Lohnverpackung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung

Mitarbeiter einer gdw Behindertenwerkstatt bei der Konfektionierung
Die Arbeit im Logistikbereich der Werkstatt der gdw-süd in Sindelfingen. (Bild: gdw)

In Deutschland arbeiten rund 300.000 Menschen mit Behinderungen in Werkstätten. Diese offerieren ein umfangreiches Angebot, das auch Konfektionierung, Verpackung und Logistik umfasst. Über die Genossenschaft der Werkstätten (gdw) erhalten Kunden dabei alle Leistungen aus einer Hand.

Als gemeinnütziger Zusammenschluss bietet die Genossenschaft der Werkstätten (gdw) Dienstleistungen an, die eine Werkstatt alleine nicht bewerkstelligen kann, beispielsweise die bundesweite Aktenvernichtung. Kunden profitieren davon, dass sie mit der gdw nur einen Ansprechpartner haben, über den sie auf unterschiedliche Leistungen verschiedener Werkstätten zugreifen können – ohne selbst die Organisation solcher Verbundprojekte übernehmen zu müssen. Die Genossenschaft sorgt zudem für den Know-how-Transfer zwischen den Werkstätten.

„Unser vorrangiges Ziel ist aber die Vermittlung von Aufträgen an die Werkstätten. Wir wollen damit Menschen mit Behinderungen die Teilnahme am Erwerbsleben ermöglichen und ihnen sinnvolle Tätigkeiten bieten.“ Thomas Hille, Projektleiter im Geschäftsbereich Berlin/Brandenburg der gdw mitte

Dazu koordiniert die Genossenschaft die Arbeit von insgesamt 682 Werkstätten – bundesweit auch über die Schwestergesellschaften gdw nord und gdw süd. So ist die gdw beispielsweise das deutschlandweit größte Netzwerk an Fachbetrieben für Akten- und Datenträgervernichtung.

Gut verpackt, sicher verschickt, regional und nachhaltig

Die meisten Werkstätten haben sich auf bestimmte Arbeitsgebiete ausgerichtet, darunter Büroservice, Digitalisierung bzw. digitale Archivierung, Elektro-Altgeräte-Recycling, Druck und Grafik, Garten- und Landschaftspflege, Wäscherei oder Fertigung. Eine Hanauer Werkstatt betreibt mittlerweile den zweiten Unverpacktladen.

Als Full-Service-Dienstleister mit einem bundesweiten Netz an angeschlossenen Werkstätten bietet die gdw aber auch ein umfangreiches Leistungsspektrum in der Konfektionierung und Verpackung von Waren. „Der größte Teil unserer Werkstätten verfügt über Möglichkeiten in diesem Bereich, und der Geschäftsbereich generiert ein Drittel bis ein Viertel der Umsätze“, sagt Thomas Hille. Dabei kann das gesamte Spektrum abgedeckt werden: Verpacken, Sortieren, Displaybestücken, Blistern, Sleeven/Einschweißen, Folieren, Codieren, Etikettieren, Kommissionieren und Versenden. Von der Lagerhaltung über die Konfektionierung bis zur Logistik erarbeitet die gdw vorher gemeinsam mit den Kunden maßgeschneiderte Leistungspakete.

gdw gibt den Menschen eine sinnvolle Tätigkeit

Die Aufträge liegen in der Regel im mittleren Stückzahlsegment, in dem sich für die Kunden der Einsatz von Maschinen nicht lohnt und sie die Arbeit outsourcen wollen. Für die Abwicklung steht ein moderner Maschinenpark zur Verfügung, über den große und kleine Warenmengen nach industriellen Standards verpackt und konfektioniert werden.

