Bei der Espera-Werke GmbH aus Duisburg arbeiten die Experten bereits seit mehr als acht Jahren intensiv an der Entwicklung von digitalen Funktionen, die den Umgang mit Auszeichnungssystemen vereinfachen und überschaubar gestalten.
Als familiengeführtes Unternehmen legt Espera bereits seit über 90 Jahren besonderen Wert auf innovationsfähige Produkte. Ziel ist es, den Anforderungen und Wünschen von Kunden gerecht zu werden und neue Trends für den Markt zu generieren. Selbstverständlich überzeugen die Espera-Anlagen durch primäre Leistungsparameter wie beispielsweise höchste Auszeichnungsgeschwindigkeit und Präzision in der Etikettiergenauigkeit. Dies werden auch weiterhin wichtige Performance-Merkmale bleiben.
In diesem Jahr werden auf der FachPack in Nürnberg jedoch komplett neue, digitale Maschinentechnologien im Mittelpunkt der Präsentation stehen, die, ausschließlich softwaregesteuert, im Produktionsalltag erhebliche zusätzliche Vorteile in Bezug auf Prozessoptimierung und Stillstandzeitenreduzierung mit sich bringen. Das Produktionsumfeld optimiert sich somit nicht nur durch eine höhere Ausbringung, sondern zukünftig durch Faktoren der Prozess-Performance.
Als Experte für Preis- und Gewichtsauszeichnung vorverpackter Lebensmittel weiß man bei Espera, worauf es im täglichen Betrieb ankommt. Deshalb werden die Systeme permanent weiterentwickelt, um jeder Anforderung gerecht zu werden – für die Kunden in Deutschland und weltweit. Geschäftsführer Dr. Marcus Korthäuer gibt im Vorfeld der FachPack Auskunft zum Entwicklungsstand und zu Chancen und Risiken der digitalen Transformation.
pj: Herr Dr. Korthäuer, bereits seit mehr als acht Jahren beschäftigt sich Espera mit dem Thema IoT. Was war ausschlaggebend für diese Entscheidung?
Dr. Marcus Korthäuer: Generell muss man sagen, dass unsere Branche beispielsweise im Vergleich zur Elektronikindustrie in Sachen Digitalisierung nicht an erster Stelle steht. Wir bewegen uns in einem sehr traditionellen Markt des Maschinenbaus.
Betrachtet man jedoch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, so sieht man, wie Stück für Stück die Nutzung von Computertechnologie und Automatisierung Einzug gehalten hat. Sicher etwas verzögert, aber trotzdem bis heute in einem großen Umfang. Somit war für uns klar, dass die Trends, die seit Jahren in der Konsumgüterbranche oder Elektronikindustrie Standard sind, irgendwann auch in unseren Alltag und vor allem in den Produktionsalltag unserer Kunden überschwappen werden. Aus diesem Grund haben wir unsere Entwicklungsabteilung bereits vor einigen Jahren darauf ausgerichtet und personaltechnisch im Bereich IT- und Softwareentwicklung aufgestockt.
Kostenfaktor Thermoleiste
pj: Worum geht es bei Ihrer Entwicklung genau?
Dr. Marcus Korthäuer: In unserem Bereich der Auszeichnung und Etikettierung ist das Paradebeispiel die Thermoleiste in einem Druckwerk. Diese ist für den Abdruck auf den Etiketten verantwortlich.
Alle Produzenten unserer Branche haben das Problem, dass eine Thermoleiste am Ende ihrer Lebensdauer immer ohne Vorankündigung in ihrer Druckqualität nachlässt und es somit kurzfristig zu einem verschlechterten Abdruck auf Etiketten kommt. Dies frustriert jeden Anwender seit Jahren. Einerseits besteht die Gefahr, dass schlecht oder nicht lesbar bedruckte Etiketten in den Einzelhandel gelangen, andererseits steht aber auch die Produktion für den Wechsel der Thermoleiste still. Dies ist ein Kostenfaktor, den man bisher nicht vermeiden konnte. Wir haben die letzten Jahre versucht, den Status der Thermoleiste für den Anwender transparent zu machen und es erstmals geschafft, einen Echtzeitstatus abzubilden.
