Rund 400.000 Pakete aus China erreichen täglich deutsche Haushalte – oft ohne dass die vorgeschriebene Verpackungslizenz bezahlt wird. Umweltminister Carsten Schneider will das ändern.
Produkte von Plattformen wie Temu oder Shein landen inzwischen massenhaft in deutschen Warenkörben – mit einem Klick, günstig und direkt aus China. Doch während die Händler hierzulande gesetzlich zur Beteiligung an den Entsorgungskosten für Verpackungen verpflichtet sind, umgehen viele ausländische Versender diese Regelung. Der neue Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) hat das Problem auf die Agenda gesetzt. Er kündigte an, stärker gegen Anbieter vorzugehen, die sich der Finanzierung von Sammel- und Recyclingsystemen entziehen.
400.000 Pakete täglich – aber kaum jemand zahlt für den Müll
Nach Recherchen der BILD-Zeitung landen pro Tag rund 400.000 Pakete aus Fernost in deutschen Briefkästen. Doch nur ein Bruchteil der Versender ist im Verpackungsregister LUCID gelistet – obwohl dies für alle, die Verpackungen an Endverbraucher in Deutschland in Verkehr bringen, verpflichtend ist. Das Verpackungsgesetz sieht vor, dass sich auch ausländische Händler an einem dualen System beteiligen und entsprechende Lizenzgebühren zahlen müssen.
In der Realität aber entziehen sich viele Anbieter aus China, aber auch aus anderen Drittstaaten, dieser Verantwortung. Denn wer ohne Niederlassung innerhalb der EU agiert, ist für deutsche Behörden nur schwer greifbar – insbesondere, wenn die Ware direkt und ohne Einschaltung von Plattformen oder Fulfillment-Dienstleistern versendet wird.

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Bundesumweltminister will Plattformen stärker in die Pflicht nehmen
Bundesumweltminister Carsten Schneider forderte nun konkrete Maßnahmen, um dieser Praxis entgegenzuwirken. Ziel sei es, Versender wie Temu oder Shein zur Verantwortung zu ziehen, wenn sie in Deutschland Verpackungsmüll verursachen, ohne sich an dessen Finanzierung zu beteiligen. Laut BILD will Schneider dazu mit dem Zoll, der Bundesnetzagentur und den Ländern Lösungen erarbeiten, um die Durchsetzung bestehender Pflichten zu verbessern.
Bereits heute sind Plattformen verpflichtet, sicherzustellen, dass nur registrierte Händler über sie verkaufen dürfen. Doch viele Anbieter nutzen Direktvertrieb, eigene Apps oder intransparente Logistikstrukturen, um diese Vorgaben zu umgehen.
Ungleichgewicht im System
Für die verpackende Industrie in Deutschland bedeutet die aktuelle Lage eine strukturelle Wettbewerbsverzerrung. Während hiesige Unternehmen Lizenzentgelte zahlen, Recyclingfähigkeit nachweisen und Mengenmeldungen abgeben, bleiben viele Importe aus Fernost unkontrolliert. Der Verpackungsmüll landet trotzdem in den gelben Tonnen – bezahlt wird er von denen, die sich korrekt verhalten.
Auch die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) hat wiederholt auf das Problem hingewiesen. Ohne grenzüberschreitende Kooperationen, mehr digitale Kontrolle und eine konsequente Marktüberwachung lasse sich das System nicht gerecht und fair gestalten, so der Tenor aus der Branche.
Blick auf Europa: Hoffnung auf neue Regulierung
Ein Hoffnungsschimmer könnte die geplante EU-Verpackungsverordnung (PPWR) sein. Sie soll einheitliche Regeln und mehr Transparenz schaffen – auch gegenüber Drittstaaten. Doch bis dahin bleiben nationale Lösungen gefragt. Die klare Botschaft aus Berlin: Der Wildwuchs im Verpackungsregister soll ein Ende haben.



