Das Thema Verpackung rückt nun auch in der Biobranche stärker in den Fokus. Auf dem Nürnberger Messeduo Biofach und Vivaness standen kürzlich nicht nur Biolebensmittel und Naturkosmetikprodukte, sondern auch nachhaltige Verpackungen im Mittelpunkt.
Anders als noch vor einigen Jahren kommunizieren Hersteller jetzt den Einsatz umweltfreundlicher Materialien oder die Reduzierung von Verpackungsmaterial. Allerdings hielt nicht alles, was etwa auf dem Biofach-Neuheitenstand mit seinen über 600 neuen Produkten unter der Rubrik „Innovatives Verpackungskonzept“ vorgestellt wurde, einer genauen Betrachtung stand.
Einige Unternehmen verpacken allerdings schon seit Jahren nachhaltig – haben aber nie darüber geredet. So widmete Sonnentor, österreichischer Biohersteller von Kräutern, Tees und Gewürzen, erstmals einen Teil seiner Ausstellungsfläche ausschließlich dem Thema Verpackung. Dabei nutzt das Unternehmen schon seit 2008 Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen, rund 70 Prozent sind heute pflanzenbasiert, darunter Folien aus Holzfasern, Teebeutel aus Bananenfaser, Verpackungen aus Papier und Karton. Seit 2016 verstärkt zudem ein eigener Verpackungsmanager das Team.
Jetzt heißt der nächste Schritt Reduktion. Durch neue innovative Verpackungen will man Tausende Kilogramm Material einsparen. Aktuell hat Sonnentor in den Aromaschutzbeuteln für Tees Polypropylen durch eine Barriere aus zellulosebasierter Natureflex-Folie ersetzt. Durch den verbesserten Aromaschutz benötigen die Teeschachteln nun außen keine zusätzliche Folienhülle mehr. Durch den Einsatz von dünnerem Papier für die Aufgussbeutelhüllen wird außerdem der Papierverbrauch jährlich um 22.000 Kilogramm reduziert. Und bei den Streudosen aus Weißblech verzichtet man neuerdings auf die Sichtfenster aus PET, spart damit Müll und verbessert sogar den Produktschutz.
Erst 2019 dagegen wurden die Verpackungen der Körperpflegeprodukte der dänischen Naturkosmetikmarke Urtekram auf pflanzenbasierte Flaschen umgestellt, die aus Zuckerrohrabfällen (Bagasse) hergestellt werden. Einen anderen Weg beschreitet Logocos Naturkosmetik und verwendet jetzt für seine Marke Logona Flaschen aus 100 Prozent rPET mit Etiketten aus 50 Prozent rPET und 50 Prozent Industrieüberschüssen.
Papier liegt im Trend
Papier und Karton ersetzen zunehmend Kunststoff – in Form von Banderolen, Etiketten, Beuteln und Faltschachteln. Häufig kommt Graspapier zum Einsatz. Das angenehm duftende Papier mit einem Grasanteil von etwa 50 Prozent bietet sich durch Textur und Haptik besonders für die Verpackung von Bioprodukten an. Claro etwa verwendet Graskarton für seine Spülmaschinenreiniger, Naturkosmetikhersteller Sante bietet festes Shampoo in einer Graspapierfaltschachtel. Und auch Lebensmittelhersteller Bio-Zentrale nutzt eine Graskartonbox für seine neuen Lunch’n Go Gerichte. Box und innen liegende Folie wurden zudem mit dem „Made for Recycling“-Siegel für sehr gute Recyclingfähigkeit ausgezeichnet. Das Unternehmen war im letzten Jahr der erste Biohersteller, der das neue Interseroh-Recyclingsiegel verwenden durfte.
Papier ersetzt aber nicht nur Plastik, sondern reduziert auch den Materialeinsatz. Das Hamburger Start-up Terrorist of Beauty etwa entwickelt Blockseifen, die anstatt Shampoo, Duschgel und Gesichtsreiniger verwendet werden. Die plastik- und palmölfreien, veganen Blöcke werden nur mit bedruckten Kartonbanderolen versehen, die den Blick auf das Seifenstück freigeben.
Banderolen nutzt auch die niederländische Druckerei-Gruppe Optimum. Gemeinsam mit Bandall entwickelte sie Banderolen für Obst- und Gemüseschalen. Für eine Fluggesellschaft stellt das Unternehmen Banderolen für Decken her, die herkömmliche Plastikfolie überflüssig machen.
Geheime Rezepturen
Das Bremer Verpackungsunternehmen J. N. Lüning zeigte ein plastik- und giftstofffreies Antirutschpapier als Zwischenlage für palettisierte Güter. Die rutschhemmenden Papiere sind wiederverwertbar, recycelbar und lebensmittelgeeignet. Die Rezeptur für die umweltfreundliche Beschichtung ist eine Eigenentwicklung.
Auch Duria Global aus Düren beschichtet seine Papierverpackungen – mit einer biologisch abbaubaren pflanzlichen Emulsion, deren Rezeptur nicht verraten wird. Pasta und Müsli der Marke Naduria können daher jetzt in plastikfreie Papierbeutel verpackt werden, die Lebensmittel ebenso gut schützen sollen wie herkömmliche Verpackungen. Die Beutel werden mit umweltfreundlichen Farben bedruckt, kleberfrei versiegelt und sind mit dem Plastic-free-Siegel ausgezeichnet.
So wenig Verpackung wie nötig
Einsparungen beim Verpackungsmaterial sind durch größere Gebinde möglich. Sodasan hat etwa umgestellt auf Bag-in-Box und bietet jetzt Reiniger als 5-Liter-Einheit für zu Hause oder als 20-Liter-Gebinde für Großverbraucher bzw. als Unverpackt-Angebot. Ein 20-Liter-Gebinde soll beispielsweise 30 Einzelflaschen ersetzen und rund 90 Prozent Kunststoff einsparen helfen. Das Ergebnis sei aber nicht nur weniger Plastikmüll, sondern auch deutliche CO2-Einsparungen entlang der gesamten Logistikkette durch das geringere Verpackungsvolumen. Auch Benecos bietet ab dem Frühjahr Duschgele und Shampoos in Family-Size-Pumpspendern mit 950 Milliliter Inhalt an und will damit einen Beitrag zur Reduzierung von Verpackungsmüll leisten. Sparsam im Materialverbrauch ist auch das Konzept des jungen Unternehmens Green Bag: Fruchtsaftkonzentrat aus dem kleinen 200 Milliliter TetraPak wird zu Hause mit 800 Milliliter Wasser zu einem Liter Fruchtsaft gemischt.
Die wohl außergewöhnlichste Verpackung zeigte Uni Sapon: Sein fester Pflegebalsam für Leder, Holz, Naturstein oder auch trockene Haut wird in einer offenen Mehrwegverpackung aus Pilzmycel angeboten, die kompostiert werden kann.