Das Schweizer Maschinenbauunternehmen Kern führte Anfang 2020 sein Multiformat-Verpackungssystem PackOnTime 2box im Markt ein. Inzwischen produzieren damit erste Kunden maßgeschneiderte Umverpackungen für den Onlinehandel. Dem Klebstoffauftrag kommt in diesem Verpackungssystem eine Schlüsselrolle zu.
Mit PackOnTime 2box von Kern gehören überdimensionierte Versandverpackungen für den Onlinehandel der Vergangenheit an.
Foto: Kern
Wer hat es noch nicht erlebt? Der Postbote bringt das ersehnte Paket mit einem online bestellten Artikel, aber die Versandverpackung ist riesengroß. Dann die Überraschung: Das Paket ist überwiegend mit Polstermaterial gefüllt. Das bestellte Produkt selbst nimmt den geringsten Raum ein.
„Mit PackOnTime 2box gehören diese aus ökonomischer und ökologischer Sicht wenig sinnvollen Versandverpackungen bei unseren ersten Kunden der Vergangenheit an“, stellt Patrick Vogel, Projektleiter für das innovative Multiformat-Verpackungssystem beim Schweizer Maschinenbauunternehmen Kern AG, fest.
Derzeit werden drei Systeme in Betrieb genommen, zwei bei großen Online-Druckereien und eines bei einem E-Commerce-Anbieter, der Produkte aus zwei Online-Shops verpackt.
Für alle Produkte individuell produziert
Während herkömmliche Versandschachteln aus Kostengründen in aller Regel mit Inline-Maschinen in größeren Stückzahlen in Standardgrößen produziert werden, schneidet PackOnTime 2box jeden zugeführten Wellpappebogen auf die erforderliche Größe zu. Anschließend werden die geschnittenen Bogen aufgerichtet, verklebt und in die Einlegestation transportiert. Nach dem Einlegen eines oder mehrerer Artikel – dabei kann es sich unter anderem auch um Gutscheine oder Werbung für Cross-Selling-Aktionen handeln – schließt und verklebt die Anlage die Verpackungen automatisch. Bevor die Pakete das System verlassen, appliziert es die Versandetiketten.
Dank der automatischen dreidimensionalen Vermessung der zu verpackenden Produkte sind die Schachteln nicht viel größer als die Produkte.
Jede einzelne Verpackung wird also individuell nach den Abmessungen der zu versendenden Artikel hergestellt. Dafür vermisst die Anlage die zu verpackenden Produkte automatisch dreidimensional. Im Ergebnis sind die Schachteln kaum größer als die eingepackte Ware. „PackOnTime 2box handhabt die zu versendenden Produkte besonders schonend. Zudem sind die aufgerichteten Schachteln schon im Leerzustand in sich stabil. Wir haben von Beginn an auf hohe Qualität der Verpackungen gesetzt“, grenzt Vogel die innovative Anlage von den Wrap-around-Lösungen des Wettbewerbs ab.
Mit dem Swiss Packaging Award 2019 und der Auszeichnung „Bestes Produkt 2020“ in der Kategorie Identifikation, Verpackungs- und Verladetechnik, Ladungssicherung der LogiMAT 2020 hat sie bereits zwei Preise gewonnen.
In die Versandverpackungen können wahlweise ein oder mehrere Artikel eingelegt werden.
Individuelle Verklebung mit Heißleim
Dem Klebstoffauftrag kommt in dem Multiformat-Verpackungssystem eine Schlüsselrolle zu. Damit die Verklebungen in der gesamten Logistikkette bis hin zu den Konsumenten die Stabilität der Verpackungen garantieren, müssen im Klebstoffauftrag alle Komponenten perfekt zusammenspielen. „Das Thema Heißleimauftrag war für uns seinerzeit Neuland. Baumer hhs stand uns mit seinem Praxis-Know-how bei der Optimierung des Heißleimauftrags von Anfang an zur Seite“, blickt Vogel zurück. Welcher Heißleim ist für diese Anwendung am besten geeignet? Bei welcher Temperatur erzielen wir mit dem Schmelzklebstoff beste Ergebnisse? Welche Klebstoff-Auftragsmuster garantieren bei welchen Verpackungsgrößen eine perfekte Haltbarkeit der Verklebungen bei gleichzeitig minimiertem Klebstoffverbrauch? „Es gab viele Detailfragen, die wir gemeinsam mit Baumer hhs zu beantworten hatten“, so Projektleiter Vogel weiter. „Das Unternehmen war und ist für uns ein wichtiger strategischer Partner.“
Die tesla-Heißleimventile unterstützen die effiziente Herstellung hochwertiger E-Commerce-Verpackungen.
Vor allem auch das technische Konzept der Heißleimventile der tesla-Familie von Baumer hhs war für Kern ausschlaggebend. „Diese elektromagnetisch angetriebenen Ventile sind ausgesprochen kompakt. Wir setzen in jedem PackOnTime 2box-System insgesamt elf tesla-Ventile ein, die jeweils auf Linearachsen montiert sind. Die Kompaktheit der Ventile bringt Vorteile für die Steuerung der Bewegungen dieser Linearachsen“, erklärt der Experte.
