Safety und Security sind heute zentrale Bestandteile aller Zukunftstechnologien. Mit beiden Begriffen ist Pilz, der Automatisierungsexperte mit Kernkompetenz Sicherheit, untrennbar verbunden.
Das Unternehmen stellt nicht nur sämtliche Aspekte von Sicherheit in den Fokus, sondern hinterfragt sie kontinuierlich und gestaltet so die Sicherheitstechnik von morgen. Als Hermann Pilz 1948 den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, stand die Entwicklung vom Glasapparatebau zur Elektronik aber noch in den Sternen.
Seit ihren Anfängen war Maschinenarbeit für den Menschen mit potenziellen Gefahren verbunden. Was fehlte, war die Sicherheit am und rund um den Arbeitsplatz, sprich die Maschine. Heute ergänzen sich Mensch und Maschine und arbeiten auf dem Weg in eine Industrie 4.0 zunehmend – und auch sicherer – Hand in Hand. Sicherheit spielt immer eine zentrale Rolle. Dabei gilt es, zwei Sicherheitsbegriffe zu unterscheiden: Den Schutz von Mensch und Umwelt vor Maschinen, wofür der englische Begriff „Safety“ steht, sowie der Schutz der Maschinen und Anlagen selbst samt ihrer Daten, also die „Security“. Deshalb flankiert das Thema Sicherheit heute schon jede Zukunftstechnologie.
Meilenstein der sicheren Automation
Die Industriegeschichte zur sicheren Automatisierung hat einen konkreten Startpunkt: In den Nachkriegsjahren im Schwäbischen nahe Stuttgart, wo Hermann Pilz 1948 mit einer Glasbläserei und der Fertigung von Quecksilberschaltgeräten den Grundstein für ein innovatives Familienunternehmen, im heutigen Ostfildern-Nellingen, legte: Mit Quecksilberschaltgeräten, die die Basis waren für die kommenden Industrieschaltgeräte.
Bereits an diesem Punkt der Firmenhistorie kommt sein Sohn Peter Pilz ins Spiel, dessen Pioniergeist die Metamorphose vom Glasapparatebau zur Elektronik entscheidend vorantreiben soll. Er übernimmt 1968 das Unternehmen und leitet sofort eine zielgerichtete Internationalisierung ein. Auch in den 1970er-Jahren ist Expansion das Maß der Dinge. So werden neben elektronischen Kontroll- und Überwachungsgeräten nun auch speicherprogrammierbare Steuerungssysteme hergestellt und vertrieben. Maßstäbe setzen die innovativen Schwaben auch durch die Normung elektronischer Bauteile.
Patentiertes Sicherheitsschaltgerät
Heute selbstverständlich, 1970 aber ein wichtiger technischer Durchbruch: das Zweihandrelais für Pressen. Mit ihm konnte der Bediener die Maschine nur bedienen, weil er zwingend beide Hände außerhalb des Gefahrenbereichs zur Bedienung einsetzen musste.
Das Relais gilt als Vorläufer für eine Erfindung, die seither überall auf der Welt Maschinen und Anlagen sicherer macht: 1987 brachte Pilz dann das erste Not-Aus-Schaltgerät PNOZ auf den Markt. Das Kürzel PNOZ, das weltweit zum Gattungsbegriff avancierte, steht für Pilz-Not-Aus-Zwangsgeführt. Das patentierte Sicherheitsschaltgerät stoppt Maschinen im Gefahrenfall zuverlässig und kontrolliert.
Auch aus der heutigen Perspektive wird es von vielen Automatisierern als „bahnbrechende Erfindung“ für automatisierte Fertigungsprozesse eingestuft und gilt praktisch weltweit als Synonym für Sicherheit. Mit diesem Geniestreich wird Pilz Erstanbieter auf dem Weltmarkt und innerhalb weniger Jahre europäischer Marktführer.
Botschafter der Sicherheit
Den großen Durchbruch kann die Unternehmerpersönlichkeit Peter Pilz nicht mehr erleben. 1975 kommt er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Doch seine Frau Renate setzt sein Lebenswerk konsequent fort und steigt als Vorsitzende des Beirats in das Unternehmen ein. 1995 übernimmt sie dann die Geschäftsleitung. Noch im selben Jahr kommt das weltweit erste programmierbare sichere Steuerungssystem auf den Markt, 1997 das weltweit erste sichere Bussystem.
