Rund vier Milliarden Sendungen im Onlinehandel sind allein im Jahr 2020 verschickt worden – in Einwegverpackungen, die nach Erhalt entsorgt werden. Ein aktuelles Forschungsprojekt hat jetzt untersucht, ob und wie Mehrwegverpackungen in der Versandhandelspraxis funktionieren könnten.
Das Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsvorhabens Praxpack: praxistaugliche Mehrwegkonzepte im Onlinehandel entwickeln und pilothaft praktisch erproben. Der Hamburger Umweltberatung Ökopol, die das Projekt koordiniert, ging es aber ebenso darum, Erkenntnisse zu gewinnen, wie Onlinehändler ihre Geschäftsmodelle so anpassen können, dass sich die Nutzung der Mehrwegsysteme auch wirtschaftlich lohnt.
Avocado Store, Otto und Tchibo testen für Praxpack
„Wichtig ist, dass man den Kunden mitnimmt und überzeugt“, sagte Ökopol-Projektleiter Dr.-Ing. Till Zimmermann kürzlich in einer Talkrunde auf der digital veranstalteten Logimat. „Auch wenn Studien immer wieder zu dem Ergebnis kommen, dass Verbraucher bereit sind, Aufwand und Kosten für Mehrweglösungen zu übernehmen – die Praxis sieht doch oft anders aus. Damit es tatsächlich funktioniert, muss ein sinnvoller Ersatz zur Einweglösung her, der auch passt. Dazu gehört etwa, dass die Transportdistanzen nicht zu groß und die Umlaufzeiten nicht zu kurz sind.“
Der Praxpack-Pilottest fand mit den drei Partnern Avocado Store, Otto und Tchibo statt – und mit ca. 14.000 Mehrwegversandverpackungen des finnischen Unternehmens Repack. Dessen Versandverpackung konnte, ob leer oder mit Retoure, zum Versender zurückgeschickt und dann erneut benutzt werden. Bis zu 20-mal lassen sich die Mehrwegverpackungen aus robustem Polypropylen-Material wiederverwenden.
Höherer Rücklauf für gute Umweltbilanz nötig
Die Rücklaufquoten mit Retouren sahen zunächst gut aus: Bei Avocado Store (84 Prozent) und Tchibo (82 Prozent) konnten Kunden die Verpackung einfach in den nächsten Briefkasten werfen, Otto (75 Prozent) nahm sie über seine Hermes Shops zurück. Etwas nüchterner fällt die Bilanz bei der „Leer-Retoure“ aus: Bei Otto kamen nur 36 Prozent der leeren Repacks zurück, bei Avocado Store immerhin 74 Prozent und bei Tchibo 67 Prozent. Insgesamt zu wenig, um eine gute Umweltbilanz zu erreichen. Dazu wären laut Ökopol Rücklaufquoten von 80 bis 90 Prozent nötig.
Kritik gab es vor allem an der Rückführung der Repack-Versandtaschen ins estländische Tallin, dem derzeit einzigen Standort des Unternehmens zur Aufbereitung. Das wird von allen Kunden als wenig ökologisch angesehen. Auch das Kunststoffmaterial der Versandverpackung war umstritten. Till Zimmermann: „Bei Mehrweglösungen ist Papier aber nicht die beste Wahl. Sucht man eine langlebige Verpackung, wird man immer bei Kunststoff landen. Das muss ökologisch nicht schlecht sein, wenn beispielsweise ein hoher PCR-Anteil genutzt wird.“