So gelingt der Umstieg auf Recyclingmaterial

Camm recycling
Camm erleichtert das Recycling von Verbundverpackungen, denn es löst sich im Recyclingprozess auf. (Bild: Shutterstock/Lea Rae)

Die Nachfrage nach umweltfreundlicheren Verpackungen nimmt stetig zu. Auch die Politik fordert höhere Recyclingquoten. Verpackungshersteller müssen also dringend mehr recycelte Kunststoffe einsetzen. Hochwertige Rezyklate in ausreichenden Mengen zu beschaffen, kann eine Herausforderung sein – ebenso wie die Verarbeitung. Deshalb sollten Verpackungshersteller bestimmte Schritte berücksichtigen, damit ihnen der Umstieg gelingt.

In Deutschland müssen 63 Prozent der Kunststoffverpackungen bis zum Jahr 2022 laut Verpackungsgesetz recycelbar sein. Die Quote lag im vergangenen Jahr noch bei rund 55 Prozent. Für Verpackungshersteller bedeutet das, dass sie nun nachlegen und verstärkt Rezyklate einsetzen müssen. Allerdings steht qualitativ hochwertiges Recyclingmaterial aufgrund dezentraler Marktstrukturen oft nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Rohstoffverknappungen und Preisschwankungen können die Folge sein. Aber um in der Produktion herkömmliches Material langfristig durch Alternativen zu ersetzen, bedarf es einer gewissen Planungssicherheit. Diese erhöhen Hersteller, wenn sie frühzeitig wissen, welche Sekundärstoffe für ihre Anwendungen infrage kommen.

Das passende Material suchen

Herkömmliche Materialien lassen sich in Verpackungen gut durch Recyclingmaterial ersetzen. Dazu gehören rPET, rPE, rPP, rPS/ABS oder rCompounds. Allerdings sind nicht alle Rezyklate für jede Anwendung geeignet. Im Non-Food-Bereich sind zum Beispiel recyceltes PET, PE oder PP relevant. Sie eignen sich unter anderem für Folien, Transportverpackungen wie Paletten oder Kisten, aber auch für Blumentöpfe. Für den Lebensmittelkontakt kommt rPET infrage, aber wegen der hohen Materialsicherheit nur eingeschränkt; zum Beispiel für Getränkeflaschen oder Gemüsenetze.

Die richtige Rezeptur entwickeln

Grundsätzlich ist wichtig, dass die Rezyklate eine vergleichbare Qualität wie die bisher eingesetzte Primeware haben. Für die Serienfertigung muss zudem die Qualität gleich bleiben. Weil sich Rezyklate je nach Herkunft aber naturgemäß voneinander unterscheiden, werden verschiedene Chargen homogenisiert. Das bedeutet: Sie werden vermischt, sodass große Mengen in gleichbleibender Qualität entstehen. Eine genaue Erprobung und Erstbemusterung ist unumgänglich. Dies ist ein technischer Prozess zur Materialcharakterisierung, bei der genau getestet wird, ob sich Rezyklate für die vorgesehene Verwendung auch wirklich eignen.

Pellets aus Stärke zur Herstellung von Biokunststoff
(Bild: Shutterstock / Pawarun Chitchirachan)

Jede Materialentwicklung startet mit einer möglichst detaillierten Definition der gewünschten technischen Eigenschaften. Die Anteile an Rezyklaten, Primeware und anderen Inhaltsstoffen müssen anwendungsgerecht aufeinander abgestimmt werden. Um die Eigenschaften zu verbessern, können nach Bedarf Additive hinzugefügt werden.

Die besten Quellen sichern

Wissen Verpackungshersteller, welche Materialien geeignet sind, sollten sie sich um einen passenden und lieferfähigen Partner kümmern. Dazu müssen sie den Rezyklatmarkt sehr genau kennen. Streng genommen müssten sie potenzielle Lieferanten genau prüfen oder sogar aufwendig auditieren, um sicherzustellen, dass die Rohstoffe auch wirklich in der gewünschten Qualität und Menge aufbereitet werden. Ein solches Vorgehen können sich vor allem kleinere und mittelständische Verpackungshersteller kaum leisten. Die Recherche kostet nicht nur Zeit, sie setzt auch technische Kenntnisse zur Herstellung von Rezyklaten voraus.

Es ist daher ratsam, mit einem Distributionspartner zusammenzuarbeiten, der auf die Beschaffung von Prime- und Recyclingmaterial spezialisiert ist. Im Gegensatz zu reinen Rezyklatherstellern, die nur das liefern können, was sie gerade produzieren, verfügen solche Distributoren über ein dichtes Netz von auditierten Lieferpartnern für Regranulate und Recompounds. So können die Verpackungshersteller sicherstellen, dass sie die Rezyklate tatsächlich in den erforderlichen Mengen und in bester Qualität erhalten. Ein Lieferant, der auch Vormaterial anbietet, hat einen weiteren Vorteil: Das breitere Portfolio deckt den Materialbedarf für viele Anwendungsfälle aus einer Hand ab. Zudem kann bei Lieferengpässen schnell auf geeignete Alternativen zurückgegriffen werden.

Geeignete Produktionsverfahren und Maschinen auswählen

Verpackungshersteller müssen auch Verfahrenstechniken, Werkzeuge und den richtigen Werkstoff genau aufeinander abstimmen. Um Fehlproduktionen zu vermeiden, müssen Parameter an den Maschinen – wie Materialdurchsätze, Zykluszeiten oder Verarbeitungstemperaturen – je nach Werkstoff eingestellt werden. Auch dabei kann ein breit aufgestellter Distributionspartner unterstützen; beispielsweise mit technischen Dienstleistungen und Vor-Ort-Services in der Anwendungstechnik. Dabei geht es unter anderem darum, die effizientesten Produktionsverfahren und Werkzeuge auszuwählen und einzelne Parameter richtig einzustellen. Bei Bedarf stehen die technischen Experten auch beratend zur Seite, wenn speziell für die Verarbeitung von Rezyklaten neue Maschinen und Werkzeuge angeschafft werden müssen.

Alpla eröffnet HDPE-Kunststoffrecyclingwerk in Mexiko
(Bild: Extarz / shutterstock)

Nachhaltigkeit nachweisen

Das Interesse an möglichst umweltfreundlichen Produkten ist vor allem bei Verbrauchern enorm. Der Einsatz von recycelten Materialien ist längst ein zusätzliches Verkaufs- und Marketingargument. Es empfiehlt sich, auf Endprodukten deutlich zu machen, dass Rezyklate verwendet wurden. Dazu eignen sich anerkannte Zertifikate wie etwa EuCertPlast oder der Blaue Engel. EuCertPlast ist ein EU-weites Zertifizierungsprogramm, das sich auf die Rückverfolgbarkeit von Kunststoffmaterialien über den gesamten Recyclingprozess und die gesamte Lieferkette konzentriert. Der Blaue Engel ist ein Siegel des deutschen Bundesumweltministeriums, das Kunststoffprodukte dann erhalten können, wenn sie zu mindestens 80 Prozent aus Recyclingmaterial bestehen.

Abschließend gilt: Der Einsatz von Recyclingmaterial muss gut durchdacht sein und erfordert umfassendes verfahrenstechnisches Know-how. Verpackungshersteller müssen umdenken und schnell handeln – nicht nur wegen der verschärften Gesetzeslage. Die Verpackungsindustrie kommt so auch einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft einen großen Schritt näher, indem sie konsequent daran arbeitet, konventionelle Materialien durch Recyclinginnovationen zu ergänzen.

Gastautor: Marc Stachura, Director Product Management Recycling bei Meraxis

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