Im April 2020 verstarb unerwartet Len Lauer, CEO und Vorstandvorsitzender von Memjet, im Alter von 62 Jahren in seinem Haus in La Jolla, Kalifornien. Er leitete das auf Digitaldrucklösungen spezialisierte Unternehmen seit 2010. Seine Nachfolge hat Sunil Gupta angetreten, der neue CEO ist bereits seit 2019 im Vorstand des Unternehmens. Ein Gespräch über Umbruchzeiten.
packaging journal: Memjet hat eine schwere Zeit erlebt. Wie ist es Ihnen und dem Unternehmen in den vergangenen beiden Monaten ergangen?
Sunil Gupta: Mit dem Tod von Len Lauer im April haben wir bei Memjet nicht nur einen Freund und Mentor, sondern auch eine herausragende Führungspersönlichkeit verloren. Für die weltweit 400 Mitarbeiter war das eine sehr traurige Zeit. Dazu kam, dass wir aufgrund des Lockdowns nur virtuell gemeinsam trauern konnten. Ich kannte Len schon lange und hatte das Privileg, an seiner Seite zu arbeiten, bevor ich 2019 Vorstandsmitglied bei Memjet wurde. Mit den Mitarbeitern, der Fertigung und der Firmenkultur, die er als CEO aufgebaut und geprägt hatte, können wir Memjet zielstrebig weiterführen. Und das hätte er auch gewollt.
Während ich in meine neue Rolle hineinwachse, erhalte ich große Unterstützung von unserer Belegschaft und dafür bin ich jedem einzelnen dankbar. Ich empfinde es als Ehre und Privileg, die Rolle des CEO zu übernehmen, und weiß das Vertrauen des Vorstands sehr zu schätzen.
packaging journal: Wo waren Sie im Lauf Ihrer Karriere beschäftigt?
Sunil Gupta: Ich bin seit 40 Jahren in der Druckbranche tätig. Und genau wie die Branche hat sich auch meine Arbeit weiterentwickelt. Von 2016 bis 2018 war ich Geschäftsführer von Fuji Xerox Australia, der größten Vertriebsgesellschaft von Fuji Xerox. In dieser Zeit war ich außerdem Vorstandsmitglied bei Fuji Xerox Australia. Zuvor war ich Geschäftsführer von Fuji Xerox Asia Pacific in Malaysia, und davor zehn Jahre lang President und CEO von Xerox International Partners. Seit Januar 2019 bin ich Mitglied des Vorstands von Memjet. Mein Ziel ist, mit dem vollen Vertrauen des Vorstands und des leitenden Führungsteams von Memjet an Len Lauers Entschlossenheit, Teamgeist und Engagement anzuknüpfen.
Wie sich die Corona-Pandemie auswirkt
packaging journal: Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf Memjet?
Sunil Gupta: Im Laufe der Jahre hat Memjet viel in die koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Niederlassungen sowie den weltweiten Produktions- und Lagerstätten investiert. So ist gewährleistet, dass unsere OEM-Partner jederzeit Zugang zu den benötigten Technologien, Komponenten und Supportleistungen haben.
Als immer mehr Länder weltweit gezwungen waren, in den Lockdown zu treten, haben wir die Entwicklung der Memjet Cloud Services vorangetrieben. Über sie können wir unsere Kunden von der Ferne aus bei Installationen, Schulungen und der Fehlerdiagnose unterstützen. Diesen cloudbasierten Service nutzen wir sogar für den Support bei der Installation großer und komplexer Drucklösungen. Es handelt sich um ein umfassendes Programm, das den Kunden eine höhere Produktivität und bessere Verfügbarkeit garantiert und darum auch künftig eine wichtige Rolle spielen wird.
packaging journal: Wie haben Ihre OEM-Partner auf die Pandemie reagiert?
