Eine hohe Bewegungsdynamik und Flexibilität sind die Erfolgsfaktoren moderner Maschinenkonzepte. Hier kann eine drahtlose Kommunikationsinfrastruktur die Basis für die Umsetzung innovativer Maschinendesigns und optimierter Produktionsprozesse liefern: Die IO-Link-Wireless-Technologie ermöglicht die Echtzeitsteuerung von Maschinen und eine kontinuierliche drahtlose Datenerfassung von Hunderten von Sensoren und Aktoren innerhalb eines Maschinenbereichs.
Von modernen und leistungsstarken Anlagen wird erwartet, dass sie schnelle Produktwechsel, Änderungen der Abläufe oder Fertigungsschritte zu lassen, sich an Veränderungen von Produktionsvolumina anpassen und gleichzeitig mit geringen Ausfallzeiten überzeugen. Eine Steigerung der Produktionseffizienz bei gleichbleibend hoher Prozess- und Produktqualität entscheidet daher maßgeblich über den Wettbewerbserfolg eines Unternehmens. Der Einsatz zukunftsweisender und nachhaltiger Technologien wird immer mehr zum zusätzlichen Indikator des Erfolgs eines Unternehmens.
Drahtlose Hochleistungskommunikation
So ist auch der Siegeszug der IO-Link-Technologie, der vor zwölf Jahren begann, einzuordnen. Mit IO-Link wurde weltweit die erste standardisierte I/O-Technologie entwickelt, die eine bidirektionale Kommunikation zwischen den Sensoren/Aktoren und der Steuerungsebene ermöglicht. Der Erfolg beruht auch auf der einfachen Verdrahtung der Sensoren und Aktoren mit einem Standardkabel.
Zur HMI, der Hannover Messe Industrie, im März 2018 wurde die IO-Link-Wireless-Spezifikation als Erweiterung des IO-Link Standards (IEC 61131-9) durch das IO-Link-Konsortium veröffentlicht. Die hochverfügbare, drahtlose Kommunikationslösung ist für Hochleistungsanwendungen und schnelle Bewegungen ausgelegt.
Denn kabelgebundene Kommunikationslösungen offenbaren bei vielen Motion-Control-Lösungen ihre Grenzen. Es kann nicht nur zu ungeplanten Ausfallzeiten durch Wartungsarbeiten kommen, auch bieten kabelgebundene Lösungen nicht die volle Flexibilität und Agilität, die für viele Automatisierungslösungen erforderlich ist. IO-Link Wireless ermöglicht die nahtlose und herstellerunabhängige Verbindung der Sensor-/Aktor-Feldebene mit der Ebene der Automatisierungssysteme in einer Maschine: Hier kommunizieren Sensoren und Aktoren nun drahtlos mit den Feldbusmastern. Wartungsanfällige Datenkabel entfallen, und völlig neue Anwendungen werden möglich.
Das Unternehmen Coretigo mit Sitz im israelischen Netanya hat maßgeblich an der Spezifikation des IO-Link-Wireless-Standards mitgewirkt und sich auf die Entwicklung von IO-Link-Wireless-Komponenten, -Geräten und -Komplettlösungen spezialisiert. Eran Zigmann, CEO und Mitbegründer von Coretigo, ist davon überzeugt, dass sich die drahtlose IO-Link-Funktechnologie als Schlüsseltechnologie in der Fabrikautomation und zur flexiblen Kommunikation in der Maschine erweisen wird. „Wir sehen ein großes Potenzial für industrielle Anwendungen, da eine sichere, hochverfügbare, deterministische, standardisierte und interoperable Kommunikation wesentlich zur Flexibilität, Modularität, Kosteneffizienz und Adaptionsfähigkeit einer Maschine oder Anlage beiträgt“, so Zigmann.
IO-Link Wireless in Verpackungsmaschinen
So entwickelt der belgische Maschinenbauer Cloostermans-Huwaert aus Hamme seit 2019 gemeinsam mit Cortigo Lösungen für modernste und adaptive Verpackungsmaschinen. Die Belgier sind spezialisiert auf maßgeschneiderte und schlüsselfertige Projektlösungen. Auch die belgische Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev verwendet seit Kurzem die IO-Link-Wireless-Technologie. Ihre Integration in die Produktion erlaubt nun eine erhöhte Agilität, Flexibilität und Modularität, die bisher bei sich schnell bewegenden und rotierenden Maschinenkomponenten, die eine Echtzeitsteuerung und -überwachung erfordern, nicht zu erreichen waren. IO-Link Wireless erweist sich hier als besonders geeignet für die Konstruktion linearer Transfersysteme, bei denen Kabel bisher die Bewegungen, z. B. von Greifern und Vakuumpumpen, einschränkten.
