Vom Traditionsunternehmen zum agilen Technologiekonzern

Connected Packaging bringt die Interaktion mit dem Endverbraucher voran: Anhand der Druckdaten lassen sich vielfältige aktuelle Informationen auf dem Smartphone generieren. (Bild: Koenig & Bauer)

Der weltweit älteste Druckmaschinenhersteller, Koenig & Bauer, hat sich längst zu einem modernen Technologiekonzern entwickelt. Am Stammsitz in Würzburg durften wir kürzlich die gesamte Bandbreite erleben – von der eigenen Gießerei über die Fertigung und Montage der verschiedenen Druckmaschinentypen bis hin zu den neuesten digitalen Entwicklungen.

Friedrich Koenigs Zylinderdruckmaschine druckte 1814 zum ersten Mal die Londoner Tageszeitung „The Times“ mit Dampfmaschinenkraft. Damit habe man gewissermaßen das Medienzeitalter eingeläutet, heißt es heute bei Koenig & Bauer. Das Unternehmen wurde offiziell 1817 von Friedrich Koenig und Andreas Bauer im Kloster Oberzell bei Würzburg gegründet. Vor knapp 125 Jahren erfolgte der Umzug auf die anderen Main-Seite. Heute werden dort Maschinen und Softwarelösungen für den gesamten Prozess von Druck und Weiterverarbeitung produziert. Neue Business Units zeigen, wohin es in Zukunft gehen soll.

Neu ist beispielsweise die Koenig & Bauer Kyana GmbH. Die Digitaleinheit wurde gerade als eigenständiges Tochterunternehmen aus der Holding ausgegliedert und setzt dabei auf zwei starke Produktstränge: Die Maschinenplattform, die dank ihrer offenen Architektur auch die nahtlose Einbindung von Fremdmaschinen ermöglicht, konsolidiert sämtliche Produktionsdaten zentral an einem Ort und dient als Fundament für datenbasierte Entscheidungen. Daneben steht mit Connected Packaging der zweite Strang im Fokus, der die Interaktion mit dem Endverbraucher revolutionieren will.

(Bild: Koenig & Bauer)

„Die Digitalisierung ist ein zentraler Treiber für Innovation und Fortschritt in unserer Branche. Mit den neuen Tochterunternehmen sind wir in der Lage, das Know-how gezielter zu bündeln, um für unsere Kunden Mehrwert zu schaffen.“

Christian Steinmaßl, Mitglied der Konzernleitung und verantwortlich für verschiedene Business Units im Segment Special & New Technologies

Von der analogen Verpackung zum immersiven Erlebnis

Was mit den digitalen Lösungen des Unternehmens bereits möglich ist, erläuterte Thomas Vollmuth, Head of Brand Owner Management, dem packaging journal. Denn die Connected-Packaging-Plattform definiert die Spielregeln für Brands neu und eröffnet eine Fülle an Möglichkeiten für einen direkten Kundendialog. Am Beispiel der Verpackung eines Kaffeevollautomaten demonstrierte Vollmuth, wie Konsumenten von der Kaufentscheidung über die Inbetriebnahme bis hin zur Nachbestellung von Verbrauchsmaterialien nahtlos und interaktiv begleitet werden – intelligent unterstützt durch KI.

„Der Clou ist die Einfachheit“, betont Vollmuth. „Es werden lediglich die Druckdaten der bestehenden Verpackung hochgeladen und mit vielfältigen aktuellen Informationen verknüpft. Damit generieren wir dynamische digitale Inhalte direkt auf den Smartphones der Konsumenten, während die physische Verpackung im Markt unverändert bleibt.“ Dieser Ansatz ist somit sprichwörtlich „on demand“ und eröffnet außerdem Marken Potenziale für Wachstum, unterstützt ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen und schafft eine neue Dimension der Transparenz im Kundendialog. Die daraus gewonnenen datengestützten Einblicke helfen Markeninhabern zudem dabei, ihre Marketingstrategien präzise zu verfeinern.

