Die Hannoveraner Gilde-Brauerei kämpft wie alle deutschen Brauereien mit dem massiv steigenden Anteil an Fremdflaschen. Mit ihrem System „NovaSort“ bietet die Langenhagener Novatec eine völlig neuartige Sortieranlage und betreibt diese an die Gegebenheiten angepasste Lösung auch selbst.
Im Jahr 1546 gründeten die Hannoveraner Brauer eine eigene Gilde, die seit 1609 über die Rechte und Pflichten der ihr angehörenden Brauer wacht. 1870 wurde von der in ein Unternehmen umgewandelten Vereinigung Gilde das heutige Gelände übernommen. Ab 1970 entstand dort eine der modernsten Brauereien der Welt, die aus Traditionsgründen bis in die 1990er-Jahre einzelne Gastronomiebetriebe mit Pferdefuhrwerken belieferte. Nach bewegten Jahren ist Gilde seit Anfang 2016 als neu gegründete GmbH wieder Privatbrauerei in der mittelständischen TCB-Brauereigruppe.
Mittlerweile hat sich der Ausstoß wieder deutlich erholt, 2016 waren es rund 580.000 hl Bier (Flaschen und Dosen), berichtet Logistikleiter Fred Pietler. „Wir füllen hier unsere Eigenmarken in braune 0,5-l-NRW- sowie Longneck-, braune wie auch grüne Ale-Flaschen mit 0,33 l und 0,5 l, braune Vichy-Flaschen mit Drittel- und Halbliter sowie grüne und braune Steinie-Flaschen mit 0,33l.“ Jede Sorte hat eine streng definierte Flaschenfarbe und -größe, daher muss das Leergut auch entsprechend exakt sortiert werden. Als Kisten setzt die Brauerei 20er und 24er und für die Steinie-Flaschen 30er-Gebinde ein. „Früher haben wir alles Leergut selbst sortiert. Angesichts des ständig steigenden Fremdflaschenanteils benötigten wir dringend eine Alternative. Seit wir die Leergutsortierung komplett in die Hände von Novatec gegeben haben, konnten wir deutlich Personal- und Energiekosten einsparen, haben jetzt trotzdem immer ausreichend Leergut für die Produktion im Lager“, so Pietler.
Flexible Lösung
Die Lösung für Pietler und die Gilde-Brauerei ist das in Langenhagen bei Hannover ansässige Unternehmen Novatec Verpackungstechnik mit ihrem Geschäftsführer Christoph Sauer. Er kannte den 1992 von Kettner installierten Trockenteil mit Ent- und Bepalettierer sehr gut. Im Jahr 1998 gründete er Novatec, seither projektiert, konstruiert und vertreibt das Unternehmen auf jeden Kundenwunsch speziell ausgerichtete Transport- und Handlinglösungen in der Getränke- und Lebensmittelindustrie. „Mit unseren sehr flexiblen Maschinen im Hightech-Sektor, die wir immer ganz individuell auf jeden Kunden anpassen, werden wir auch den wachsenden und wechselnden Anforderungen bei Gilde voll gerecht“, betont Sauer. In der Brauerei kommt die speziell auf die dortigen Gegebenheiten ausgerichtete, vollautomatische Leergutsortieranlage „NovaSort“ zum Einsatz, die von Novatec selbst betrieben wird.
Tempo rauf, Kosten runter
Die Kameraerkennung liefert dem System „NovaSort“ eine exakte Aussage, an welcher Position sich in einer Kiste welche Flasche befindet. Die Sortierung des Leerguts und auch das sortenreine Einpacken der Gebinde laufen über Handlingportale. Im ersten Portal sorgen zwei Auspacker mit je 2 x 2 Auspackköpfen direkt nacheinander für die sehr hohe Geschwindigkeit und Leistung des Systems. Sie ziehen bei jedem Hub die sortenfremden Flaschen aus zwei Kisten heraus und stellen diese auf zugeordneten Bändern ab: Ein Band ist für Flaschen, die bei Gilde überhaupt keine Verwendung finden. Dies sind Einwegflaschen oder Flaschen mit Prägung, die manuell entsorgt (Einweg) oder in Kisten gesetzt und später zum Flaschentausch gefahren werden. Auf einem zweiten Band setzen die einzeln ansteuerbaren Packtulpen, die sehr vorsichtig mit den Flaschenmündungen umgehen, die Flaschen ab, die gerade nicht verarbeitet werden. Diese Flaschen werden ein paar Meter weiter auf einem Band im Einpacker verdichtet und zum Auffüllen der aktuell nicht benötigten Kisten genutzt.
Etwas ganz Besonderes
Vor dem Einpacker als zweitem Handlingsystem befindet sich ein Scherbenaustrag. Hier werden auch andere Fremdkörper wie Kronkorken oder Schnüre entfernt und so Störungen verhindert. Ist der zuvor eingestellte Befüllungsgrad der Transportbänder erreicht, bleiben die Flaschen in der zugehörigen Kiste und werden danach im Einpacker verdichtet sowie fehlende Flaschen ergänzt. Auch durch diese optionale Neuglaseinspeisung werden somit im Einpacker immer vollzählige, sortenreine Kisten produziert.„Das kann sonst keine andere Flaschensortieranlage“, sagt Christoph Sauer stolz. „Auf diese Art entstehen keine Leerkisten und wir erneuern kontinuierlich den Flaschenpool.“ Durch die intelligente Steuerung ist es möglich, die Einstellung des Leerguts individuell anzupassen. So kann auch ein Flaschentyp in eine neue Kiste platziert werden (Kistenwechsel).
Nach dem Erreichen von über 40 Kisten werden diese dem Belader zugeführt, palettiert, ins Zwischenlager abtransportiert und dort gespeichert oder sofort der Produktion zugeführt. Im System „NovaSort“ sind über das Touch-Panel drei Hauptsorten einstellbar. Dabei können zusätzlich drei Gebindesorten zugeführt werden. „Der größte Vorteil von ‚NovaSort‘ ist, dass wir eine fünfjährige Entwicklung in der Praxis erlebt haben. Wir betreiben die Sortierung in der Gilde-Brauerei und haben die ‚NovaSort‘ dabei stetig weiterentwickelt und optimiert“, erläutert Christoph Sauer.
Effektive, kostengünstige Sortierung
„Wir geben auf unser System eine Garantie von acht Jahren. Auf der relativ kleinen Fläche von 60 m2 bieten wir zu 100 Prozent sortenreine Kisten und das Aussortieren der nicht zu verarbeitenden Flaschen. Die Flaschensortierung ist somit nicht nur sehr zuverlässig, sondern auch deutlich kostengünstiger, als wenn die Brauerei selber sortiert oder dies in einem Sortierzentrum erledigen lässt“, fasst Sauer zusammen. Neue Flaschen- oder Kastentypen sind innerhalb weniger Minuten in das System eingepflegt. Bei einem sehr hohen Fremdflaschenanteil schafft „NovaSort“ problemlos bis zu 1.200 Kisten in der Stunde, bei einem Vermischungsgrad von unter 50 Prozent sind sogar bis zu 2.400 Kisten möglich.