Dr. Olaf Munkelt, Geschäftsführer der MVTec Software GmbH und Vorstandsvorsitzender der VDMA-Fachabteilung Industrielle Bildverarbeitung, kommentiert im Interview mit dem „packaging journal“ die Lage der Bildverarbeitungsbranche und nennt die Trends der nächsten VISION.
pj: Die Wirtschaftsdaten für dieses Jahr sehen vielversprechend aus. Profitiert auch die Vision-Branche vom allgemeinen Aufschwung?
Dr. Olaf Munkelt: Die Bildverarbeitungsindustrie in Deutschland und Europa meldet seit Jahren Umsatzrekorde und ein nachhaltiges Wachstum. Seit 2012 ist der Umsatz durchschnittlich um zehn Prozent pro Jahr gewachsen, 2017 sogar um rund 18 Prozent. Für 2018 prognostizieren wir wiederum bis zu zehn Prozent Wachstum.
Bildverarbeitung ist zur Schlüsselkomponente im weltweiten Automationswettlauf geworden und erobert sich ständig neue Anwendungsbereiche. Verbesserte Qualität, höhere Zuverlässigkeit, mehr Sicherheit und Wirtschaftlichkeit sind in den nichtindustriellen Einsatzfeldern genauso gefragt wie in der industriellen Fertigung.
pj: Beim Vision/VDMA-CEO-Roundtable zum Jahresbeginn war die Rede davon, dass klassische, kleinere Bildverarbeitungsanbieter zunehmend in den Blick großer Konzerne und Finanzinvestoren geraten. Steht das inhabergeführte deutsche Ingenieursunternehmen vor dem Aus?
Dr. Olaf Munkelt: Das steigende Interesse von Finanzinvestoren und anderen Automationsunternehmen an der „boomenden“ Bildverarbeitungsbranche ist logisch. Wir beobachten seit Jahren, dass beispielsweise klassische Sensorhersteller vermehrt Bildverarbeitung in ihr Produktportfolio aufnehmen, sei es durch Eigenentwicklung, Kooperationen oder eben auch Zukäufe. Das bedeutet aber nicht, dass für kleinere Bildverarbeitungsanbieter kein Platz mehr ist. Im Gegenteil! Langjährig gesammeltes Know-how, anwendungsbezogene Expertise, qualitativ hochwertige Produkte, hoch motivierte und eingespielte Mitarbeiter, schnelle Reaktions- und Lösungszeiten und gewachsene Kundenbeziehungen – das alles ist mehr denn je gefragt.
pj: Zwei Megatrends der Messe heißen „Embedded Vision“ und „Deep Learning“. Was erwartet Besucher der Packaging-Branche dazu auf der VISION?
Dr. Olaf Munkelt: „Embedded Vision“, also kleine, integrierte und kosteneffiziente Bildverarbeitungssysteme, die direkt aus der Maschine heraus intelligent mitarbeiten, ermöglicht Bildverarbeitung auf kompakten, sehr leistungsstarken Rechnerplattformen bei gleichzeitig geringer Leistungsaufnahme. Damit erschließt diese Technologie viele neue Anwendungsfelder. Autonomes Fahren ist eines der Paradebeispiele.
„Langjährig gesammeltes Know-how, anwendungsbezogene Expertise, qualitativ hochwertige Produkte, hoch motivierte und eingespielte Mitarbeiter, schnelle Reaktions- und Lösungszeiten und gewachsene Kundenbeziehungen – das alles ist mehr denn je gefragt.“ Dr. Olaf Munkelt, Geschäftsführer der MVTec Software GmbH und Vorstandsvorsitzender VDMA-Fachabteilung Industrielle Bildverarbeitung. .
„Deep Learning“ nutzt neuronale Netze und benötigt große Mengen an Lerndaten. Die Lernmethoden orientieren sich an der Funktionsweise des menschlichen Gehirns und resultieren in der Fähigkeit Prognosen oder Entscheidungen zu treffen. Computerprogramme, die auf „Machine Learning“ basieren, können mit Hilfe von Algorithmen auch Lösungen für neue Probleme finden. Das künstliche System „erkennt“ Muster und Gesetzmäßigkeiten in den Lerndaten. „Deep Learning“ ermöglicht die Klassifizierung von Bildern mit einer besseren Klassifikationsrate als mit bisherigen Methoden. So muss man die unterschiedlichen Fehlerklassen nicht explizit ausprogrammieren. Man „zeigt“ dem Deep-Learning-Algorithmus lediglich Bilder.
Selbstverständlich nehmen beide Trendthemen auch auf der VISION eine prominente Rolle ein, sei es auf den Ständen, sei es im Rahmenprogramm wie beispielsweise den „Industrial VISION Days“.
Einen Überblick über das Geschehen auf der Vision 2018 erhalten Sie im Artikel:
„Embedded Vision“ und „Deep Learning“ sind die Mega-Trends der Vision 2018.
pj: „Hyperspectral Imaging“ wird immer kostengünstiger. Auch die Anwendung ist einfacher geworden. Öffnet sich die VISION damit für neue Märkte und Anwendungsbereiche wie beispielsweise die Lebensmittelindustrie oder die Recyclingbranche?
Dr. Olaf Munkelt: Hyperspektrale Kameras nehmen von einer Szene mehrere Bilder in verschiedenen Wellenlängenbereichen auf. Kombiniert liefern die Bilder eine höhere Informationstiefe. Anwendung findet diese Technologie in Bereichen, bei denen Inhaltsstoffe und Substanzen zuverlässig erkannt und voneinander getrennt werden müssen, die nicht mit üblichen Farb- oder Monochrombild erkennbar sind, beispielsweise in der Lebensmittel-, Pharma- oder Holzindustrie, im Recycling, Bergbau oder in der Landwirtschaft.
pj: Der VDMA Industrielle Bildverarbeitung richtet wieder das Vortragsforum „Industrial VISION Days“ aus. Was sollten Besucher aus der Verpackungswirtschaft dort auf keinen Fall verpassen?
Dr. Olaf Munkelt: Die Industrial VISION Days sind das weltweit größte Vortragsforum und wichtiger Bestandteil der VISION. Wir rechnen wieder mit rund 80 Vorträgen zu Trendthemen und Innovationen aus der Bildverarbeitungsindustrie. Definitiv nicht verpassen sollten interessierte Besucher die Podiumsdiskussion. Themen aus der Verpackungsindustrie finden sich unter anderem im „Application Forum“. Auch in den anderen acht Themenbereichen wird für jeden Besucher – seien es Komponentenhersteller, Endanwender, Systemanbieter oder Trendscouts – etwas dabei sein.