Zacken machen Marken

In den letzten Jahren wurde in neue Bearbeitungsanlagen und ein modernes Robotikzentrum investiert. (Bild: Winterhoff Picard)

Winterhoff Picard ist auf die Herstellung von Maschinenmessern spezialisiert. Ganz egal ob Folien, Verbundstoffe, Gummi, Kunststoff, Papier, Pappe oder Aluminium – das Remscheider Familienunternehmen fertigt für jede Anwendung das passende Spezialmesser.

Die typischen Zacken der Gummibärentüten, die Abreißperoration an der Papierküchenrolle oder der glatte Schnitt an der Kaffeepackung – fast immer sind bei deren Herstellung Messer der Remscheider im Spiel. Auch die Schrumpffolie, die Getränke-Sixpacks zusammenhält, und die Aluminiumfolie, die Schokoladenosterhasen einwickelt, schneiden die Messer von Winterhoff Picard.

„Wir produzieren unterschiedlichste Maschinenmesser für den Verpackungsbereich. Messer für Lebensmittel- und Getränkeverpackungen sind dabei unser Kerngeschäft. Aber auch in der Lebensmittel verarbeitenden Industrie werden Speiseeis, Käse, Bonbons oder Gemüse mit unseren Messern geschnitten. Und für haltbare Materialien wie Gummireifen oder Kunststofffensterprofile haben wir ebenfalls die passenden Messer. Unser Unternehmen ist sehr breit aufgestellt, und unsere Produkte sind überall dort im Einsatz, wo Materialien präzise geschnitten, perforiert oder gestanzt werden müssen,“ sagt der Kaufmännische Leiter Marc Ohnhäuser.

Unverwechselbare Zacke

Ein Blick in die Supermarktregale zeigt: Viele Beutelverpackungen besitzen einen gezackten Rand, der keineswegs immer gleich aussieht. Denn gerade Kunden im Foodbereich kommt es auf die Optik des Schnittes an. Die individuelle Form der Zacken ist für viele Hersteller zu einem Teil der Markenidentität geworden.

„Customizing ist unsere tägliche Anforderung. Denn jeder Kunde hat andere Anforderungen an den Schnitt, das zu schneidende Material, die Maschine, die Inline-Verarbeitung in der Fertigungsstraße und vieles mehr. Daher ist kein Messer wie das andere“, erläutert Ralf Hüttebräucker, Geschäftsführer von Winterhoff Picard.

Nach Kundenwunsch werden bei Winterhoff Picard daher spezielle Härteverfahren eingesetzt, Geometrien optimiert oder besondere Schneidwinkelspezifikationen umgesetzt. Wenn der Beutel beispielsweise eine Aufreißhilfe erhalten soll, bekommt das Messer einen zusätzlichen Zahn.

Die charakteristischen Zacken werden durch Schlauchbeuteltrennmesser erzielt, während Verbundstoffmesser für dauerhaft glatte Schnitte sorgen. (Bild: Winterhoff Picard)

Roboter bestücken Maschinen

Winterhoff Picard hat in den letzten Jahren in verschiedene Bearbeitungsmaschinen und ein Robotikzentrum investiert. So sei man noch schneller und flexibler in der Lage, Messer mit unterschiedlichen Geometrien und Ausführungen herzustellen, z. B. besondere Materialien, Beschichtungen, Härteverfahren und Oberflächenbehandlungen. Dank der modernen Anlagen kann das Unternehmen schnell auf neue Anforderungen reagieren, wenn beispielsweise neue Verpackungsmaterialien verarbeitet werden sollen. Man sei damit auch für Zukunftsanforderungen gut aufgestellt, etwa wenn es um Recycling und Nachhaltigkeit geht.

