Als sich Paul Kiefel 1945 mit Reparaturarbeiten aller Art selbstständig machte, legte er den Grundstein für eine sehr erfolgreiche unternehmerische Entwicklung: Durch stetige Neuausrichtung an den Kundenbedürfnissen zählt die KIEFEL GmbH heute international zu den Marktführern in den Bereichen Fügetechnik und Thermoformen – und erweitert derzeit erneut ihre Kompetenzen.
Das Geheimnis für das 75-jährige Wachstum von Kiefel scheint in der Unternehmens-DNA zu liegen: „Seit Beginn konnten wir unsere technologische Expertise kontinuierlich weiter ausbauen und dadurch in immer neue Geschäftsfelder vordringen“, blickt CEO Thomas Halletz auf die Entwicklung zurück. „Die erfolgsrelevanten Informationen wurden über die Jahre weitergegeben und neu hinzugewonnen.“
Von der Reparatur zu Konstruktion und Fertigung
Die Wurzeln des Unternehmens liegen in der Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit. Ingenieur Paul Kiefel krempelt die Ärmel hoch und macht sich selbstständig. Im beschaulichen Piding in Oberbayern startet er mit einer Reparaturwerkstatt für Fahrräder und beginnt mit der Konstruktion und Fertigung verschiedener landwirtschaftlicher Maschinen und Traktoren.
Basierend auf seinen Erfahrungen mit dem Hochfrequenzschweißen zum Fügen von Kunststoffen, kann er bereits wenige Jahre später die ersten Hochfrequenz-Schweißpressen entwickeln. Sie werden insbesondere zum Verschweißen von Produkten eingesetzt, von Kunstlederartikeln bis zu Schwimmmatratzen.
1955 markiert die Geburtsstunde von Kiefel am heutigen Standort. Mit dem Einstieg von Renolit in die neu gegründete Paul Kiefel GmbH wird die Betriebsstätte nach Freilassing verlagert und dort stetig ausgebaut.
Hochfrequenzschweißen und Thermoformen
In den 1960er-Jahren kommt Kiefels Maschinenbau-Expertise bereits in mehreren Bereichen zum Tragen: Das Hauptgeschäft liegt in Hochfrequenzschweißanlagen für die Fertigung von Türseitenverkleidungen von Autos, beispielsweise vom VW Käfer, aber auch für medizinische Produkte, wie Blut- und Infusionsbeutel. Zusätzlich eröffnen sich dem Unternehmen neue Perspektiven durch die Technologie des Thermoformens, dem Umformen von erhitzten Kunststofffolien. Kiefel beginnt mit dem Bau von Formmaschinen für Verpackungsteile, Blister und Kunststoffbecher.
Um im Verpackungsbereich dauerhaft Fuß zu fassen, präsentiert der Maschinenbauer bald darauf den weltweit ersten „Inline“-Thermoformautomat. Er ermöglicht das Heizen der Folie, Formen, Ausstanzen und Stapeln der gefertigten Verpackungsschalen in einer Linie. Damit wird der Grundstein für Kiefels heutige Bandstahlmaschinen, die erfolgreiche KMD-Baureihe, gelegt.
Spezialisierung und Umbruch
Der Erfolg führt 1972 zur Gründung einer eigenen Gesellschaft für den Thermoformsektor, die Betriebsstätte wird eine Straße weiter errichtet. Fortan werden die Technologien und deren Anwendungsfelder durch spezialisierte Teams mit Hochdruck vorangetrieben. Das Unternehmen fertigt nun auch einzelne Maschinen zum Formen von Kühlschrank-Innenbehältern, bis zu den 1990er-Jahren entwickelt sich der Automotive-Bereich zum umsatzstärksten Geschäftsfeld.
Ende der 1980er-Jahre wird Reinhardt Kiefel, der Sohn von Paul Kiefel, Geschäftsführer des Bereichs, bis sich die Familie 1992 ganz aus dem Unternehmen zurückzieht. Ein Jahr später fusionieren die getrennten Gesellschaften wieder zur Paul Kiefel GmbH, um Synergien besser nutzen zu können.