Thomas Hille ist Projektleiter im Geschäftsbereich Berlin/Brandenburg der gdw mitte

(Bild: gdw)

„Natürlich verfügen unsere Werkstätten auch über Maschinen, aber es geht ja darum, den Menschen eine sinnvolle Tätigkeit zu geben. Daher spielen wir unsere volle Stärke dort aus, wo Maschinen an ihre Grenzen stoßen. Unsere Mitarbeiter konfektionieren und verarbeiten vieles manuell. Kleinmengen für Mailings und Mustermappen sind für uns ebenso Tagesgeschäft wie die Bestückung von Displays und die Abwicklung des Retourenmanagements. Themen, bei denen wir schon heute zu den führenden Anbietern in Deutschland gehören. Im Vordergrund steht für uns zwar die Beschäftigung behinderter Menschen, aber wir bewegen uns natürlich auch auf dem Markt. Das heißt, wir müssen bestimmte Stückzahlen in einer bestimmten Zeit schaffen.“ Thomas Hille

Kurze Logistikwege gehören ebenfalls dazu: Eine der angeschlossenen Werkstätten der gdw ist fast immer in der Nähe eines Kunden und kann Verpackungs- und Konfektionierungstätigkeiten individuell übernehmen.

Erfolgreiche Berliner Verbundprojekte

Man sei stark darin, alle Leistungen aus einer Hand zu bieten. Ein Beispiel: Die Beschäftigten befüllen Flaschen mit Flüssigseife, bringen das Etikett auf und übernehmen die Endverpackung in Kartons, adressieren diese und machen sie postfertig. Für das mittelständische Unternehmen SAL de IBIZA füllen gdw-Werkstätten beispielsweise Salz in Tüten oder Keramikbecher ab, nachdem sie es zuvor von Verunreinigungen befreit haben. Dann etikettieren sie die Gebinde und verpacken diese transportfertig in Kartonagen. In Berlin sind an diesem Projekt fünf Werkstätten beteiligt. Drei weitere Berliner Werkstätten füllen für die Popkonditorei Knalle, ein erfolgreiches Start-up, Popcorn versandfertig in Tüten ab.

Deutschlandweit sind natürlich auch die Werkstätten für behinderte Menschen von der Covid-19-Pandemie betroffen. Trotzdem sei die Produktion bisher weitergelaufen, um die dringendsten Aufträge abzuarbeiten, wenn auch teils mit reduziertem Personaleinsatz. Priorität hatten dabei u. a. Aufträge im Bereich der Medizintechnik, wie zum Beispiel das Verpacken von Desinfektionsmitteln oder das Nähen von Mundschutzmasken.

Mitarbeiter einer gdw Behindertenwerkstatt macht Lebensmittel für den Onlineversand fertig

In den Delphin-Werkstätten Berlin werden zuvor abgefüllte Lebensmittel für den Onlineversand fertig gemacht. (Bild: gdw)

Auf die Qualität der Dienstleistungen können Kunden zu jeder Zeit vertrauen. Einige erfordern die Einhaltung hoher Sicherheitsstandards, andere wiederum unterliegen strengen gesetzlichen Bestimmungen und Vorgaben in der Ausführung. Jede Werkstatt, die mit diesen Aufgaben betraut ist, verfügt über die notwendigen Zertifizierungen und Voraussetzungen. Die Qualität wird dabei langfristig und vor allem gleichbleibend auf einem Stand gehalten und dies nach EN ISO 9001 dokumentiert.

gdw erstmals Aussteller auf der FachPack 2019

Im letzten Jahr ist die gdw Mitte erstmals als Aussteller auf der FachPack aufgetreten. „Damit sind wir andere Vertriebswege angegangen, haben Kontakte geknüpft und wollten neue Projekte finden. Schon im Jahr zuvor hatte ich mir die Messe als Besucher angesehen, um herauszufinden, ob eine Teilnahme für uns als Lohndienstleister überhaupt Sinn macht.“ 2019 war die gdw dann mit sieben Partnerwerkstätten auf der FachPack vertreten.

Aufträge lohnen sich für Unternehmen
Jedes Unternehmen ab einer Größe von 20 Mitarbeitern ist verpflichtet, mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Wer dies nicht ermöglichen kann, muss die gesetzlich vorgeschriebene Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabe entrichten. Der Vorteil für Kunden der gdw: 50 Prozent der Lohnleistung können auf die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabe angerechnet werden. Das ist für alle Unternehmen interessant, die keine behinderten Menschen beschäftigen und dafür pro Arbeitsplatz den Ausgleich zahlen müssen.