Über das Maschinenterminal sieht der Bediener den Status der Abdruckqualität inklusive der verbleibenden Lebensdauer der Thermoleiste. Anhand dieser Info kann er ganz exakt planen, wann spätestens ein Austausch erfolgen muss. All das funktioniert vollkommen digital über die Software und Elektronik der Anlage.
pj: Wie sieht man den digitalen Wandel im Produktionsumfeld?
Dr. Marcus Korthäuer: Das Produktionsumfeld unserer Kunden sieht den digitalen Wandel als Chance, um Prozesse zukünftig noch effizienter zu gestalten. Immerhin ist der größte Teil unserer Kunden in Europa bereits mit seinen Anlagen online und übermittelt Produktionsdaten an die Maschinen vollkommen digital. Wir stellen jedoch auch fest, dass solch neuen Technologien, wie z. B. die zuvor genannte smarte Thermoleiste, im ersten Schritt auch immer kritisch hinterfragt werden. Hierbei ist es wichtig, den Mehrwert für die Produktion aufzuzeigen.
Vorteil Produktqualität
pj: Welche Vorteile ergeben sich im End-of-Line-Bereich von Produktionsprozessen durch die Anwendung?
Dr. Marcus Korthäuer: Ein ganz klarer Vorteil ist der Qualitätsgedanke. Nach dem Auszeichnungsprozess gehen Produkte auf schnellstem Weg in den Einzelhandel und landen teilweise noch am selben Tag in der Supermarktauslage. Sind auf den Produkten im Supermarkt schlecht lesbare Etiketten aufgedruckt, ist unter Umständen der abgedruckte Barcode an der Scanner-Kasse nicht oder sogar falsch lesbar. Außerdem wird ein Produkt mit unsauberem oder ungleichmäßigem Druck in aller Regel vom Endverbraucher gemieden.
Wir befinden uns in einer Zeit, in der Produkte immer individueller auf den Kunden zugeschnitten sind. Konsumenten wollen über Inhaltsstoffe, Nährwerte und Allergene der Produkte vor dem Kauf informiert werden. Ist die Transparenz eines Produkts für den Endverbraucher nicht gegeben, so wird das Produkt auch nicht gekauft. Aus diesem Grund achten Supermärkte sehr genau darauf, wie das Erscheinungsbild eines Produkts inklusive des Etiketts und der Etiketteninformation ist. Im schlimmsten Fall kommt es zu Rückrufaktionen ganzer Chargen aufgrund schlecht lesbarer Etiketten. Wir wirken dem durch einen ganz neuen Qualitätsansatz, wie z. B. der vollen Kontrolle über die Thermoleiste und der damit verbundenen Überwachung der Abdruckqualität, entgegen.
Komplexität beherrschbar machen
pj: Worauf ist bei der Umsetzung der digitalen Transformation in Produktionsunternehmen besonders zu achten? Wo stecken die Gefahren?
Dr. Marcus Korthäuer: Die Gefahr lauert in der Komplexität. Durch den vermehrten Einzug von IT und Software im Produktionsalltag stehen auch immer mehr Funktionen zur Verfügung. Diese müssen durch den Maschinenbediener beherrschbar sein. Ist dies nicht der Fall und die Komplexität der Anlagenbedienung zu hoch, werden neue Funktionen keinen Anklang finden.
pj: Wie schätzen Sie die Entwicklung in der Zukunft ein?
Dr. Marcus Korthäuer: Wir befinden uns erst am Anfang der Digitalisierung. Schaut man sich andere Länder und Regionen wie z. B. Asien an, so ist der digitale Wandel dort noch viel dramatischer zu spüren als bei uns. Auch die skandinavischen Länder sind weitaus stärker digitalisiert als Deutschland. Der deutsche Maschinenbau wird sich in den nächsten Jahren neu definieren müssen. Das Thema Digitalisierung muss von allen Unternehmen ernst genommen werden, sonst entstehen signifikante Wettbewerbsnachteile. Die Lösungen, die momentan in unserer Branche gezeigt werden, sind erst der Anfang dieses Wandels.
Jedem Hersteller geht es darum, seinen Kunden ein optimales Produkt zu einem möglichst attraktiven Preis zu bieten. Hinzu kommt der internationale Preiswettbewerb. Kostenersparnisse lassen sich durch digitale Technologien erzielen. Genau deshalb werden wir auf die Digitalisierung nicht verzichten können.
Espera auf der FachPack 2018: Halle 1, Stand 407