Erstarken des Verpackungsbereichs
Die folgenden Jahre sind wegweisend für den Durchbruch des Maschinenbauers im Verpackungsbereich: 1998 wird erfolgreich die KMD-Serie, die erste servomotorisch angetriebene Thermoformmaschine, auf dem Markt eingeführt. Sie ist die weltweit schnellste ihrer Art und erfreut sich bei den Kunden großer Beliebtheit, vor allem auch, weil sie zuverlässig sehr hohe Stückzahlen von Food- oder Non-Food-Verpackungen (z. B. Schalen, Klappboxen, Paletten, Deckel oder technische Anwendungen) produzieren kann.
Durch diese Innovation steigt Kiefel international zum Marktführer auf. Um das Produktprogramm abzurunden, entwickelt das Unternehmen eine eigene Serienanlage für die Herstellung von Bechern: Die KTR-Baureihe, die ebenfalls bis heute eine der erfolgreichsten am Markt ist und stetig weiterentwickelt wurde.
Expansion und Internationalisierung
2001 tritt Thomas Halletz als CEO in die Geschäftsführung von Kiefel ein. 2007 erwirbt die familiengeführte Brückner-Gruppe Kiefel und erweitert damit ihre Kompetenz im Maschinen- und Anlagenbau. Als Gruppenunternehmen setzt Kiefel in den darauffolgenden Jahren die Expansion fort und baut international weitere Niederlassungen, Vertretungen und Vertriebsbüros auf und aus, vor allem in den USA, China, Russland, Brasilien oder Indien. Das Ziel: Noch näher am Kunden sein, um optimalen Service bieten zu können.
Daneben erweitern Akquisitionen, z. B. von ehemaligen Partnern in Österreich und den Niederlanden, die Stellung am Markt. Mit dem gewonnenen Know-how in den Bereichen Automatisierung und Werkzeugbau bietet das Gesamtunternehmen seinen Kunden nun noch mehr Leistungen aus einer Hand.
Kontinuität und Wandel
Um an der Spitze zu bleiben, ist Anpassung an Kundenbedürfnisse der Schlüssel. Deshalb wurden die „guten Gene“ der Verpackungs-Erfolgsmaschinen KMD und KTR letztes Jahr an ihre Töchter weitergereicht und als 2.0-Version umfangreich verbessert: So können sowohl die KTR 5.2 als auch die KMD 64.2 und KMD 78.2 mit höherer Ausstoßleistung und Gesamtperformance punkten. Die Maschinen laufen zusätzlich noch stabiler, noch präziser und viel werkzeugschonender. Außerdem wurde die Bedienoberfläche überarbeitet und als „KMI 2.0“ für Benutzer deutlich intuitiver. Doch nichts ist stetiger als der Wandel.
„Wir wollen nicht nur in den bestehenden Bereichen wachsen und besser werden, sondern auch in neue zukunftsträchtige Märkte vordringen. Hierfür haben wir uns ehrgeizige Ziele in der Digitalisierung und Erweiterung unserer Materialverarbeitungskompetenz gesetzt.“ Thomas Halletz
Hinsichtlich der Digitalisierung betrachtet Kiefel stets sowohl die unternehmensinterne als auch die -externe Perspektive. Das Unternehmen selbst ist schon seit vielen Jahren dabei, Prozesse stärker zu digitalisieren – von der automatischen Materialbestellung bis zur Maschinenplanung ist dies bereits umgesetzt. An zahlreichen weiteren Projekten, wie an dem Aufbau einer App, mit der Einsätze von Servicetechnikern bei Kunden weltweit noch rascher organisiert werden können, wird gearbeitet.
Digitalisierung und neue Wege in der Krise
Doch auch kundenseitig bietet Kiefel bereits ein umfangreiches Paket an digitalen Möglichkeiten, die die Leistungsfähigkeit und Produktivität der Maschinen stärken. Gebündelt werden diese Produkte unter den Schlagworten Smart Services, Smart Machine und Smart Production. Unter Ersteres fällt beispielsweise das neue Kiefel Portal, über das Kunden unter anderem Ersatzteile für ihre Maschinen unkompliziert identifizieren und nachbestellen können. Aktuell wird zudem an Trainingsvideos für die einfache, selbstständige Wartung der Maschinen gearbeitet.
Unter Smart Machine und Smart Production fallen intelligente Lösungen, um die Maschinenbedienung zu erleichtern und den Produktionsbetrieb zu optimieren. Neben dem bereits erwähnten User Interface KMI 2.0 wird dies auch schon seit über zehn Jahren über das CAT-Bedienpanel forciert.
