Von der Heißabfüllung bis zur In-Pack-Sterilisation: Wer Lebensmittel thermisch behandeln will, braucht ein Verpackungsmaterial, das den gesamten Prozess zuverlässig mitträgt. Aus guten Gründen ist Glas dabei ein optimaler Partner – temperaturbeständig, formstabil und praktisch inert. Effizient in der Abfüllung, bewahrt es die Qualität empfindlicher Produkte und erfüllt höchste Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit.
Lebensmittel und Getränke müssen sicher sein – nicht nur frisch, sondern auch mikrobiologisch stabil. Dabei sind viele Produkte empfindlich gegenüber Keimen, Enzymen und Oxidation. Um Haltbarkeit, Hygiene und Produktschutz zu gewährleisten und dabei ohne Zugabe unnötiger Konservierungsstoffe auszukommen, setzen Hersteller auf thermische Verfahren. Diese Prozesse – von Heißabfüllung über Pasteurisation bis Sterilisation – sind nicht nur sinnvoll, sondern, je nach Lebensmittel, auch gesetzlich gefordert.

Hohe Anforderungen an das Material
Doch thermische Haltbarmachung stellt hohe Anforderungen an die Verpackung: Je nach Verfahren muss sie Temperaturen von bis zu 130 °C aushalten, darf sich nicht verformen, nicht mit dem Inhalt reagieren und muss zudem sauerstoffdichten Verschluss gewährleisten. Im besten Fall lässt sich die Verpackung verbraucherfreundlich öffnen und wiederverschließen. Viele Materialien stoßen hier schnell an ihre Grenzen. Klaus Dembski, Experte für Verpackungsglas beim Bundesverband Glasindustrie e. V., ist langjähriger Branchenkenner mit Fokus auf Lebensmittelanwendungen. Er bringt die Anforderungen aus Produktion, Regulierung und Materialtechnologie auf den Punkt.
„Wer Lebensmittel unter Hitze abfüllt oder sterilisiert, braucht Verpackungen, die robust sind und gleichzeitig produktschonend begleiten. Die Anforderungen sind: maximale Hitzebeständigkeit, absolute Dichtheit und chemische Neutralität. Genau hier spielt Glas seine Stärken aus.“
Klaus Dembski, Experte für Verpackungsglas beim Bundesverband Glasindustrie e. V
Drei Wege zur Produktsicherheit
Die thermische Verarbeitung sensibler Lebensmittel wird von drei gängigen Verfahren dominiert: Heißabfüllung, In-Pack-Pasteurisierung und In-Pack-Sterilisation. Wie und warum sie auf diese Verfahren setzen, zeigen Unternehmen, die in ihren Segmenten als Qualitätsführer gelten. Sie alle setzen aus Überzeugung auf Glas – als sicheres, prozessstabiles und konsumentenfreundliches Verpackungsmaterial.
Bei der Heißabfüllung wird das Produkt typischerweise auf 85 bis 95 °C erhitzt und sofort abgefüllt. Die Hitze tötet Mikroorganismen ab. Beim anschließenden Abkühlen entsteht ein stabiler Unterdruck, der das Produkt schützt. Glas bleibt bei diesem Verfahren nicht nur formstabil, sondern trägt durch seine thermische Masse sogar zur mikrobiellen Sicherheit bei: Die gespeicherte Restwärme wirkt auf der Innenwand des Glases weiter – ein effektiver Nachsterilisationseffekt ohne zusätzliche Prozessschritte. Besonders bei Produkten mit niedrigem pH-Wert wie Fruchtsäften oder Smoothies ist dieses Verfahren etabliert.
Beispiel Rabenhorst
Beim Premium-Safthersteller Haus Rabenhorst kommt Glas als zentrales Verpackungselement zum Einsatz. Das Unternehmen bietet ein hochwertiges Sortiment, von Direktsäften bis hin zu funktional angereicherten Säften und Heißgetränken, an. Die Produkte werden kurzzeitig bei etwa 80 bis 90 °C schonend pasteurisiert – einer Temperatur, bei der Mikroorganismen zuverlässig abgetötet werden, jedoch hitzeempfindliche Inhaltsstoffe weitestgehend erhalten bleiben. Danach werden sie unter kontrollierten Bedingungen heiß in die charakteristischen Haus-Rabenhorst-Flaschen abgefüllt. Durch minimierten Sauerstoffkontakt und aktive Rückkühlung bleiben natürliche Farbstoffe und Aromaträger sowie Vitamine hervorragend geschützt. Braunglas gewährleistet UV-Schutz, thermische Stabilität und Inertheit, was entscheidend für Qualität und Langlebigkeit von Premium-Direktsäften ohne Zusatzstoffe ist.