„Biofolien sind ein Zukunftsthema. Aber die Folien aus nachwachsenden Rohstoffen oder kompostierbarem Material haben spezifische Materialeigenschaften. Sie können andere Eigenschaften als herkömmliche Kunststofffolien haben oder in der Beschaffenheit papierähnlicher sein. Darauf müssen Messer individuell abgestimmt werden, um Schnitte, Zackenschnitte, Laschen und Aufreißhilfen perfekt zu schneiden. Wenn ein Kunde Biofolien einsetzen möchte, haben wir auf jeden Fall die Lösungen“, sagt Marc Ohnhäuser.

Das Unternehmen verarbeitet ca. 100 verschiedene Werkstoffe und fertigt auf Wunsch nach Mustern, Skizzen oder technischen Zeichnungen, immer auf die jeweilige Anforderung bezogen oder als individuelle Sonderlösung. Spezialanfertigungen gibt es bereits in Kleinstmengen, große Aufträge umfassen auch schon einmal bis zu 20.000 Stück. Jedes Jahr produzieren die Remscheider mehr als 2.000 unterschiedliche Messertypen. „Manche Kunden bestellen nur zwei Stück und dann jahrelang nicht mehr, da unsere Messer je nach Anwendung eine lange Lebensdauer haben.“

Im Zentrum der Klingenproduktion

Das Bergische Land in Nordrhein-Westfalen ist bekannt für seine Messerproduktion. Die Klingenstadt Solingen bildet zusammen mit Remscheid und Wuppertal eines der größten und ältesten Metallcluster Europas. Die 1865 von Ewald Winterhoff gegründete Sägenfabrik entwickelte sich in diesem Umfeld bald zum Spezialisten für Maschinenmesser. Heute wird das Familienunternehmen in der fünften Generation von Dagmar und Ralf Hüttebräucker geführt. 1997 kaufte man die Remscheider Firma Picard hinzu, ebenfalls ein Spezialist für Maschinenmesser, und komplettierte damit das Angebot. 2003 wurden beide Unternehmen an einem neuen Standort in der Wüstenhagener Straße in Remscheid zusammengeführt. Rund 50 Mitarbeiter beschäftigt Winterhoff Picard, viele von ihnen verfügen über langjährige Berufserfahrung. Die ist auch nötig, etwa wenn ein Messer vor der Auslieferung noch mit der Hand gerichtet wird.„Alle Messer, die wir maschinell herstellen, werden von erfahrenen Mitarbeitern mit dem Hammer gerichtet. Das kann nämlich keine Maschine.“

Zu den Kunden gehören Markenhersteller und Zulieferer der unterschiedlichsten Märkte. Winterhoff Picard ist außerdem Erstausrüster für alle namhaften Maschinenhersteller. „Wir liefern weltweit, in die USA ebenso wie nach China, unser Kernmarkt ist aber Deutschland.“

Unterschiedliche Messertypen für jede Anwendung

Folienmesser müssen exakt auf extra dünne, besonders dicke, zähe oder elastische, schrumpffähige, bedruckte oder veredelte Folientypen abgestimmt werden. Schlauchbeuteltrennmesser wiederum sind für die typischen Zacken in den Verpackungen von Gummibärchen, Schokoriegeln oder Waschmittel verantwortlich. Und Verbundstoffmesser schneiden Saft- oder Milchkartons, widerstandsfähiges Aluminium oder die Stanzöffnungen für Ausgießer. Papier ist gleichzeitig Verpackung, Versandkarton oder auch das Produkt selbst. Da es abrasiver als Folie wirkt, müssen die Messer besonders gegen Abnutzung geschützt werden. Besondere Hygieneanforderungen stellen Messer, die Lebensmittel bearbeiten und schneiden. Auch sie werden individuell angepasst, denn Käse, Bonbons oder Eis wollen nicht über ein Messer geschert werden. Und für die Recyclingindustrie hat Winterhoff Picard eigene Maschinenmesser zum Schreddern und Zerkleinern von Kunststoffen vor dem Recyclingprozess entwickelt.