Die Pharmaindustrie ist noch immer zurückhaltend, wenn es um den Einsatz von recycelbaren, kreislauffähigen Materialien geht. Verbraucher erwarten allerdings heute auch von dieser Branche mehr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit. Wir haben bei Pharmaherstellern nachgefragt, inwiefern recycelbare Verpackungsmaterialien für sie überhaupt ein Thema sind.
Zunächst vorab: Die Hersteller von Pharmaverpackungen haben bereits zahlreiche kreislauffähige Lösungen für die Primär- und Sekundärverpackung von Medikamenten entwickelt. So sorgte im letzten Jahr ein recycelbarer Papierblister, den Syntegon und Huhtamaki gemeinsam entwickelt haben, für Furore. Neopac wurde 2021 für eine recyclingfähige Monomaterial-Barriere-Tube in Pharmaqualität ausgezeichnet. Kartonverpackungshersteller Körber ist sich sicher, dass die Pharmaindustrie in einigen Jahren komplett auf Kunststoffverpackungen verzichten kann.
Und bei Faller Packaging heißt es, die Pharmaindustrie müsse mit umweltfreundlichen Verpackungskonzepten unterstützt werden, etwa durch den Einsatz von Papier und Kartonagen aus verantwortungsvoll betriebener Forstwirtschaft, die Entwicklung einfacherer Verpackungslösungen aus Monomaterialien und eine konsequent umgesetzte Recyclingfähigkeit der Faltschachteln, Etiketten und Packungsbeilagen. Auch Gerresheimer zeigt mit seiner EcoLine, wie man Verpackungslösungen für feste und flüssige Medikamente entwickeln kann, die von Anfang an nachhaltig konzipiert sind und zum Beispiel aus Monomaterial, rPET oder Bio-PET bestehen.
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Klimaschutz als zentrale Herausforderung
Umgesetzt werden die alternativen Lösungen von der Industrie bislang kaum. Es hat allerdings ein Umdenken eingesetzt. So sieht Pharmahersteller Pfizer, einer der weltweit größten Pharmakonzerne, den Klimaschutz als eine der zentralen Herausforderungen an, weshalb auch Umweltthemen und recycelbare Verpackungsmaterialien bereits weit oben auf der Agenda stehen.
Der Pfizer-Produktionsstandort in Freiburg gilt als die grüne Fabrik und Vorreiter in der umweltfreundlichen und nachhaltigen pharmazeutischen Produktion – von den Rohstoffen über die Herstellung und Verpackung bis zu Transportwegen und Logistik. Auf allen Stufen sei man bestrebt, nachhaltig zu wirtschaften und Ressourcen zu schonen, heißt es. Verpackungsmaterialien mit nachwachsendem Frischfasermaterial, etwa bei karton- oder papierbasierten Faltschachteln und Beipackzetteln, gehören schon lange dazu. Da, wo Verpackungen noch nicht komplett recycelbar umzusetzen sind, arbeite man an der Minimierung der nicht recycelbaren Materialmengen.
Monomaterialien setzt Pfizer bisher noch nicht ein. Immer wieder gebe es dazu interne Versuche, doch bisher hat es keine Monomaterialverpackung in die Routineproduktion geschafft. Die Ergebnisse genügten einfach den internen Qualitätsansprüchen nicht oder konnten keine ausreichenden Produktstabilitätsdaten vorweisen. Man arbeite aber weiter an diesem Thema, denn die Entwicklung von Monomaterialverpackungen sei ein wichtiger Aspekt zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks eines Medikaments.
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„Wir arbeiten kontinuierlich daran, den ökologischen Fußabdruck unserer Verpackungen während ihres gesamten Lebenszyklus zu reduzieren, auch in Zusammenarbeit mit Partnern über die Lieferkette hinweg“, heißt es in einer Stellungnahme. Zu diesem Zweck setze man funktionale Verpackungsmaterialien, -designs und -systeme ein und nutze innovative Ansätze, um den Einsatz von Materialien zu minimieren, den Einsatz von recycelten oder erneuerbaren Materialien zu maximieren, gefährliche Mengen an toxischen und anderen schädlichen Materialien wie Schwermetallen, PVC usw. zu vermeiden, Materialien aus zertifizierten, verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern zu beschaffen und die Anzahl der Produkte pro Verpackung zu optimieren.
