterung Rodenberg
Die erste große Standorterweiterung in Rodenberg fand bereits im Jahr 2002 statt und ergab eine Verdopplung der ursprünglichen Produktionsfläche. Dies führte das Werk in neue Produktionsbereiche, sodass das Werk nach gut zehn Jahren wieder an der Kapazitätsgrenze angelangt war. Ein neues, umfassendes Investitionsprogramm für den Standort wurde beschlossen, um Effizienz zu steigern, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen und die Leistungsfähigkeit langfristig zu sichern.
Ziel dieser etwa 15 Mio. € umfassenden Investition ist der Ausbau des Werkes Rodenberg zu einem Kompetenzzentrum für Just-in-time-Produktion hochwertiger, mehrfarbig flexo- und offsetbedruckter Verpackungen und Displays. Das Projekt startete im September 2013. Inzwischen stehen der große Erweiterungsbau und die moderne Gebäude- und Produktionstechnik. Mit diesem Investitionsprogramm wird das Werk Rodenberg mit seinen Möglichkeiten in Technik, Produktivität und Logistik zu den führenden Werken im Bereich der Just-in-Time-Belieferungen gehören. Parallel hierzu wird auch das Werk Lorsbeck in Jülich erweitert und maschinell aufgerüstet. Fertigungsprogramm, Maschinenpark und Ausstattung sind an den beiden Standorten identisch.
Gut gerüstet in die Zukunft
Wie in anderen produzierenden Betrieben schreitet auch in der Wellpappenindustrie die Automatisierung voran und stellt größere Herausforderungen an das Personal. Es wird immer bedeutender, hoch qualifiziertes Personal im eigenen Unternehmen auszubilden, zu fördern und weiterzuentwickeln. Gissler & Pass begegnet dieser Herausforderung durch die Ausbildung engagierter, junger Menschen in den Bereichen Industriekaufmann/-frau, Packmitteltechnologe/in und Medientechnologe/in Druck sowie durch strukturierte Weiterbildungsmöglichkeiten.
Gissler & Pass beschäftigt heute rund 470 Mitarbeiter, viele arbeiten bereits in der zweiten oder dritten Generation im Unternehmen. „Wir sind nicht nur ein Unternehmen unserer Familie, sondern unser Unternehmen ist eine Familie“, sagt der Firmenchef. Die Fluktuation im Unternehmen sei sehr gering, was wiederum ein hohes Maß an Betreuungskonstanz für die Kunden bedeute.