Haus Rabenhorst setzt auf UV-Schutz, thermische Stabilität und Inertheit von Braunglas. (Bild: Rabenhorst)
Schonend pasteurisiert
Die In-Pack-Pasteurisierung erfolgt bei bereits verschlossenen Behältern – typischerweise in Heißwasserbädern oder Dampfkammern bei 70 bis 100 °C. Glas ermöglicht durch seine gleichmäßige Wärmeleitfähigkeit eine homogene Erhitzung, was Überhitzung oder unzureichende Behandlung an kritischen Punkten verhindert. Dank seiner hohen thermischen und mechanischen Stabilität bleibt es selbst nach wiederholten Hitzezyklen formstabil und zuverlässig dicht. Das gilt als ein entscheidender Vorteil bei Mehrwegverpackungen oder wiederholten Pasteurisierungsprozessen. Produkte wie eingelegtes Gemüse, Konfitüren oder Soßen werden dabei schonend behandelt, um Mikroorganismen zu reduzieren und die Haltbarkeit zu gewährleisten.
Beispiel Carl Kühne KG
Bei eingelegtem Gemüse, wie es die Carl Kühne KG produziert, ist Glas nicht wegzudenken. Hier wird nach der Abfüllung pasteurisiert – meist bei ca. 80 bis 95 °C über 20 bis 30 Minuten. Die Pasteurisierung neutralisiert unerwünschte Mikroflora (z. B. Hefen und pathogene Keime) und verhindert mikrobiologischen Verderb, ohne Produkteigenschaften wie etwa die Textur maßgeblich zu beeinträchtigen. Das Verfahren reicht von einfachen Essig-Gemüse-Konserven bis zu komplexeren Dressings – alles in robustem Glas. Das praktisch inerte Verpackungsmaterial gewährleistet dabei Prozesssicherheit, Barrierefunktionen und Qualitätsverhalten, das speziell im sensiblen Sauermilieu essenziell ist.

Bei eingelegtem Gemüse ist Glas nicht wegzudenken. (Bild: Carl Kühne)
Autoklav-Sterilisation für sensibelste Produkte
Bei der In-Pack-Sterilisation werden verschlossene Glasbehälter auf Temperaturen von 110 bis zu 140 °C erhitzt – meist in rotierenden Autoklaven, in denen Wasser oder Dampf durch Bewegung für eine gleichmäßige Wärmeverteilung sorgt. Der hohe Druck im Autoklav von bis zu 3 bar stellt sicher, dass das Produkt während des gesamten Erhitzungszyklus in einem kontrollierten Zustand bleibt. Glas hält nicht nur Hitze und Druck aus, sondern schützt durch seine Inertheit auch empfindliche Rezepturen vor Stoffmigration oder Fremdgeschmack. Besonders bei sensiblen und wenig säurehaltigen Produkten wie Babynahrung oder proteinreichen Fertiggerichten ist dieses Verfahren essenziell.
Beispiel HiPP
Das Familienunternehmen HiPP füllt seit 1959 seine Babynahrung in Gläschen ab und setzt dabei konsequent auf Glas und In-Pack-Sterilisation. Die Kombination aus Druck, Bewegung und Temperatur im Vollwasser-Autoklav gewährleistet gleichmäßige und schnelle Erhitzung. Das Ergebnis: mikrobiologische Sicherheit bei maximaler Schonung der Nährstoffe. Glas ist für das Unternehmen die optimale Wahl, denn es hält dem Prozess zuverlässig stand und bewahrt gleichzeitig Geschmack und Qualität. Die konsequente Leichtglas-Strategie ohne Kompromisse hinsichtlich Sicherheit und Stabilität unterstützt zudem Nachhaltigkeit und sichere Verpackungsleistung.

Mikrobiologische Sicherheit für die Kleinsten bei maximaler Schonung der Nährstoffe. (Bild: HiPP)
Effizienz im Verpackungsprozess
Nicht nur der Schutz des wertvollen Inhalts ist ein Vorteil von Glasverpackungen. Auch die Effizienz im Abfüll- und Verpackungsprozess spricht für das Material: Standardisierte Formate und Formstabilität erlauben hohe Abfüllgeschwindigkeiten, die glatte nichtporöse Oberfläche erleichtert Reinigung und Desinfektion und ermöglicht hohe Hygienestandards. Darüber hinaus erlaubt die auch unter Hitzeeinwirkung transparente Beschaffenheit Inline-Kontrollen per Kamera: etwa zur Füllstandmessung, Etikettenpositionierung oder Verschlusskontrolle. Auch Glasbrucherkennung oder Leerbehälterprüfung können zuverlässig im Durchlauf erfolgen. „Moderne Glasverpackungen sind nicht nur robust und sicher, sondern auch hervorragend prozesstauglich – von der Fülllinie bis zur Etikettierung“, betont Dembski.
Von Natur aus kreislauffähig
Neben seinen funktionalen Stärken im thermischen Prozess und in der Lebensmittelsicherheit überzeugt Glas auch durch seine Kreislauffähigkeit. Es benötigt keine zusätzlichen Beschichtungen oder funktionellen Barrieren, um Produkte vor Migration, Oxidation oder Licht zu schützen. So lassen sich Glasverpackungen unendlich oft und ohne Qualitätsverlust zu 100 Prozent recyceln. Damit ist Glas von Natur aus kreislauffähig und erfüllt die Anforderungen der EU-Kreislaufwirtschaftsstrategie bereits heute.
Übrigens: In Deutschland liegt der Anteil von Recyclingglas in Glasverpackungen bei durchschnittlich 60 Prozent, bei Grünglas sogar bei rund 90 Prozent. Und natürlich lassen sich Glasverpackungen nicht nur recyceln, sondern auch wiederverwenden. Im Mehrwegkreislauf sind je nach Produkt und System bis zu 50 Umläufe möglich.
Glas ist also ein echter Champion, wenn es heiß wird. Klaus Dembski weiß all diese positiven Eigenschaft der Glasverpackungen zu schätzen – und das nicht nur aus professioneller Sicht. Seinen eigenen besonderen Glasmoment hat er längst gefunden: „Immer, wenn ich ein Glas mit Gurken oder knackigen Würstchen öffne, freue ich mich über das Geräusch beim Aufdrehen des Schraubverschlusses. Das ist für mich der gesamte Prozess in einem einzigen satten ‚Klick‘“.