Doch wie steht es um die Zuverlässigkeit im Praxiseinsatz? Martin Reich, Director Business Development für die Region DACH bei Coretigo, erklärt, dass IO-Link Wireless gerade für den Einsatz in Maschinen, die in rauen Produktionsumgebungen betrieben werden, konzipiert wurde.
„Unsere IO-Link-Wireless-Lösungen gewährleisten die Zuverlässigkeit einer kabelgebundenen Kommunikation. Sie ist eine Million Mal zuverlässiger als herkömmliche Funksysteme, wie z. B. Wi-Fi oder Bluetooth. IO-Link Wireless ist für deterministische Anwendungen im Steuerungssegment spezifiziert, hat für Steuerungsanwendungen eine typische Funkreichweite von zwanzig Metern, bei einer Latenz von fünf Millisekunden zwischen dem IO-Link Wireless Master und den Feldteilnehmern. Bei Datensammelapplikationen, mit höheren Latenzzeiten, ist eine Funkreichweite über 100 Meter erreichbar“, so Reich.
Darüber hinaus ermöglichten die IO-Link-Wireless-Systemlösungen dem Konstrukteur eine Vielzahl an neuen Freiheitsgraden im Maschinen- und Anlagenbau.
In 30 Sekunden von wired zu wireless
Um eine schnelle Markteinführung von IO-Link Wireless zu gewährleisten, hat Coretigo die TigoBridge entwickelt. Mit ihr lassen sich alle am Markt verfügbaren IO-Link-Geräte innerhalb weniger Sekunden in ein Wireless-Gerät verwandeln“, erläutert Martin Reich. Hierzu verbindet man die TigoBridge mit dem IO-Link-Geräte-Port eines Sensors oder Aktors. Für die Spannungsversorgung des IO-Link-Geräts wird das offene Ende der Bridge mit einer 24-Volt-Spannungsversorgung verbunden. Die Bridge kann nun mit einem Master verbunden werden (Pairing). Nach dem Pairing verhält sich die Bridge für den Nutzer bzw. Programmierer transparent, sodass es in der Steuerungkeinen Unterschied zwischen verkabelten oder drahtlosen IO-Link-Geräten gibt.
„Mit der TigoBridge können wir alle am Markt erhältlichen IO-Link-Sensoren und -Aktoren, aber auch konventionelle digitale oder analoge Sensoren und Aktoren mittels eines IO-Link Hubs innerhalb von wenigen Minuten in ein IO-Link-Wireless-Gerät verwandeln. Die Anzahl an Sensoren ist quasi unbegrenzt, da die IO-Link-Wireless-Topologie innerhalb der Maschine, Anlage und Fabrik modular erweiterbar ist“, erklärt Martin Reich. So können bestehende Anlagen nachgerüstet bzw. umgerüstet werden, z. B. zum Sammeln von Daten, um einen kontinuierlichen Überblick zum Anlagenzustand zu erhalten. Das ist insbesondere für die vorbeugende Instandhaltung durch planbare Wartungsintervalle und somit für eine höhere Verfügbarkeit der Anlagen von Bedeutung.
„Lineare Transfersysteme mit unabhängig fahrenden Warenträgern sind ein Schlüsselelement bei der Konstruktion neuer Maschinen, wie z. B. Verpackungsmaschinen“, ergänzt Martin Reich. Bisher sind integrierte Funktionen auf diesen Warenträger eingeschränkt, da sie die Echtzeitkommunikation mit den Sensoren und Aktoren nicht unterstützen.
„Mit IO-Link Wireless ausgerüstete Warenträger erhalten ihre Steuerungsaufgaben und Vorgaben für die Anpassung der Produktionsabläufe von der zentralen SPS im laufenden Betrieb. Das Anhalten für einzelne Montageschritte, Maschinenumstellungen, -einrichtungen und -umrüstungen ist nicht mehr erforderlich. Für die kontinuierliche Spannungsversorgung der Warenträger nutzen unsere Kunden schon heute die am Markt verfügbaren gängigen Systeme“, bemerkt Martin Reich. Und er bilanziert: „Hier ergänzen sich zwei komplementäre Technologien zu einer neuen Systemlösung.“
Gastautorin Inge Kamenz ist Head of Public Relations DACH bei Coretigo