Biokunststoffe spielen immer stärkere Rolle im Verpackungsbereich

Die „PlantBottle“ aus teilbiobasiertem PET besteht zu 30 Prozent aus biobasierten Rohstoffen auf Zuckerbasis. (Bild: Coca-Cola)
Die „PlantBottle“ aus teilbiobasiertem PET besteht zu 30 Prozent aus biobasierten Rohstoffen auf Zuckerbasis. (Bild: Coca-Cola)

Immer mehr Unternehmen suchen nach innovativen Wegen, um der stetig steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungslösungen nachzukommen und um ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren und setzen dabei auf Biokunststoffe. So werden viele Verpackungen heute bereits aus biobasierten Kunststoffen hergestellt.

Kunststoffverpackungen sind ein integraler Bestandteil unserer globalen Wirtschaft. In den vergangenen 50 Jahren ist die Produktion von Kunststoffen um das Zwanzigfache angestiegen, von rund 15 Millionen Tonnen im Jahr 1964 auf 311 Millionen Tonnen in 2014. Allein 26 Prozent davon werden im Verpackungsbereich verwendet. Kunststoffverpackungen haben nicht nur einen direkten wirtschaftlichen Nutzen, sondern tragen auch maßgeblich zu einer höheren Ressourcenproduktivität bei, zum Beispiel durch die Verlängerung der Haltbarkeit von Lebensmitteln und die Vermeidung von Lebensmittelabfällen oder durch die Reduktion des Verpackungsgewichts und damit des Kraftstoffverbrauchs für den Transport von Produkten. Aufgrund immer neuer und verbesserter Anwendungslösungen wird die Nachfrage nach Kunststoffverpackungen auch in den kommenden 20 Jahren um mehr als das Doppelte ansteigen. Diese Entwicklung bringt jedoch nicht nur Vorteile mit sich, sondern auch potenzielle negative Auswirkungen auf unsere Umwelt.

Weltweite Produktionskapazitäten für Biokunststoffe 2016

(© European Bioplastics, nova-Institut 2016)

Umdenken der Verpackungswirtschaft notwendig

Anfang 2016 stellte die Ellen MacArthur Foundation, einer der weltweit führenden Thinktanks zum Thema Kreislaufwirtschaft, ihren Bericht „New Plastics Economy: Rethinking the Future of Plastics“ vor, der zum ersten Mal einen umfassenden Überblick über die weltweiten Ströme von Kunststoffverpackungen liefert. Der Bericht stellt fest, dass der überwiegende Teil nur einmal verwendet wird und der Wirtschaft damit jedes Jahr ein enormer Wert im dreistelligen Milliardenbereich verloren geht. Der Report fordert deshalb nachhaltigere Materialien für Verpackungslösungen und effektivere Sammlungs- und Verwertungsströme für Kunststoffe, nicht zuletzt auch, um zu verhindern, dass diese den Wirtschaftskreislauf verlassen und in die Umwelt gelangen, sondern als wertvolle technische und biologische Nährstoffe in die Wirtschaft zurückgeführt werden.

Katrin Schwede

Katrin Schwede

„Anders als herkömmliche Kunststoffe werden Biokunststoffe aus erneuerbaren Rohstoffen hergestellt und können zu biobasierten Sekundärrohstoffen recycelt werden, die als wertvolle Ressource wieder in die Kreislaufwirtschaft eingehen und nicht verloren gehen.“, so Katrin Schwede, Leiterin Kommunikation bei European Bioplastics, dem europäischen Verband der Biokunststoffindustrie.

Prinzipien der Kreislaufwirtschaft im Design verankert

Die Prinzipien einer Kreislaufwirtschaft sind bei Verpackungen und Produkten aus Biokunststoffen bereits im Design verankert. Das gibt der Biokunststoffbranche den entscheidenden Vorsprung im Wettbewerb um Lösungen für eine ressourcenschonende und nachhaltige Zukunft. Anders als herkömmliche Kunststoffe werden Biokunststoffe aus erneuerbaren Rohstoffen hergestellt und können zu biobasierten Sekundärrohstoffen recycelt werden, die als wertvolle Ressource wieder in die Kreislaufwirtschaft eingehen und nicht verloren gehen. So werden viele Verpackungen bereits heute aus biobasierten Kunststoffen hergestellt, zum Beispiel im Nahrungsmittelbereich bei Getränkeflaschen, Konditoreiwaren wie Schokoladen oder Gebäck oder für Trockensortimente wie Müsli und Tees. Materialien wie PLA, biobasiertes PE oder biobasiertes PET finden hier vor allem Anwendung.

Große Marken wie Tetra Pak, Volvic und Coca-Cola investieren zum Beispiel stark in die Entwicklung von biobasierten Kunststoffverpackungen. Bereits im Jahr 2009 entwickelte Coca-Cola die „Plant Bottle“ aus 30 Prozent Biomasse und hat seitdem mehr als 35 Milliarden dieser Flaschen in Umlauf gebracht. Derzeit arbeitet Coca-Cola gemeinsam mit dem niederländischen Forschungs- und Technologieunternehmen Avantium an der Entwicklung von Flaschen aus PEF, einem innovativen Material, das zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen besteht und vollkommen recycelbar ist. PEF hat vergleichbare Eigenschaften wie PET, weist zusätzlich aber bessere Barriereeigenschaften auf, die es erlauben, die Materialdicke zu reduzieren und somit Ressourcen zu schonen.