„Sicherheit bietet den Schutz für das persönliche Wohl ebenso wie für jedes wirtschaftliche Unterfangen. Das gilt ganz besonders für die Automatisierung, weil hier jede Entwicklung immer auch neue Rahmenbedingungen schafft“, weiß Susanne Kunschert, die gemeinsam mit Bruder Thomas Pilz in dritter Generation die Geschäftsführung der Pilz GmbH & Co. KG in Ostfildern Anfang 2018 von ihrer Mutter Renate Pilz übernommen hat. (Bild: Pilz GmbH & Co. KG)
„Als Botschafter der Sicherheit hat Pilz das Ziel, die Sicherheit von Mensch und Maschine weltweit zu gewährleisten“, pointiert Susanne Kunschert die Aufgabe des „Experten für die sichere Automation“. Die Enkelin des Gründers und heutige geschäftsführende Gesellschafterin ist bereits seit 2002 im Unternehmen tätig und verantwortet die Bereiche Personal, Finanzen/Controlling, Vertrieb International, Produktmanagement, Marketing und Customer Support.
Aktuell ist das Unternehmen mit 42 Tochtergesellschaften weltweit vertreten, die Mitarbeiterzahl stieg von anfänglich 400 auf heute rund 2.400 Mitarbeiter insgesamt. 2017 generierte die Pilz Gruppe weltweit einen Umsatz von 338 Mio. Euro.
Von der Elektromechanik zur elektronischen Lösung
Das noch immer weltweit am häufigsten eingesetzte Sicherheitsschaltgerät in Maschinen nahm wie die meisten echten Neuerungen zunächst einige Hürden. Genau wie die erste frei programmierbare Steuerung PSS 3000, mit der Pilz 1995 auf den Markt kam. Seitdem war es überhaupt erst möglich, elektronische Steuerungen in der Sicherheitstechnik einzusetzen. Pilz hatte hart auf nationaler und europäischer Ebene verhandelt, damit softwarebasierte Funktionen in der Sicherheitstechnik Einzug halten konnten. Gesetzliche Vorgaben hatten das zuvor verhindert.
Mit PSS 3000 verinnerlichte Pilz nicht nur das Grundprinzip der Sicherheitssteuerung, sondern auch die Kriterien der sicheren Automation. Auf diese Weise beschritt das Unternehmen Mitte der 1990er ganz neue Wege: von der Elektromechanik hin zur elektronischen Lösung von sicherheitsgerichteten Applikationen, die nun auch Diagnosefunktionen boten. Mit der Entwicklung des ersten sicheren Bussystems SafetyBUS P ging Pilz noch einen Schritt weiter und machte 1997 eine Dezentralisierung der sicheren Steuerungstechnik und die Übertragung sicherheitsrelevanter Daten möglich. Und das bereits in den 1990er-Jahren.
Klingt nach den Grundzügen der digitalen Vernetzung von Industrie 4.0? Nicht von ungefähr. „Sichere Steuerungstechnik hat die Automatisierungswelt grundlegend verändert“, erklärt Susanne Kunschert.
Früh in Richtung Industrie 4.0 gedacht
Wenn alles dezentral kommuniziert, steigt der Bedarf an abgesicherter Kommunikation. Als neue schützenswerte Ziele kommt also der Schutz von Produktionsdaten, Know-how, Zugängen, Integrität, Produkten und vor Plagiaten zu den bestehenden Anforderungen dazu. Oder anders formuliert: Safety und Security sind heute die Enabler von Industrie 4.0. Sie sind ein untrennbares Begriffspaar, wenn Daten in digitaler Form durch die Prozesse fließen und über die intelligente Vernetzung neue Funktionen erschließen.
Oft nimmt Pilz solche neuen Sicherheitsbedürfnisse in seinen Entwicklungen vorweg. „Wir haben Trends immer früh entdeckt und sie mit unserem Sicherheits-Know-how begleitet“, erzählt Susanne Kunschert. „Es ist unsere erklärte Philosophie und gleichzeitig auch Geschäftsstrategie, innovative Ideen aufzugreifen und weiterzuverfolgen.“ Um das umzusetzen, investiert Pilz jährlich rund 20 Prozent seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung – ein überdurchschnittlicher Wert.
