Verpackungen sind systemrelevant – ohne Wenn und Aber. Und doch könnten die Auswirkungen auf die Unternehmen und deren Reaktionen auf die Corona-Krise nicht unterschiedlicher und vielfältiger sein. Wir haben aus dem riesigen Spektrum einige markante Aspekte herausgegriffen.
Es macht einen großen Unterschied, wie sich die aktuellen Bedingungen auf einen Maschinenbauer, einen Packstoff- oder Packmittelproduzenten auswirken. Alle gemeinsam waren aber erst einmal davon getrieben, Alternativen für die „normalen“ Arbeitsabläufe zu erproben und zu installieren, bei denen die Gefahren für die Gesundheit minimiert, die Produktion aber möglichst aufrechterhalten, umstrukturiert oder sogar hochgefahren werden müssen.
„Wir informieren unsere Mitarbeiter laufend über die entsprechenden Schritte und darüber, wie sie sich zu verhalten haben – und auch an die Kunden werden die getroffenen Maßnahmen aktiv und offen kommuniziert. Alle gehen sehr verantwortlich und diszipliniert mit dieser außergewöhnlichen Situation um – daher sind wir äußerst zuversichtlich, diese Krise gemeinsam erfolgreich zu bewältigen“, fasst Dr. Daniel Keesman, geschäftsführender Gesellschafter von Faller Packaging, den Grundtenor, der auch aus allen anderen Unternehmen so kommuniziert wird, zusammen.
Stimmungsbarometer der Branche
Wir haben nachgefragt, wie sich zum einen die Gesamtsituation auf das Unternehmen auswirkt, und welche Folgen dies zum anderen gegebenenfalls auf deren Anwender haben könnte. Dabei lag der Fokus weniger auf dem Schutz der Mitarbeiter vor Ansteckung, der Organisation des Home-Office oder der Kommunikation mit den Kunden, sondern ganz klar auf den aktuellen Besonderheiten im eigenen Unternehmen.
Stellenwert der Verpackung wird steigen
„Momentan befinden wir uns in tief greifenden Veränderungen: Das Auftreten einer weltweiten Pandemie ist Neuland für uns alle. Das Corona-Virus wird dazu führen, dass der Stellenwert der Verpackung mit allen ihren wichtigen und unverzichtbaren Schutz- und Hygienefunktionen wieder steigen wird.“
Peter Marbach, Geschäftsführender Gesellschafter der Marbach-Gruppe
Gesteigerte Nachfrage befriedigen
„Dank unserer zur Minimierung der Risiken eingeleiteten Maßnahmen können wir die Produktion und die Lieferketten insgesamt aufrechterhalten. Mehr noch: Die Nachfrage nach unseren Produktlösungen ist erheblich gestiegen, sodass wir gegenwärtig sogar zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Insbesondere unsere FLUXX®-Ausgießhähne sowie Verschlüsse mit und ohne Entgasungsfunktion werden derzeit in erhöhtem Umfang benötigt.
So ist unser Beitrag in der Corona-Krise die Lieferung dringend benötigter Produktkomponenten für Desinfektionsmittel und andere Hygieneartikel. Die Verschlüsse dienen dabei dem sicheren Transport der Gebinde, und die Ausgießhähne erleichtern dem Anwender zudem ein sauberes Abfüllen. Wir unterstützen in dieser Krisenzeit die Hersteller mit all unseren Kräften und der gewohnt hohen Beratungskompetenz und helfen mit, die Lieferketten gesellschaftlich notwendiger Güter aufrechtzuerhalten.“
Kevin Eckert, Vertriebsleiter Packaging Sabeu GmbH & Co. KG
Versorgung der Bevölkerung sicherstellen
„Durch Kontaktverbot und Schließung von Restaurants werden unsere Kunden aus der Lebensmittelindustrie aktuell mit einer rasant gestiegenen Nachfrage nach haltbarem Wurst- und Käseaufschnitt konfrontiert. Diese Herausforderung geht mit einer großen Verantwortung für Produzenten und LEH einher. Es geht um nicht weniger, als die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Ich sehe uns als Partner der Lebensmittelindustrie ganz klar in der Mitverantwortung. Daher tun wir alles, um unsere Kunden bestmöglich zu unterstützen. Wir haben kurzerhand einen sofort verfügbaren Bestand an Maschinen und Produktionslinien für alle Applikations- und Leistungsbereiche freigegeben, mit dem unsere Kunden zusätzliche Produktionskapazitäten aufbauen können, um so den gestiegenen Bedarf an SB-Aufschnitt abzudecken.