Sunil Gupta: Wie bereits angedeutet, arbeiten unsere globalen Teams eng mit den OEM-Partnern zusammen, um die fristgerechte Auslieferung von Drucklösungen zu gewährleisten. Trotzdem hatte dieser noch nie dagewesene Lockdown erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung und Markteinführung bei Memjet und unseren Partnern. Wir hatten ursprünglich gehofft, im Frühjahr 2020 die Einführung mehrerer neuer Lösungen anzukündigen. Doch nun werden viele Lösungen mit dem Siegel Powered by Memjet erst in der zweiten Jahreshälfte oder zur drupa 2021 verfügbar sein.
In puncto Marketing haben wir für viele Partner eine Art Konjunkturpaket geschnürt. Wir unterstützen sie in den Bereichen Marketing und Vertrieb dahingehend, dass sie direkt reagieren können, so wie sich die Wirtschaftslage wieder erholt. Darüber hinaus planen wir für den Herbst eine Reihe von Veranstaltungen, auf denen wir neue Powered by Memjet-Lösungen vorstellen möchten. Ob virtuell und/oder vor Ort, wird sich zeigen.
Preisbewusste Lösungen gesucht
packaging journal: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Pandemie auf die Druckbranche auswirken?
Sunil Gupta: Die Pandemie ist ein unvorhergesehenes Ereignis mit ungewissem Ausgang. Es kursieren zwar verschiedene Prognosen, wie und wann sich die Branche erholt, doch die Gewissheit darüber fehlt.
Eines ist sicher: Die Pandemie verändert die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten und das hat unmittelbar Folgen für die Druckindustrie. Im Moment äußert sich das in einer schwachen Auftragslage, doch es zeigt sich auch, dass die Auswirkungen nicht überall gleich ausfallen. Während die Nachfrage nach Mailings vorübergehend zurückgegangen ist, sind die Anfragen für Etiketten und verpackten Lebens- und Arzneimitteln stark gestiegen.
Im Verpackungsdruck ist das Bild nicht ganz eindeutig. Zu Beginn der Pandemie gab es einen Rückgang, doch angesichts des raketenartigen Zuwachses im Onlinehandel während des Lockdowns und in der Zeit danach ist eine deutliche Erholung zu erwarten. In unsicheren Zeiten halten sich Druckereien mit hohen Investitionen in große Maschinen zurück. Stattdessen suchen sie nach preisbewussten Lösungen, die ihnen die erforderliche Geschwindigkeit, Qualität und Umweltfreundlichkeit bieten, um die neuen Marktchancen zu ergreifen. Mit der Drucktechnologie von Memjet haben OEM-Partner die Mittel an der Hand, um diese Lösungen zeitnah zu entwickeln.
packaging journal: Wie kann der Inkjetdruck Druckereien in der „neuen Normalität“ helfen?
Sunil Gupta: Die Technologie von Memjet (VersaPass, DuraLink und DuraFlex) ist heute kostengünstiger und bietet mehr Auflösung und Geschwindigkeit denn je. Darüber hinaus brauchen unsere OEM-Partner dank des modularen Aufbaus unserer Technologie weniger Zeit für die Entwicklung. So können sie ihre Drucklösungen schneller und kostengünstiger auf den Markt bringen. Das ist ein Faktor, der vor allem in einer Zeit der großen Ungewissheit ausschlaggebend ist.
Immer mehr OEM-Partner weltweit nutzen unsere Technologie und so darf sich die Branche auf eine neue Generation von Drucklösungen freuen, die den Herausforderungen der Pandemie gewachsen sind. Die Einstiegsbarriere von Lösungen mit dem Siegel Powered by Memjet ist geringer als bei teuren und komplexen Maschinen, dennoch produzieren sie hochwertige Drucke mit Auflösungen von bis zu 1600 dpi. Mit diesen erschwinglichen Inkjet-Lösungen können Druckereien ihr Angebot um Etiketten, Verpackungen und industrielle Druckprodukte erweitern.
Der Mensch entwickelt sich stets weiter und dasselbe gilt für die Technologie. Wir leben in einer Zeit der Umwälzungen, die für viele Menschen eine große Herausforderung darstellen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass fortschrittliche Technologien gepaart mit der Ausdauer des Menschen unserer Branche neue Chancen für eine Welt nach der Pandemie eröffnen werden.