Beispiele

Tetra Rex® ist der erste vollkommen aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Getränkekarton von Tetra Pak. Die Kartons bestehen ausschließlich aus zuckerrohrbasiertem Kunststoff und Karton. Das brasilianische Unternehmen Braskem produziert den verwendeten biobasierten Kunststoff. Das Zuckerrohr wird auf brach liegenden Weideflächen angebaut.

Tetra Rex® ist der erste vollkommen aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt Getränkekarton von Tetra Pak.

Tetra Rex® (Bild: Tetra Pak)

iChoc-Folienverpackung aus NatureFlex™ der Firma Futamura. Die Folie besteht zu 90 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen auf Holzfaserbasis und ist kompostierbar und entsprechend zertifiziert nach dem europäischen Standard für industrielle Kompostierung EN 13432. Die eingesetzte Holzfaser ist FSC-/PEFC zertifiziert.

iChoc-Folienverpackung aus NatureFlex™ der Firma Futamura.

iChoc-Folienverpackung (Bild: iChoc)

Biologisch abbaubare Verpackungen werden vor allem im Bereich der Frischlebensmittel immer beliebter. Vor allem Kunststoffe wie PLA, PHA, PBAT, PBS und Starch Blends kommen hierbei zum Einsatz. Flexible Verpackungslösungen wie Folien oder Schalen sind insbesondere geeignet für frische Nahrungsmittel wie Obst oder Gemüse, da sie die Haltbarkeit der Produkte verlängern und somit Lebensmittelverschwendung vermeiden. Zudem lassen es kompostierbare Kunststoffverpackungen zu, verdorbene Nahrungsmittel oder Nahrungsmittelreste gemeinsam mit der Verpackung oder gesammelt in kompostierbaren Bioabfallbeuteln dem organischen Recycling zuzuführen, um daraus wertvollen Kompost oder Biogas zu gewinnen.

Schalen aus biobasiertem und biologisch abbaubarem Material Bio-Flex® F 6611, hergestellt von DISCOM Group srl. Es besteht zu 60 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, ist biologisch abbaubar und hitzebeständig bis zu 135°C.

Schalen aus biobasiertem und biologisch abbaubarem Material Bio-Flex® F 6611, hergestellt von DISCOM Group srl. Es besteht zu 60 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, ist biologisch abbaubar und hitzebeständig bis zu 135°C.

Schalen Bio-Flex® F 6611, hergestellt von DISCOM Group srl.

Innovative Materialien und verbesserte Eigenschaften

Die Biokunststoffindustrie hat in den vergangenen Jahren verstärkt in die Entwicklung neuer, innovativer Materialien mit verbesserten Eigenschaften und höherer Funktionalität investiert. PBS-basierte Materialien oder funktionale biologisch abbaubare Beschichtungen sind zum Beispiel bieten eine nachhaltige Alternative zu vielschichtigen Verbundverpackungen, da nur noch eine Folie notwendig ist, um frische Nahrungsmittel zu schützen, und damit die Menge an Verpackungsmaterial zusätzlich reduziert werden kann. Entwicklungen wie diese verdeutlichen einen unausweichlichen Trend und sind das Resultat von erheblichen Investitionen in die Forschung und Entwicklung der nächsten Generation von nachhaltigen Biokunststoffen, angeführt von den vielen innovativen kleinen und großen Unternehmen, die sich auf die Entwicklung dieser zukunftsträchtigen Technologie spezialisieren.

Marktausblick: Vormarsch der Biokunststoffe im Verpackungsbereich

Biokunststoffe erleben derzeit eine regelrechte Renaissance mit Wachstumsraten zwischen 20 und 100 Prozent, der sich auch in den kommenden Jahren weiter fortsetzen wird. Laut der aktuellsten Marktdatenauswertung von European Bioplastics (in Zusammenarbeit mit dem nova-Institut) wird der weltweite Markt für Biokunststoffe weiter stark anwachsen, von derzeit 4,16 Millionen Tonnen auf etwa 6,11 Millionen Tonnen im Jahr 2021. Verpackungen sind dabei einer der größten und wichtigsten Anwendungsbereiche für Biokunststoffe mit derzeit knapp 40 Prozent Anteil an der gesamten weltweiten Biokunststoffproduktion (1,6 Millionen Tonnen im Jahr 2016). In den kommenden Jahren wird der Anteil noch weiter ansteigen: auf 42 Prozent und rund 2,5 Millionen Tonnen bis 2021. Mehr Informationen zu den aktuellsten Marktdaten und der prognostizierten Marktentwicklung für Biokunststoffe weltweit finden Sie unter: http://www.european-bioplastics.org/market.