Ein Highlight ist die nahtlose Integration von Googles künstlicher Intelligenz „Gemini“. Diese ermöglicht es Konsumenten, unmittelbar über die Verpackung mit einem intelligenten KI-Chatbot zu interagieren. Fragen zum Produkt, zur Anwendung oder zum Zubehör werden so direkt und kontextbezogen beantwortet.

Geht es eben noch um die neuesten digitalen Lösungen und künstliche Intelligenz, sorgen in den Werkhallen modernste Bohr- und Fräsmaschinen mit Präzisionsarbeit dafür, dass beispielsweise neue Druckzylinder später auch bei Highspeed zuverlässig laufen. Und nur wenige Schritte weiter entstehen Gussteile in der betriebseigenen Gießerei. Schon 1901 wurde sie am heutigen Standort errichtet und hält heute eine hochmoderne Produktionsstätte vor. Längst dient die Gießerei nicht mehr nur der eigenen Produktion. Neben Gussteilen für den eigenen Bedarf fertigt Koenig & Bauer auch für namhafte Maschinenhersteller in ganz Europa.

Wachstumsmarkt Digitaldruck

Individualisierung, Personalisierung und innovatives Design – diese Trends treiben den digitalen Wandel in der Druckbranche weiter voran. In Würzburg entstehen Maschinen, wie die Rollendigitaldruckmaschine RotaJET, für vielfältige Anwendungen im Wachstumsmarkt Digitaldruck, z. B. in der Lebensmittel- und Getränkekartonindustrie.

Und aus einer Zusammenarbeit mit HP ist die PageWide T700i Press für den Verpackungsdruck hervorgegangen. Sie bietet Höchstgeschwindigkeiten im digitalen Rollendruck für Wellpappen- und Faltschachtelanwendungen und ist nach der HP PageWide T1195i das zweite Modell, das beide Unternehmen gemeinsam auf den Markt bringen. Im Würzburger Werk von Koenig & Bauer werden sie konstruiert und hergestellt. Ebenso findet man hier die Fertigung und Montage der CI-Flexodruckmaschinen.

Die gemeinsam mit HP entwickelten digitale Rollendruckmaschinen baut Koenig & Bauer in Würzburg. (Bild: packaging journal)

„Die vielseitige XD Pro ist die ideale CI-Flexodruckmaschine, um ein breites Anwendungsspektrum – von anspruchsvollen Folien bis hin zu verschiedensten Papiersorten – abzudecken“, sagt David Kraus, Director Flexo. Nach der Verlagerung der Maschinen ins Stammwerk nach Würzburg sieht man gute Chancen, die Marktanteile im wachsenden CI-Flexo-Markt mit Maschinen „Made in Germany“ deutlich zu steigern. Die Maschinen adressieren alle Substrate und Märkte im CI-Flexo-Bereich – also den Druck auf Folien, Papier sowie Kartonagen. Insbesondere im Bereich des Fibre Based Packaging sieht man großes Wachstumspotenzial, da der Markt für Barrierepapiere im Bereich Food und Beverage stark wächst.

Schützen, was wichtig ist

Das Portfolio umfasst auch Sicherheits-/Banknotendruckmaschinen. „Koenig & Bauer hat ein umfassendes Wissen aus dem Banknotendruck, denn der Großteil aller Banknoten weltweit wird auf Koenig & Bauer Maschinen gedruckt. Dieses Know-how übertragen wir heute auf alle Druckprodukte und bieten Lösungen, die weit über herkömmliche Sicherheitsmerkmale hinausgehen“, erläutert Julian Schubert, Geschäftsführer von Koenig & Bauer Vision & Protection.

Der Bereich wurde gerade im Rahmen der aktuellen Neuaufstellung des Konzerns eine eigenständige Business Unit, die sich um Lösungen zur Offline- und Inline-Qualitätskontrolle und den Schutz vor Fälschungen und Produktpiraterie kümmert. Dabei werden moderne, nichtinvasive Technologien wie Daktylo, Ovjera und Stegano integriert, um Produkte und Verpackungen vor Fälschungen und Graumarktaktivitäten zu schützen. Diese Lösungen sind nicht nur fälschungssicher, sondern auch nachhaltig, denn sie kommen ohne zusätzliche Materialien aus.