Bereits in Ausgabe 3/22 schrieb Dr. Andrea Dreusch an dieser Stelle über die strengen gesetzlichen Regelungen, die Verpackungsherstellern im Lebensmittelbereich auferlegt werden. Besonders der mikrobiologische Bereich kann für unerfahrene Produzenten schnell zur Stolperfalle werden. Ein durchdachtes Hygienesystem ist dementsprechend ein Muss.
Wenn die HACCP-Analyse (Hazard Analysis and Critical Control Point) mikrobiologische Risiken ermittelt hat, sind Hygienemaßnahmen oft die Lösung. Hygiene ist aber mehr als nur Reinigung und Desinfektion. Verpackungshersteller tun gut daran, das Thema in einem Managementsystem zu erfassen. Das Ergebnis sind geringe Keimlasten auf den Produkten und zufriedene Kunden.
Hygienemanagement
Die DIN 15593 beschäftigt sich mit dem Hygienemanagement bei der Herstellung von Lebensmittelverpackungen. Wie bei den harmonisierten Managementnormen üblich, wird von den Pflichten des Managements über die Dokumentation bis zu den Verfahren zum Umgang mit fehlerhaften Produkten und Reklamationen sowie den Themen der Überwachung und Kontrolle und internen Audits alles in bekannter Weise geregelt. Die Norm fordert zudem eine Gefahrenanalyse, Risikobewertung und Vorsorgeprogramme.
Die hier beschriebenen Punkte umfassen die grundsätzlichen Maßnahmen, um Kontaminationen zu vermeiden. Sie ermöglichen die Beherrschung mikrobiologischer Einträge, auch wenn die Formulierungen sehr offen gehalten werden und vom Unternehmen die Konkretisierung bezüglich der eigenen Prozesse erfordern. Der Ansatz zur stetigen Verbesserung ist auch in diesem Managementsystem die Grundlage zur schnellen Erfassung von Fehlern, der zutreffenden Korrektur und nachhaltigen Vermeidung des Wiederauftretens.
Vorsorgeprogramme
Keinesfalls genügt es, wenn für „Hygiene“ nur „Reinigung und Desinfektion“ geregelt werden. Gemeinhin sinnvolle Vorsorgeprogramme für die Herstellung von Lebensmittelverpackungen listet die DIN 10553 auf. Sie werden auch in der DIN ISO/TS 22002-4 beschrieben. Die Norm, die zum FSSC-System gehört, empfiehlt für Mensch, Maschine, Material, Methode und Umwelt vorbeugende Regelungen.
Bezüglich der eingesetzten Ausrüstung (Maschine) fordert sie beispielsweise eine „hygienische Auslegung“. Detailliertere Handreichungen können in der DIN EN 1672-2 gefunden werden. Auch die privatwirtschaftlichen Standards wie IFS PACsecure oder BRCGS Packaging Materials helfen mit nützlichen Vorgaben. Welche Themen betrachtet werden müssen, entscheidet das Unternehmen auf Basis einer Risikobetrachtung. Wenn alle nötigen Vorsorgeprogramme implementiert sind, wird das System mit einer Stufenkontrolle validiert und freigegeben.
Vorbereitung
Verpackungen sollen die Haltbarkeit der Lebensmittel unterstützen. Das bedeutet, dass sie weder den Nährboden für Keime bieten sollen, noch selbst Keime in wesentlichen Mengen mitbringen dürfen. Zulässige Materialien und mögliche Stoffübergänge sind umfangreich gesetzlich geregelt. Schwieriger wird es bei den Keimgrenzen. Hier sucht man sinnvolle Vorgaben oft vergebens.
Daher kann es nützlich sein, die Grenzwerte einzuhalten, die für den Lebensmittelbereich selbst vorgeschlagen werden. Hier gibt die DIN 10516 Empfehlungen ab. Die Norm schlägt Grenzwerte für gereinigte und desinfizierte Oberflächen vor. Für Schnelltests nach anderen Prüfparametern finden sich passende Werte in der DIN 10502-2.