Der Ausbruch von COVID-19 hat die digitalen Bestrebungen noch beschleunigt. Die Maschinenabnahmen finden bereits seit Monaten in enger Abstimmung remote statt, mithilfe von Videoübertragungen, Mixed-Reality-Brillen und anderen virtuellen Hilfsmitteln. Als Ersatz für die entfallenen Events und Messen hat Kiefel innerhalb kürzester Zeit ein professionelles Studio eingerichtet, aus dem kostenlose Live-Webinare („Kiefel Dialogue Web Days“) für Kunden ausgestrahlt und auf YouTube veröffentlicht werden.
„Durch diese digitalen Möglichkeiten konnten wir unsere volle Handlungsfähigkeit in der Krise bewahren und sogar neue Kanäle erfolgreich für den Kundendialog erschließen“, resümiert Thomas Halletz.
Thermoformen mit Naturfasern – neue Materialkompetenz
Parallel zu den Digitalisierungsbestrebungen dringt Kiefel seit gut einem Jahr in ein neues Geschäftsfeld vor: in das Thermoformen von Naturfasern anstelle von Kunststoff.
„Mit dem Fiber Thermoforming erweitern wir unsere Materialverarbeitungskompetenz um ganz neue Werkstoffe. Wir können neben klassischem rezyklierbaren Kunststoff nicht nur wiederaufbereitete (wie rPET) oder biobasierte Materialien (wie PLA) verarbeiten, sondern auch faserbasierte. Ziel ist es, hoch qualitative Papierprodukte zu produzieren, die in Form und Toleranzen denen aus Kunststoff gleichen“, erläutert Thomas Halletz.
Bei der Entwicklung einer passenden Maschine zur Herstellung von Fiber-Produkten, der KFT 90 NATUREFORMER, profitierte Kiefel von seiner jahrzehntelangen Expertise im Kunststoff-Thermoformen hinsichtlich Werkzeugen und Automatisierungsgrad. Die ersten Maschinen stehen kurz vor der Auslieferung, etliche weitere sind bereits im Auftragsbestand.
Kiefel erweitert seinen Kundenkreis
Die Anwendungsmöglichkeiten für Fiber-Produkte sind vielfältig: von Lebensmittelbehältern und -verpackungen über medizinische Artikel, Inlays für Mobiltelefone und andere hochwertige elektronische Geräte, Pflanztöpfe bis hin zu Trinkbechern und deren Deckel. Dies erweitert auch den Kundenkreis von Kiefel. „So erreichen wir neben unseren bisherigen Kunden auch neue, wie zum Beispiel Papier-, Kartonagen- und Faltschachtelhersteller“, betont Halletz.
Die Auslöser für die Kompetenzerweiterung waren vielfältig: Neben dem beschädigten Image von Kunststoff verschärfen sich EU-weit die Regularien bei Einwegverpackungen, und Verbraucher fragen zunehmend nach biologisch abbaubaren Alternativen. Das veranlasst immer mehr Hersteller, ihre bisherigen Verpackungen zu überdenken. Kiefel ermöglicht heute, die passende Produktentwicklung und die entsprechende Produktionstechnologie bereitzustellen: unabhängig davon, für welches Material sich der Kunde entscheidet.
Im Fokus der stetige Wandel
Der Pioniergeist und die Wandlungsfähigkeit von Kiefel sowie die Fähigkeit, zur richtigen Zeit in zukunftsweisende Geschäftsfelder vorzudringen, sind bis heute erhalten geblieben. Um an das Beispiel der DNA anzuknüpfen: „Unsere Stärke sehen wir besonders in unseren Werten. Wir sind uns bei aller Anpassungsfähigkeit in dem wichtigsten Punkt seit jeher treu geblieben: Unser hoch qualifiziertes und fokussiertes Kiefel Team stellt den Kunden in den Mittelpunkt, liefert nicht nur Maschinen, sondern individuelle, wettbewerbsfähige Lösungen. Damit stehen wir als Technologiepartner entlang der Customer Journey beratend zur Seite“, schließt Thomas Halletz. „Auf diesem Wege können wir schnell auf Marktbedürfnisse reagieren und uns auch in Zukunft gemeinsam stetig weiterentwickeln.“