Setzen Verpackungsmaschinenhersteller und ihre Kunden eher auf maximale Flexibilität oder bevorzugen sie Komplettlösungen für jeweils eine Verpackungsanwendung? Die Meinungen dazu gehen weit auseinander. Deshalb wollen wir wissen, wie renommierte Verpackungsspezialisten dazu stehen.
Maximale Flexibilität oder anwendungsspezifische Komplettlösung: Auf den ersten Blick erscheinen diese beiden Anforderungen unvereinbar. Aber ist das wirklich so? Wie geht man mit diesem vermeintlichen Gegensatz z. B. bei Schubert um? Unser Interview mit Martin Sauter, Leiter Vertrieb bei der Gerhard Schubert GmbH.
pj: Herr Sauter, welcher Trend ist für Schubert relevanter – hoch flexible Verpackungsanlagen oder eher einzelne Komplettlösungen?
Martin Sauter: Auf den ersten Blick erscheinen diese beiden Anforderungen unvereinbar. Für uns bei Schubert bedeuten Flexibilität und Komplettlösung aber keine Gegensätze. Daher müssen wir auch keine Richtungsentscheidung treffen. Unsere TLM-Maschinen vereinen durch ihren modularen Aufbau und unseren ganzheitlichen Blick auf den gesamten Verpackungsprozess beide Seiten. Allerdings verlangt der Markt inzwischen an verschiedenen Punkten deutlich flexiblere Lösungen. Und auch die technologischen Entwicklungen – Stichwort „Digitalisierung“ – stellen bekannte und bewährte Prozesse infrage.
pj: Welche Entwicklungen fordern denn aus Ihrer Sicht eine besonders hohe Flexibilität?
Martin Sauter: Als eines der aktuellen Themen sehen wir die offene Frage nach dem Verpackungsmaterial. Hier entsteht momentan eine große Dynamik in der Branche. Denn gefordert sind möglichst umweltschonende Verpackungen, die gleichzeitig das Produkt optimal schützen und für die Endverbraucher kostenneutral sind. Mehr Karton statt Plastik, mehr Papier-Barriereschichten anstelle Mehrschicht-Barrierefolie: So sieht die Zukunft aus.
Diese Alternativen können in unseren Maschinen aber auch jetzt schon verwendet werden. Schließlich ist die papierbasierte Verpackung seit mehr als 50 Jahren Teil der Schubert-Welt. Doch die Hersteller stehen vor einer neuen Herausforderung und wünschen sich Lösungen, die nachrüstbar sind. Daher legen wir bei der Entwicklung neuer Anlagen ein großes Augenmerk auf flexible Einsatzmöglichkeiten und testen neue Verpackungsmaterialien auf Qualität und Prozesstauglichkeit selbst mit eigenen Maschinen. Bei neuartigen Folien werden beispielsweise die Dichtigkeit der Schlauchbeutelverpackungen und die Qualität der Siegelnaht in einem unserer Flowmodule unter die Lupe genommen.
pj: Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang den zunehmenden Trend zu personalisierten Produkten?
Martin Sauter: „Mass Customization“ ist auf jeden Fall eine zweite bestimmende Entwicklung für die Verpackungsbranche. Die Produktvielfalt nimmt stetig zu, und zwar nicht nur beim Produkt selbst, sondern auch bei den Verpackungsvarianten und den Optionen zur Personalisierung. Das heißt, die Produktionseinheiten werden kleiner, und es muss häufiger umgerüstet werden. Hersteller benötigen also mehr und mehr hoch flexible Verpackungsanlagen, die einfache und schnelle Formatwechsel erlauben und anschließend sofort wieder einsatzbereit sind.
Genau das entspricht auch unserer Philosophie: Eine Schubert-Anlage soll ohne Anlaufkurve sofort fehlerfreie Produktionsergebnisse liefern. Gerade in schnelllebigen Bereichen wie der Kosmetikbranche, in denen sich die „time to market“ weiter verkürzt, sind diese Funktionen wesentlich für eine reibungslose und effiziente Produktion. Hier spielt uns aber die Digitalisierung in die Karten und eröffnet neue Wege in ungeahntem Ausmaß.
pj: Worum geht es Ihnen hier genau?
