Immer häufiger verteuern Hersteller ihre Produkte, indem sie in der gewohnten Verpackung weniger Inhalt verkaufen. Shrinkflation nennt sich diese Praxis, die beim täglichen Einkauf kaum auffällt. Frankreich und Ungarn gehen jetzt dagegen vor und verpflichten Händler per Gesetz, am Verkaufsregal auf diese versteckten Preiserhöhungen hinzuweisen. Eine kleine Vor-Ort-Recherche des packaging journal in französischen Supermärkten hat ergeben: Die Hinweise an den jeweiligen Produkten sind eindeutig und nicht zu übersehen.
Jeder hat es beim Einkauf vermutlich schon einmal erlebt, mancher hat es aber nicht bemerkt: Der Inhalt einer Verpackung ist geschrumpft, der Preis aber nicht. Nach Angaben der Verbraucherzentralen verteuern Hersteller auf diese Weise immer häufiger ihre Produkte. Frankreich und Ungarn gehen seit diesem Sommer dagegen vor und verpflichten Supermärkte zur Kennzeichnung von Shrinkflation. Der Begriff kombiniert die engÂlischen Wörter „to shrink“ („schrumpfen“) und „inflation“.
Die Stiftung Warentest hat auf ihrer Website eine kleine Denksportaufgabe veröffentlicht: Eine Tüte Chips kostet 1,79 Euro. Der Anbieter verteuert die Chips um 17 Prozent, aber ohne den Preis zu ändern. Wie hat er das gemacht? Antwort: Er hat 25 Gramm weniger Chips in die Tüte gefüllt. Beim täglichen Einkauf fällt die SchrumpfÂkur kaum auf. Nur wer ganz genau hinschaut und vergleicht, bemerkt vielleicht die neue InhaltsÂmenge auf der Packung.
Im Jahr 2023 verzeichnete die Verbraucherzentrale Hamburg in Deutschland einen neuen Rekord an Beschwerden über Shrinkflation. So schrumpfte das Kakaopulver Suchard Express von 500 auf 400 Gramm – und ist seither 25 Prozent teurer. Beim Eis am Stiel von Milka und Oreo gab es nicht nur ein Stück weniger im Karton, sondern bei jedem war auch noch das Gewicht geschrumpft. Das bedeutet: 48 Prozent beziehungsweise 63 Prozent Preissteigerung. Das Duschgel Duschdas Sport hatte weniger Inhalt und wurde teurer – plus 22 Prozent. Und Zentis erhöhte für die Nussnougatcreme Belmandel den Preis von 2,19 auf 2,89 Euro. Statt 400 Gramm sind allerdings nur noch 300 Gramm im Becher. Eine doppelte Preiserhöhung um insgesamt 76 Prozent.
Laut Verbraucherzentrale Hamburg hat der Trend bereits 2022 begonnen: Vom ersten auf das zweite Halbjahr hatten sich die bestätigten Fälle fast verdoppelt. Und fiel die versteckte Teuerung früher überwiegend bei klassischen Marken auf, sind inzwischen auch Discounter- und Biomarken betroffen. Illegal ist die Praxis der Hersteller in der Regel zwar nicht, aber äußerst intransparent.
Frankreich macht Shrinkflation sichtbar
Frankreich geht jetzt gegen versteckte Preiserhöhungen vor und verpflichtet per Gesetz seit Anfang Juli Supermärkte, mit Hinweisen an den jeweiligen Produkten direkt am Verkaufsregal über Füllmengenänderungen zu informieren. Damit soll die Shrinkflation sichtbar gemacht werden – und zwar zwei Monate lang, unabhängig davon, ob es sich um nationale oder internationale Markenprodukte oder Handelsmarken handelt. Die neue Regelung gilt zunächst nur für Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 Quadratmetern.
“Einige Hersteller reduzieren den Inhalt ihrer Produkte bei gleichbleibender Verpackung und erhöhen manchmal sogar die Preise. Das ist skandalös. Die Praxis der Shrinkflation ist ein Betrug! Wir setzen ihr mit dem Gesetz ein Ende und stellen so das Vertrauen der Verbraucher wieder her.“
Bruno Le Maire, französischer Wirtschaftsminister
Carrefour, nach der Schwarz-Gruppe das zweitgrößte Einzelhandelsunternehmen Europas, hatte dem Gesetz vorgegriffen und bereits im letzten Herbst Hinweise an Packungen mit geschrumpftem Inhalt installiert. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, bei den betroffenen Produkten den Preis neu verhandeln zu wollen. Betroffen waren beispielsweise Produkte von PepsiCo, Nestlé, Unilever und Lindt & Sprüngli.
Die Regelung zur Kenntlichmachung der in Frankreich auch Réduflation (aus „réduction“ und „inflation“) genannten Shrinkflation hat die französische Regierung während der hohen Inflation im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht, als viele Menschen über hohe Lebensmittelpreise klagten und sich zugleich durch verkleinerte Verpackungen getäuscht fühlten. Gerade die Lebensmittelpreise sind in Frankreich zu einem wichtigen politischen Thema geworden und das Gesetz gilt als Reaktion darauf.
Auch Ungarn führt Shrinkflation-Hinweise ein
Auch in Ungarn müssen Händler mit einem bestimmten Umsatz (mehr als eine Milliarde Forint = circa 2,5 Millionen Euro) bereits seit Anfang März 2024 Produkte mit einem ähnlichen Warnhinweis versehen, wenn deren Gewicht oder Volumen geschrumpft ist, der Preis aber nicht. Wie in Frankreich müssen auf Hinweisen am Regal Änderungen angegeben werden. Als Referenzwert dienen dabei das Gewicht oder Volumen des gleichen Produkts zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 1. Juli 2023. Die Händler müssen die Informationen zwei Monate lang ab dem Datum bereitstellen, an dem sie mit dem Verkauf des Produkts in der reduzierten Größe begonnen haben.
Das Gesetz verpflichtet zudem die Hersteller dazu, Händler über alle Änderungen der Produktgröße zu informieren. Für Verbraucher stehen diese Informationen außerdem in einer öffentlichen Datenbank des ungarischen Amts für Lebensmittelsicherheit (Nébih) zur Verfügung. Mehrere Hundert Produkte wurden dort bereits hochgeladen. 80 Prozent davon sind laut dem ungarischen Wirtschaftsministerium Lebensmittel, der Rest überwiegend Kosmetik- und Haushaltsartikel.