Das technische Konzept der Heißleimventile der tesla-Familie gab den Ausschlag bei der Entscheidung von Kern für die Partnerschaft mit Baumer hhs.
Foto: Baumer hhs
Die elf tesla-Ventile werden von zwei besonders energieeffizient arbeitenden Xmelt-Schmelzgeräten von Baumer hhs über beheizte Schläuche mit flüssigem Heißleim versorgt. Das bietet den Vorteil, dass hier mit kurzen Schläuchen gearbeitet werden kann. Die gesamte Technik für den Klebstoffauftrag stammt also aus einer Hand.
Höchste Präzision im Klebstoffauftrag
Die tesla-Ventile tragen den Heißleim mit höchster Präzision auf. „Deshalb können unsere Kunden mit ihnen in Heißleimanwendungen wahlweise Klebstofflinien oder definierte Reihen von Klebstoffpunkten auftragen. Letztere reduzieren den Klebstoffauftrag um 50 Prozent und mehr. Und sie verbessern meist sogar die Sicherheit der Verklebungen – bringt die Punktverklebung doch eine ideale Wärmeverteilung in den Klebstoffnähten mit sich, was Kohäsionsbrüche vermeidet und die Qualität der Verklebungen der Verpackungen erhöht“, hebt Martin Kotecki, Business Development Manager End of Line Packaging bei Baumer hhs, die Flexibilität hervor, die sich für Kunden aus dem hoch präzisen Klebstoffauftrag ergibt.
In Abhängigkeit von der Schachtelgröße arbeitet die Anlage jeweils mit den effektivsten Klebstoffauftragsmustern.
Auch im PackOnTime 2box-System applizieren die tesla-Ventile je nach Schachtelgröße Klebstofflinien oder definierte Reihen von Klebstoffpunkten. „Bei kleinen Versandschachteln arbeiten wir tendenziell eher mit Klebstoffpunkten, bei größeren Versandverpackungen mit Linien“, so Vogel. Wann die Anlage mit welchen Klebstoffauftragsmustern arbeitet, wird über die Ansteuerung der Heißleimventile geregelt, die wiederum über die Anlagensteuerung erfolgt.
Ökonomische und ökologische Vorteile
Dank ihres elektromagnetischen Antriebs zeichnen sich die tesla-Heißleimventile durch besondere Langlebigkeit aus. Denn im Gegensatz zu elektropneumatischen Heißleimventilen arbeiten sie ohne dynamische Dichtungen, die in aller Regel einem hohen Verschleiß unterliegen. Darüber hinaus benötigen die tesla-Ventile keine Druckluftversorgung. Das heißt, sie arbeiten erheblich energieeffizienter als elektropneumatische Heißleimventile. Und sie sind praktisch wartungsfrei.
Maßgeschneiderte Versandverpackungen bringen in der gesamten Logistikkette des Onlinehandels erhebliche Vorteile mit sich. In der Lagerung, der Sortierung, im Transport und in der Verteilung reduzieren sie den Platzbedarf. Es werden auch keine Füllmaterialien mehr benötigt. Das Abfallvolumen ist drastisch reduziert. Das alles erhöht die Rentabilität und unterstützt das Streben der Branche nach mehr Nachhaltigkeit. Mit ihrer hohen Energieeffizienz, den daraus resultierenden reduzierten CO2-Emissionen und dem optimierten Klebstoffverbrauch tragen die Klebstoffauftragssysteme von Baumer hhs dazu bei.
„Im manuellen Abpacken schaffen es Onlinehändler, pro Mitarbeiter und Stunde 80 bis 100 Pakete versandfertig zu machen. Unser Multiformat-Verpackungssystem bringt mühelos ein Mehrfaches dieser Leistung“, betont Vogel den kurzen ROI der Anlage seines Unternehmens. „Die Mitarbeit im Projektteam von Kern war für uns vom ersten Klebstofftest bis zur fertigen Maschine faszinierend. Heute können wir bei den ersten Kunden einer bemerkenswerten Maschine bei der Arbeit zusehen“, freut sich Martin Kotecki.
Flexibel für individuelle Anforderungen
PackOnTime 2box ist modular aufgebaut und damit flexibel konfigurierbar. So lässt sich die Anlage mit mehreren Auflegestationen für die zu verpackenden Produkte ausrüsten. Gleiches gilt für die Bogenanleger für verschiedene Wellpappenformate.
Das System wurde für die Herstellung maßgeschneiderter Versandverpackungen aus Wellpappebogen mit einer Stärke von drei Millimetern entwickelt. „Inzwischen verarbeitet sie mühelos Wellpappebogen mit einer Stärke von 2,3 Millimetern. Damit wird sie dem Trend hin zu Verpackungen aus dünneren Wellpappen gerecht“, betont Vogel abschließend.