Und noch wichtiger: Wir sorgen dafür, dass die Produktion stabil läuft und vorhandene Kapazitäten somit optimal und effizient genutzt werden können. Vor-Ort-Service und Wartungsarbeiten sind derzeit aufgrund von Zugangsbeschränkungen für Fremdpersonal in Produktionsbereichen nicht im gewohnten Maße möglich, aber zur Aufrechterhaltung der Produktionsleistung wichtiger denn je. Mithilfe unserer bestehenden digitalen Lösungen wie AR-Technik und Remote Service können wir im Falle einer Störung dennoch schnell und effizient für unsere Kunden da sein. Dank unserer dezentralen Lagerstruktur und der engen Zusammenarbeit mit Tochtergesellschaften und Vertriebspartnern ist außerdem die Verfügbarkeit von Ersatzteilen für Kunden weltweit sichergestellt. Durch unseren kompromisslosen Kundenfokus sind wir auch in dieser Ausnahmesituation gut aufgestellt – und weiterhin wie gewohnt an der Seite unserer Kunden.“
Tobias Weber, Vorsitzender der Geschäftsführung (CEO) Weber Maschinenbau GmbH Breidenbach
Digitale Antwort auf die Pandemie
„Wir haben schon früh ein Maßnahmenpaket beschlossen, um den Betrieb während der Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Dazu gehört z. B. die weitgehende Dezentralisierung unseres operativen Geschäfts und die Organisation aller ortsgebundenen Tätigkeiten in Wechselschichten. Außerdem haben wir ein Zugangsmanagement und strenge Hygienevorschriften eingeführt sowie einzelne Abteilungen voneinander abgetrennt.
In der Kommunikation mit Kunden und Interessenten setzen wir auf moderne digitale Kanäle: Die Produktneuheiten der Romaco Group präsentieren wir statt auf der interpack nun in einem virtuellen Showroom sowie im Livestream. Unsere Experten stellen dabei in individuellen Sessions die Romaco-Technologien live aus unseren Werken vor und stehen für Fragen zur Verfügung. Außerdem führen wir derzeit die Werksabnahmen unserer Maschinen entweder als Video-FAT durch oder wir schalten unsere Kunden per Streaming live zum FAT dazu durch. Das funktioniert weltweit. Eine Blistermaschine für einen Kunden in China wurde bereits so abgenommen.
Unsere Lieferantenstruktur ist stark redundant, sodass vereinzelte Firmenschließungen oder Betriebsausfälle unsere Lieferkette nicht signifikant unterbrechen würden. Bisher können wir den Betrieb an allen Standorten aufrechterhalten – auch in unserem Werk im norditalienischen Bologna. Selbst wenn eines unserer Werke vorübergehend schließen müsste, blieben wir neben unserer Service-Hotline auch in der Auftragsbearbeitung, Vertriebsunterstützung und Auftragsabwicklung uneingeschränkt handlungsfähig. Unsere Kunden können sich voll und ganz auf uns verlassen, auch in dieser äußerst dynamischen und herausfordernden Zeit.“
Jörg Pieper, CEO Romaco Group
Die Krise gemeinsam meistern
„Die Auswirkungen auf Deutschland und Europa sind tief greifend. Das soziale Leben kommt zu einem fast völligen Stillstand – das ist für uns alle beunruhigend und verstörend. Ich bin jedoch überzeugt, dass unsere Gesellschaft für solche Krisen gut gerüstet ist – und unser Unternehmen ebenfalls. Als Verpackungshersteller ist Faller Packaging ein wichtiger Teil der Versorgungskette für Medikamente. Unser oberstes Ziel ist es, auch unter widrigen Umständen wie der aktuellen Coronavirus-Pandemie so lange wie möglich lieferfähig zu bleiben. Wir haben uns auf solche Situationen mit einem ausgefeilten Maßnahmenplan vorbereitet, der die Produktion dringend benötigter Packmittel zuverlässig sicherstellen soll. Grundlage dafür ist, die Ausbreitung des Virus mit allen Kräften einzudämmen.“
Dr. Daniel Keesman, Geschäftsführender Gesellschafter von Faller Packaging
Produktkonformität sichern
„Wir unterstützen die Lebensmittelindustrie mit unseren Lösungen zur Produktinspektion, die Konformität ihrer Artikel sicherzustellen, und adressieren damit einen Pain Point der Branche, der in seinem eigentlichen Kern von der Corona-Krise nicht tangiert wird. Ich behaupte: Kein Hersteller oder Markeninhaber kann oder wird es sich leisten, die Produktkonformität seiner Lebensmittel aufs Spiel zu setzen – auch nicht in Zeiten einer Krise, wie wir sie bisher noch nicht erfahren mussten. Es wäre naiv zu glauben, dass die derzeitige Situation keine Auswirkungen auf künftige Investitionsentscheidungen haben kann. Es wäre aber ebenso naiv, heute bereits darüber belastbare Prognosen abgeben zu wollen.“
Rainer Mundt, Head of Marketing bei Mettler-Toledo Produktinspektion Deutschland
Wir brauchen Messen