Martin Sauter: Eine neue digitale Möglichkeit, die in der Industrie stark wächst, ist die additive Fertigung. Wir setzen das Verfahren für den 3D-Druck von Formatteilen für Roboterwerkzeuge ein. Individuelle 3D-Werkzeuge, die formschlüssig auf Produkte angepasst sind, können nun in Minuten gewechselt oder sogar über unsere Part-Streaming-Plattform direkt in der Fertigung ausgedruckt werden.
Ein zweiter Weg, der mehr Flexibilität ermöglicht, führt über die Maschinensteuerung: Schubert nutzt den internationalen Standard OPC-UA als Maschinensprache für seine Verpackungsmaschinensteuerung VMS, sodass sich unsere TLM-Anlagen einfach in Turnkey-Lösungen integrieren lassen. Zudem bietet das jetzt in jeder neuen Schubert-Maschine integrierte Industrial Gateway GS.Gate neue Optionen für vorbeugende Wartung und schnellen Service. So lässt sich die Gefahr eines Maschinenausfalls auf ein Minimum reduzieren.
pj: Und wie integrieren Sie die Flexibilität in Ihre Maschinen?
Martin Sauter: Flexibilität denken wir in erster Linie von der Produktseite aus. Auf nur einer Maschine sollen sich unterschiedliche Produkte mit unterschiedlichen Packungsgrößen in verschiedenen Konfigurationen verpacken lassen. Ich meine damit auch so verschiedene Produkte wie Fläschchen und Kekse. Das ist die Anforderung, die wir an uns stellen und an der wir uns messen.
Dafür haben wir zwei Maschinentypen: zum einen die Pickerlinien, die einzelne Produkte aus der Unordnung verpacken. Das entspricht 100 Prozent Flexibilität. Und zum anderen TLM-Anlagen mit Produktgruppierung – entweder mit Pick-and-Place-Robotern, was in dieser Rechnung ungefähr 70 Prozent Flexibilität ergibt, oder mit mechanischer Vorgruppierung. Hier könnte man von 50 Prozent Flexibilität sprechen, wobei diese Zahl durch wechselbare Vorgruppierungswerkzeuge auch wieder gesteigert werden kann. Da steckt die Flexibilität also im Werkzeug. Die Mechanik macht aber nur einen Teil davon aus, wie flexibel eine Maschine ist. Deshalb betrachten wir Mechanik, Elektrik und Software als integriertes System, dessen Variabilität letztendlich in der Verpackungsmaschinensteuerung VMS abgebildet wird.
Vom Produkt geht es dann weiter über die Sekundär- und Tertiärverpackungen: verschiedene Gebindegrößen, Einzelprodukte, variable Produktanordnungen, Karton, Schlauchbeutel oder Tray, jeweils aus unterschiedlichen Materialien, das sind alles Varianten, die wir auf ein- und derselben Maschine durch die modulare Technologie realisieren können. Schubert-Maschinen haben praktisch per Design die Flexibilität bereits eingebaut.
pj: Was bedeutet dann für Schubert eine Komplettlösung?
Martin Sauter: Im Prinzip genau das: Durch die flexible Technologie sind wir in der Lage, den kompletten Verpackungsprozess vom nackten Produkt bis zur lieferfertigen Palette nahtlos in einer Schubert-Anlage abzubilden. Wir betrachten bei jedem Auftrag die vor- und nachgelagerten Prozesse, um den Kunden die beste Lösung zu liefern. Dafür integrieren wir auch Zwischenprozesse, beispielsweise bei Track-and-Trace-Lösungen für die Pharmaindustrie. Klassische Einzelmaschinen sind bei Schubert schon lange kein Schwerpunkt mehr, wir bauen Anlagen mit mindestens zwei bis zu x-beliebigen integrierten Prozessen.
Komplettlösung heißt für uns aber auch der Ausbau unseres Technologieportfolios. In den letzten Jahren haben wir uns zahlreiche Verfahren erarbeitet, die wir nun selbst in die TLM-Anlagen integrieren können. Dazu gehören Verfahren wie das Tiefziehen, Siegeln oder Stanzen, aber auch Prozesse wie das Abfüllen von Flüssigkeiten oder das Dosieren von Pulvern. Als komplementäre Technologie entwickeln wir unsere Roboter ohne Schutzraum, die Cobots. Man könnte also sagen, dass Schubert Komplettlösungen liefert, die aber in sich flexibel sind und bleiben.
Weitere Informationen auf http://www.schubert.group