Egal, welche Werte herangezogen werden sollen, es ist wesentlich, vorab die Prüfmethode und die zulässige Schwankungsbreite mit dem Kunden abzuklären.
Stufenkontrolle – Validierung
Ob die Vorsorgeprogramme passen, zeigt die Validierung. Hierzu eignet sich eine mikrobiologische Stufenkontrolle. In der Praxis kann ein Grundriss mit Stellplan genutzt werden, in den bei einem Betriebsrundgang eingetragen wird, wo eine mikrobiologische Kontamination erfolgen könnte. Zu berücksichtigen sind mindestens Mensch, Maschine, Material, Methode (z. B. Staubentwicklung, umfangreiche Manipulationen), Umwelt (z. B. Lufteingänge, Türen). Kritische Punkte können dann daraufhin untersucht werden, ob nachfolgend noch eine Reduzierung gegebenenfalls eingetragener Keime erfolgt (z. B. Erhitzungsvorgänge).
Die Punkte, wo nachträglich keine Reduzierung möglich ist, sind potenzielle Prüfpunkte. Geprüft werden sollten in einer ersten intensiven Betrachtung möglichst viele davon. Mikrobiologische Abklatschprüfungen vermitteln die umfangreichsten Informationen: Es kann geprüft werden, ob, wie viele und/oder welche Keime an einer bestimmten Stelle vorhanden sind. Die Testungen sind dabei bei Labordienstleistern erhältlich. Je nach Risiko ist es aber nicht unbedingt nötig, so intensiv zu testen. Schnelltests wie die CleanCard (z. B. von Amfora Health Care) geben Auskunft über Verschmutzungen. Hier wird nicht zwangsläufig ermittelt, ob Keime auf der Oberfläche vorhanden sind, aber „je schmutziger, desto wahrscheinlicher“ kann als Aussage ausreichend sein.
Sind Prüfpunkte belastet, muss die Ursache gefunden werden, um an den zuständigen Vorsorgeprogrammen nachzusteuern. Sind es Einträge durch die Mitarbeitenden, benötigt das Personalhygienesystem ein Update. Ist es ein Eintrag über die Lüftungsanlage, muss hier gegengesteuert werden.
Verifizierung
Das System aus Vorsorgeprogrammen und allen dem Hygienemanagement unterliegenden oder dieses beeinflussenden Prozessen muss regelmäßig überprüft werden. BRCGS Packaging Materials empfiehlt: „Die Häufigkeit der Überprüfungen und Probennahmen hat gemäß der branchenüblichen Praxis bzw. den Kundenanforderungen zu erfolgen und muss auf Risikoanalysen basieren.“ IFS PACsecure empfiehlt: „Der Prüfplan ist regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren, und zwar auf der Grundlage der Ergebnisse, Änderungen der Rechtsvorschriften oder der Fragen, die sich auf die Produktsicherheit, Qualität oder Legalität auswirken können.“ Prüfpunkte der Validierung sollten hier weiterverfolgt werden, um Trends frühzeitig zu erkennen.
In Abhängigkeit von den Ergebnissen können die Probenanzahlen sukzessive verringert oder die Abstände der Prüfungen vergrößert werden. Ebenso denkbar ist es, Schnelltests mit Abklatschprüfungen zu vergleichen und diese dann an den weniger relevanten Punkten regelmäßig einzusetzen. Kostspielige Mikrobiologie kann nachfolgend den Sonderfällen vorbehalten bleiben. Ein gut durchdachtes System kann so bei moderatem Kostenaufwand für stabile Produktsicherheit sorgen.
http://www.cp-management.de
http://www.praxistrainings-lms.de
Gastautorin: Dr. Andrea Dreusch, Director CPM Unternehmensberatung Lebensmittelsicherheit in Karlsruhe
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