Eine neue Analyse des Think-Tanks adelphi zeigt: Vier zentrale Gestaltungsprinzipien können das Verpackungsrecycling in Europa messbar verbessern – auch kosteneffizienter. Warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist, Weichen zu stellen.
Rund 80 Millionen Tonnen Verpackungsabfälle fallen jährlich in der Europäischen Union an – und viele davon könnten deutlich effizienter recycelt werden. Das ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie des Berliner Think-Tanks adelphi, die das Design und die Steuerung nationaler Verpackungssysteme in acht EU-Mitgliedsstaaten untersucht hat.
Die Kernaussage: Nicht allein technische Voraussetzungen oder Sammelquoten entscheiden über den Erfolg, sondern vor allem die Governance – also wie Verantwortung und Aufgaben zwischen Herstellern, Behörden und Organisationen verteilt sind. Länder, in denen Herstellerorganisationen (sogenannte PROs – Producer Responsibility Organisations) die vollständige operative und materielle Kontrolle über das System haben und alle Kosten tragen, schneiden deutlich besser ab.
Vier Prinzipien für effizientes Verpackungsrecycling
Die adelphi-Studie identifiziert vier Gestaltungsmerkmale, die in Kombination zu messbar besseren Recyclingquoten und geringeren Systemkosten führen:
Operative Verantwortung: Die PROs steuern den gesamten Ablauf – von der Sammlung über Sortierung bis zur Verwertung.
Materialverantwortung: Sie kontrollieren den Materialfluss, also welche Verpackungen wie behandelt werden.
Volle Kostendeckung durch die Hersteller: Damit Anreize zur Effizienzsteigerung entstehen.
Unabhängige Aufsicht: Eine transparente Kontrolle durch unabhängige Behörden.
Laut Studie liefern Systeme mit diesen Eigenschaften nicht nur bessere ökologische Ergebnisse, sondern sind auch kostenstabiler und innovationsfreundlicher.
Deutschland im oberen Leistungsdrittel – aber mit Luft nach oben
In der Länderanalyse zeigt sich, dass Deutschland bereits relativ hohe Recyclingraten erreicht. Für Haushaltskunststoffe liegt die gewichtete Quote bei 76,1 %, wenn bepfändetes PET berücksichtigt wird. Belgien folgt mit 60,8 %. Beim Glas liegt Belgien mit 97,8 % vorn, Deutschland bei 88,5 %.
Ein weiteres zentrales Ergebnis: National organisierter Wettbewerb zwischen PROs kann die Leistung zusätzlich steigern – sofern gleichzeitig eine klare Herstellerverantwortung und transparente Strukturen gegeben sind.
Ein „Jetzt oder nie“-Moment für politische Weichenstellungen
Hintergrund der Veröffentlichung ist der derzeit laufende Umsetzungsprozess der neuen EU-Verpackungsverordnung (PPWR) und der nationalen Reformen im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (CEA). Entscheidungen in den Jahren 2025 und 2026 über Aufsichtsstrukturen, Rollenverteilungen, Ausschreibungen oder Datenmanagementwerden das Verpackungsrecycling für ein Jahrzehnt prägen.
„Verantwortlichkeit bildet das Fundament, Wettbewerb wirkt als Beschleuniger. Wenn PROs die operative Kontrolle und die Steuerung der Materialströme übernehmen, können Länder höhere Recyclingquoten pro investiertem Euro erzielen.“ (Co-Autor Paolo Facco)
Die in Berlin ansässige Denkfabrik adelphi bezeichnet sich selbst als einen der führenden europäischen Think-and-Do-Tanks für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung. Mit einem Team von über 300 Mitarbeitenden berät adelphi Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – national wie international – mit dem Ziel, transformative Lösungen für eine zukunftsfähige Welt zu entwickeln. Die aktuelle Studie entstand im Kontext der langjährigen Beschäftigung des Hauses mit ökologischen Governance-Systemen und nachhaltiger Ressourcenpolitik.
Studie und Webinar
Die vollständige Studie kann hier heruntergeladen werden. Mitte November stellen die Autoren die Ergebnisse zudem im Rahmen eines kostenlosen Webinars vor. Eine Anmeldung ist auf der Website von adelphi möglich.