Besonderes Erfolgskonzept
Neues auszuprobieren und vorhandene Ideen weiterzuentwickeln, das gehört zum Erfolgsrezept von Pilz. Ein Beispiel ist die Integration von Grundkonzepten wie Modularisierung und Multi-Master-Struktur in die Steuerungen des Automatisierungssystems PSS 4000. Der Ansatz: Intelligenz muss lokal in die Steuerung einer Maschine wandern, damit ein System weiter in Betrieb bleibt, wenn ein Modul oder eine neue Funktion zu- oder abgeschaltet wird. Erst das macht Industrie-4.0-Anwendungen möglich.
„Die intelligente Vernetzung ist für die Industrie eine große Chance. Mit der schlanken Produktion wird eine optimale Auslastung der Anlagen erreicht. Individualisierte Produkte können zu Bedingungen der Massenproduktion hergestellt werden“, so Susanne Kunschert.
Für all das braucht es ein Grundverständnis von Sicherheit, das nicht mit dem Formulieren eines Geschäftszwecks endet. „Sicherheit muss gelebt werden, um die verschiedenen Dimensionen des Sicherheitsbedürfnisses zu erfassen“, weiß Susanne Kunschert. Dies findet sich auch bei Pilz im Leitspruch „Sicherheit für Mensch, Maschine und Umwelt“ wieder.
Generationenwechsel: Vertrauen in die Zukunft
Sicherheit schafft Vertrauen, auch in die Zukunft und in jeder Beziehung. So wundert es nicht, dass mit dem Generationenwechsel bei Pilz im vergangenen Jahr kein (Vertrauens-)Bruch entstand. Über 20 Jahre lang hatte Renate Pilz die sichere Automatisierung gestaltet und die Entwicklung des Familienunternehmens geprägt.
Eine Persönlichkeit, die trotz ihrer großen Wirkungskreise in Wirtschaft und Gesellschaft keinen Schatten auf die Nachfolger wirft. Im Gegenteil. Denn die Inhaberfamilie hat den Generationenwechsel nicht nur von langer Hand vorbereitet. Sie lebt eine Unternehmenskultur, die sich selbst aus der Außenperspektive als Miteinander beschreiben lässt. Gegenseitiger Respekt und Offenheit sind in Ostfildern ganz offenkundig keine im Tagesworkshop formulierten Leitmotive, sondern Ausdruck einer inneren Haltung, die in flexiblen, reaktionsfreudigen Strukturen gelebt wird. Wo Wertschätzung zu spüren ist, können sich bekanntlich Ideen erst so richtig entfalten.
Sicherheit und Verpacken Hand in Hand
Die konkreten Umsetzungen von Ideen, nämlich die Lösungen von Pilz, sind universell einsetzbar. Gleichzeitig aber erfüllen sie die jeweils vorrangig erforderlichen Anforderungen einer bestimmten Branche. Wie die der Verpackungsindustrie. Die Produktion soll an Tempo zulegen, mit der IT-Welt verschmelzen und individuelle Kundenwünsche wahr werden lassen. Und das Thema Sicherheit für Mensch und Maschine spielt auch in der hochgradig automatisierten Verpackungsindustrie eine bedeutende Rolle. Zwischen der kleinen Stand-alone-Maschine, die Bauteile in Folie verpackt und von einem Bediener bestückt wird, bis zur komplett automatisierten Anlage, die Lebensmittel im Sekundentakt in drei Zyklen versandfertig verpackt, liegt ein breites Spektrum, das Pilz fest im Blick hat.
Weltweit einheitliche Philosophie und Qualität
Dabei ist Pilz weltweit aktiv und die Philosophie überall dieselbe: ob in Europa, Asien, Nord- oder Südamerika.
„Kunden verstehen den systematischen und modularen Aufbau unserer Anlagen, wir verstehen die Anforderungen unserer Kunden. Wir kennen die länderspezifischen Normen und Anforderungen und adaptieren wirtschaftliche sowie technische Änderungen rasch“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Thomas Pilz, der verantwortlich zeichnet für IT, Einkauf, Forschung & Entwicklung, Qualitätsmanagement sowie die Produktion.
So sorgt das Traditionsunternehmen dafür, dass mit Sicherheit und internationaler Konformitätsbewertung Kunden Vorteile im globalen Wettbewerb erzielen, insbesondere, wenn sie ihre (Verpackungs-)Maschinen exportieren.