„Wir wissen alle noch nicht, was die Zukunft bringt und wie lange uns Corona noch beschäftigen wird. Und wir alle fragen uns: Wie wird sich der Virus auf die wirtschaftliche Lage auswirken, für Sie in den Unternehmen, global wie national, und uns im Veranstaltungsbusiness? Wir wissen aber, dass die Wirtschaft, wenn sie nach der Krise wieder auf die Beine kommen soll, Messen braucht, damit Unternehmen ihre Geschäfte wieder ankurbeln können. Denn kein Webinar, kein Video Call und keine VR-Anwendung ersetzen auf Dauer das persönliche Gespräch und den Händedruck zwischen Geschäftspartnern. Gerade deshalb ist es uns als FachPack wichtig, Ihnen zu sagen: Wir arbeiten derzeit intensiv an den Vorbereitungen für die FachPack im September 2021, die zu ihrem regulären Termin vom 28. bis 30. stattfinden wird. Hier können Unternehmen ihre Innovationen live vorstellen, Kundenwünsche im Gespräch diskutieren und neue Impulse für die Weiterentwicklung der eigenen Geschäfte in den Messehallen ‚erspüren‘. Genauso wie die Besucher der FachPack dort neue Ideen und konkrete Lösungen für ihre Anforderungen erleben können. Denn auf und mit der FachPack gestalten wir alle gemeinsam die Zukunft, pragmatisch, inspirierend und zielführend wie jeher. Bleiben Sie alle gesund und kommen Sie gut durch diese Zeit! Wir freuen uns, Sie bald wiederzusehen.“
Heike Slotta, Abteilungsleiterin Veranstaltungen, NürnbergMesse
Durchhalten – weitermachen – umdenken
Die Unternehmen der Branche reagieren sehr flexibel auf die derzeitigen Herausforderungen:
Wrapping Solutions aus Rosengarten bei Schwäbisch Hall ist eigentlich darauf spezialisiert, Innenausstattungen für Autos herzustellen. Jetzt wurde entschieden, Mund-Nasen-Schutz herzustellen. Bei der Optimierung der Arbeitsvorgänge unterstützt Optima den Betrieb mit einer Vorrichtung für das Falten der Mundschutzmasken.
Das Ultraschallschweißen ist eine bevorzugte Technologie für die Herstellung von Atemschutzmasken aus Vliesstoffen. Anfragen verzeichnet Herrmann Ultraschall von medizintechnischen Kunden, die ihre bestehenden Produktionskapazitäten erweitern, und von Hygienekunden, die von der Windel- auf die Maskenproduktion wechseln. Zur Koordinierung wurde eine Masken-Taskforce gegründet. Sonderschichten werden gefahren, um den hohen Bedarf zeitnah zu decken.
Der deutsche Mittelstand engagiert sich in Corona-Zeiten dafür, die Versorgung mit essenziellen Gütern schnell und unbürokratisch zu sichern. Ein Beispiel dafür liefern drei inhabergeführte Verpackungsspezialisten: Horna, die Wetropa Group und Schumacher Packaging sorgen gemeinsam derzeit dafür, dass der drastisch gestiegene Verpackungsbedarf für medizintechnische Produkte innerhalb kürzester Zeit erfüllt werden kann.
Ganz anders sieht die Unterstützung von Weber Maschinenbau aus: Kurzerhand werden aus dem verfügbaren Bestand Maschinen und Produktionslinien freigegeben, mit denen die Kunden zusätzliche Produktionskapazitäten aufbauen können, um so den gestiegenen Bedarf an SB-Aufschnitt abzudecken.
„Balkonsingen“ gegen Engpässe in der Krise
Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. So beschäftigt man sich in den Unternehmen intensiv mit dem Thema, wie z. B. Gesundheitseinrichtungen unterstützt werden können. Neben Türgriffhaken, die von Marbach in Heilbronn für die Nutzung durch die eigenen Mitarbeiter gefertigt werden, stellt das Unternehmen momentan spezielle Gesichtsschilder her, die in Kliniken ihre Anwendung finden.
Am Stammsitz in Selters entwickelt und fertigt Schütz in Rekordzeit Gesichtsvisiere und versorgt damit bereits umliegende Einrichtungen.
Der Malteser Hilfsdienst stellt zunächst in seiner Krankenhausapotheke dringend benötigte Händedesinfektionsmittel erstmalig selbst her. Gerresheimer und FM Plast stellten spontan kostenlos die dafür benötigen Flaschen und Deckel zur Verfügung.
Maschinenbauer Kiefel nutzt seine Kompetenzen im Kunststoffbereich und stellt seine Produktion auf die Herstellung dringend benötigter Schutzmasken für Krankenhäuser und Altenheime um.
Seufert hat Kunststoffgesichtsmasken aus PET entwickelt, die trotz weitgehender Gesichtsabdeckung eine klare Sicht ermöglichen. Die einfachen, leicht zu handhabenden Ausführungsvarianten sind für den alltäglichen Privatgebrauch gedacht.
Und die Aufzählung der Aktivitäten und des Engagements könnte noch viel, viel länger sein …
Zur aktuellen Krisenlage haben wir auch Stimmen aus den Verbänden der Verpackungsbranche zusammengetragen und informieren Sie in unserem packaging journal TV.