Pfizer hat unter anderem eine globale Richtlinie für grünes Verpackungsdesign eingeführt, die bei der Neuentwicklung oder Änderung einer Verpackung die Verringerung ihrer Umweltauswirkungen fokussiert. Zudem soll ein neu gebildetes Team gemeinsam mit Produktmanagern und Verpackungsdesignern nachhaltige Verpackungen im gesamten Unternehmen fördern. Unterstützt wird außerdem eine Initiative zum Thema „e-labeling“. Diese hat zum Ziel, Patienten Beipackzettelinformationen statt in Papierform über QR-Codes auf den Packungen zur Verfügung zu stellen.
Selbstverpflichtungen für die nächsten Jahre
Johnson & Johnson konnte auf Nachfrage für die Sektoren Medical Devices und Pharma noch keine konkreten Beispiele für eine Weiterentwicklung der Nachhaltigkeit der Verpackungen nennen. Verschiedene spannende Projekte seien aber in der Testung.
Einen Schritt weiter ist das Unternehmen aber bereits in seinem Geschäftsbereich Consumer Health: Dort gibt es die Healthy Lives Mission im Bereich Verpackung, die unter anderem auch für die Marke Nicorette gilt. Johnson & Johnson verpflichtet sich darin zu 100 Prozent Recyclingfähigkeit, Wiederverwendbarkeit oder Kompostierbarkeit für alle Kunststoffverpackungen bis 2025 sowie 100 Prozent zertifizierte oder Post-Consumer(PCR)-Papier- und zellstoffbasierte Verpackung. Schon im Laufe dieses Jahres sollen Polystyrol- und schwarze Kunststoffbehälter aus dem globalen Consumer-Health-Portfolio ganz verschwinden. Bis 2030 will Johnson & Johnson insgesamt 800 Millionen Dollar in das Projekt Healthy Lives Mission investieren.
In Sachen Klimaschutz hat das Unternehmen ebenfalls aktuelle Ziele verkündet. Bis 2025 will man den kompletten Strombedarf aus erneuerbaren Quellen beziehen. Dazu wurden im Juli 2021 drei neue virtuelle Stromabnahmeverträge (VPPAs) abgeschlossen, die bereits bis 2023 das Äquivalent von 100 Prozent erneuerbarem Strom in Europa für Johnson-&-Johnson-Standorte, die operative Kontrolle haben, liefern sollen. Bis 2030 sollen dann alle Betriebe CO2-neutral sein. Das Unternehmen gehört auch zu den Unterzeichnern der von den Vereinten Nationen unterstützten Kampagne „Race to Zero“ mit der Ambition, bis 2045 in der gesamten Wertschöpfungskette Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
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Nach den Nachhaltigkeitszielen und möglichen recycelbaren Verpackungen für seine Pharmaprodukte haben wir auch Bayer Healthcare gefragt. Dort arbeitet man aktuell an entsprechenden Konzepten und wollte zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Details nennen. Vom deutschen Unternehmen Ratiopharm, Teil des israelischen Teva-Konzerns, bekamen wir leider keine Antwort.
Fazit: Die Pharmabranche ist noch sehr zurückhaltend, wenn es um die kreislauffähige Verpackung ihrer Produkte geht. Das Thema rückt aber zunehmend in den Fokus. Bei den Sekundärverpackungen sehen Fachleute sogar einen Trend zu kreislauffähigen Lösungen. Bis aber auch im Bereich der Primärverpackungen, also dort, wo Medikamente direkt eingepackt werden, recycelbare Monomaterialien eingesetzt werden, ist es wohl noch ein langer Weg.
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