Ingenieurin mit Begeisterung für Technik und Kreativität

Isabel Hafner leitet die Verpackungsentwicklung bei Kneipp. (Bild: Kneipp)

Die Marke Kneipp steht für ganzheitliche, nachhaltige Kosmetikprodukte. Dieser Anspruch hört nicht bei der Rezeptur der Produkte auf. Auch bei der Verpackung verfolgt Kneipp einen konsequent nachhaltigen Kurs: weg von fossilen Kunststoffen, hin zu kreislauffähigen und biobasierten Materialien. An diesem ambitionierten Ziel arbeitet Verpackungsingenieurin Isabel Hafner mit ihrem Team.

Isabel Hafners Weg in die Welt der Verpackungstechnik begann mit der Begeisterung für naturwissenschaftliche und gestalterische Themen. Durch ihren Vater kam sie dann zur Verpackungstechnik. „Die Kombination aus Technik und Kreativität hat mich sehr angesprochen.“ Bereits während ihres Masterstudiums sammelte sie Erfahrung im Bereich Kosmetikverpackung. Heute leitet sie die Verpackungsentwicklung bei Kneipp – einem Unternehmen, das sich ambitionierte Ziele gesetzt hat: Bis 2030 soll komplett auf erdölbasierte Kunststoffe verzichtet werden. Seit 2018 ist Hafner Teil des Kneipp-Teams, seit 2023 als Leiterin der Verpackungsentwicklung.

„Damals haben wir erste Schritte unternommen – mit einer Lippenpflegeverpackung mit Korkhülse. Dann haben wir uns immer mehr an neue Materialien herangetastet. Heute betrachten wir jede Verpackung unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit: Ist die aktuelle Lösung das, was gebraucht wird, und wie können wir sie im Sinne der Nachhaltigkeit verbessern? Welche Materialien können wir verwenden? Wie kann das Recycling sichergestellt oder verbessert werden?“

Isabel Hafner, Leiterin Verpackungsentwicklung bei Kneipp

In der Praxis bedeutet das, viel zu experimentieren, zu testen und abzuwägen. „Zum Glück haben wir im Unternehmen die Möglichkeit, vieles auszuprobieren.“ Ein Beispiel ist die papierbasierte Tube. Zwar reduziert sie den Kunststoffanteil um rund 25 Prozent, ist aber aufgrund ihres Materialverbunds aktuell noch nicht recycelbar. „Daran arbeiten wir noch. Gerade bringt ja die PPWR viele Veränderungen und wir sind auch darauf angewiesen, wie sich Recyclingströme verändern.“

Das Holzfaser-Compound Forewood setzt Kneipp in den Deckeln der Tiegel für Gesichts- und Fußpflege ein. (Bild: Kneipp)

Innovation braucht Kooperation

Nachhaltigkeit ist längst kein Projekt einzelner Abteilungen mehr. Isabel Hafner arbeitet bereichsübergreifend mit Einkauf, Forschung & Entwicklung, Produktion, Marketing, Kommunikation und externen Lieferanten. Als Mitglied im internen Nachhaltigkeitsteam gestaltet sie gemeinsam mit Kollegen neue Konzepte und Prozesse. Aktuell steht das Thema Mehrweg auf der Agenda: Kneipp nimmt an dem im Spätsommer gestarteten Pilotprojekt des Start-ups Reo teil. In vorerst zwölf Münchner Läden können Kunden jetzt erstmals leere Kosmetikverpackungen bequem über Pfandautomaten zurückgeben. Gemeinsam mit Verbrauchern, Handel und Wissenschaft will man herausfinden, wie ein geschlossener Verpackungskreislauf in der Kosmetikbranche gelingen kann und wie damit Kosmetikverpackungen wiederverwendbar werden. Reo digitalisiert dazu die Verpackungen von teilnehmenden Partnern und integriert sie in seine Plattform. „Wir sind mit unseren Schaumbad- und Seifenflaschen sowie den Badesalzdosen dabei und wollen im Test erst einmal herausfinden, ob die Verpackungen überhaupt zurückgegeben werden und ob sie wiederverwendet werden können.“

Materialvielfalt als Schlüssel

Die Liste an neuen Materialien bei Kneipp ist lang: biobasierter Kunststoff, rPET, rPP, Graspapier, Silphiepapier, Kork, Glas, Paper Blend und das Holzfaser-Compound Forewood. Dieses neuartige Material setzt Kneipp in den Deckeln der Tiegel für Gesichts- und Fußpflege und in den Deckeln der farbigen Lippenpflege ein. Forewood besteht aus PEFC-zertifizierten Holzfasern aus süddeutschen Wäldern, die als Nebenprodukt in der holzverarbeitenden Industrie anfallen (beispielsweise klassische Sägespäne) sowie Bindemittel aus Pflanzenstärke. Damit basiert das Material zu 100 Prozent auf nachwachsenden Rohstoffen. Die Hülse der Lippenpflegeverpackung besteht übrigens aus Kork aus sogenanntem Post Industrial Waste – beispielsweise dem Verschnitt aus der Weinkorkenproduktion oder der Herstellung von Korkböden.

Auch klassische Rezyklate sind Teil des Wegs: Die Badesalzdosen bestehen zu 99 Prozent aus rPET, ihre Deckel zu 97 Prozent aus rPP. Verpackungen mit rHDPE und rPP sind ebenso im Einsatz. Insgesamt sind bereits rund drei Viertel des Kneipp-Portfolios recyclingfähig. Ergänzend setzt sich Kneipp mit der industriellen Kompostierbarkeit auseinander.

Auch in den Deckeln der farbigen Lippenpflege kommt Forewood zum Einsatz. (Bild: Kneipp)

Kein Greenwashing, sondern Transparenz

Isabel Hafner betont, dass der Weg zu plastikfreien Verpackungen nicht einfach ist. „Wir schauen viel über den Tellerrand hinaus, befassen uns mit Produkten wieder neu. Beispielsweise läuft gerade ein Shoptest mit Badesalz im Papiersachet. Dann geht es darum, welche Anforderungen zu erfüllen sind und welche Lösungen es braucht, die heute noch nicht eingesetzt werden. Das ist oft nicht leicht.“

Beim Einsatz von natürlichen Materialien gebe es oft erst im Lauf der Zeit neue Herausforderungen. „Bei herkömmlichen Kunststoffen kann man auf jahrzehntelange Erfahrung zurückgreifen. Diese Erfahrung machen wir gerade erst und stehen oft vor neuen Herausforderungen, etwa wenn es um die Verarbeitung oder die Lagerung geht. Wichtig ist uns aber, dass wir transparent mit allem umgehen und auch kommunizieren, wenn und woran wir aktuell noch scheitern. Denn vielleicht ist bis 2030 doch noch nicht alles umsetzbar, was wir uns vorgenommen haben. Es wird auf jeden Fall eine spannende Reise.“

Die Offenheit zahlt sich aus: Kneipp wurde bereits siebenmal in Folge als „Green Brand“ ausgezeichnet. Die gleichnamige internationale Organisation vergibt das Siegel an Marken, die umweltfreundlich produzieren, sich für die Bewahrung natürlicher Lebensgrundlagen einsetzen und sich in hohem Maße der Erhaltung und dem Gleichgewicht der Natur sowie der Nachhaltigkeit verpflichten. Kneipp ist außerdem Teil der weltweit größten Initiative für nachhaltige Unternehmensführung: dem UN Global Compact. Das Unternehmen verpflichtet sich damit zur Einhaltung von Menschenrechten, fairen Arbeitsbedingungen sowie zu Umwelt- und Klimaschutz.

Beruf mit Wirkung – auch für Frauen

Verpackungstechnik war lange eine Männerdomäne. Isabel Hafner sieht das im Wandel: „Im Studium waren viele Frauen, in der Praxis und auf Kongressen sind es bisher eher Männer. Aber ich kann allen Frauen, die Technik, Kreativität und Umweltverantwortung verbinden möchten, diesen Beruf sehr empfehlen.“ Das Berufsfeld habe sich verändert, seit sie angefangen hat, meint die Verpackungsingenieurin. „Damals fing die Diskussion über den Einsatz von neuen Materialien und Rezyklaten erst an. Heute wird das Wissen um all diese Dinge immer wichtiger. Ich möchte mein Wissen über nachhaltige Materialien erweitern und meinen Beitrag leisten, neue Lösungen zu finden.“