Die Mohrenbrauerei in Dornbirn, Vorarlberg, orderte von RST Automatisierungstechnik in Barbing einen dezentralen Packer. Er hat optimierte Greifertulpen und kann unterschiedlichste Bierflaschen verarbeiten. In den Transportbereichen der Anlage bilden die kompakten Antriebseinheiten MOVIGEAR von SEW-EURODRIVE das Rückgrat.
Die Brauerei stellt zahlreiche Biersorten her, die in gläserne Mehrweg-, Einweg-, Bügelverschluss- sowie PET-Flaschen abgefüllt werden. Mit dem spritzigen Märzenbier „Mohren Pfiff“ aus der auffälligen, urigen Glasflasche beschritt Mohrenbräu 1990 als einer der ersten Abfüller in Österreich einen neuen Weg.
Rund 20 Jahre später ist die Sorte als beliebtes Szenebier fest etabliert – und reif für eine weitere Innovation: Die Brauerei entscheidet, „Pfiff“ auch in einer leichten, bruchsicheren PET-Flasche anzubieten, mit einem Verschluss, der anders als ein Kronkorken keine scharfen Kanten hat und ohne Flaschenöffner geöffnet werden kann. Genau dieser Vorteil der Verpackung für unterwegs stellte die Produktion unter der Leitung von Braumeister Ralf Freitag allerdings vor eine Herausforderung. Der sogenannte „Easy Open Cap“ des österreichischen Verpackungsspezialisten Alpla trägt an der Seite eine relativ lange Lasche. Aus Handhabungssicht ist das eine Herausforderung, weil sich der Flaschenhals durch dieses „Anbauteil“ von den üblichen Glasflaschen stark unterscheidet.
Herausforderung bei der Modernisierung
Bei der Modernisierung von Teilen der Abfüllanlage lautete daher die Vorgabe an die Ingenieure der RST Automatisierungstechnik GmbH in Barbing: Die Packtulpen müssen mit dem PET-Verschluss sowie mit allen anderen Flaschentypen der Brauerei gleichermaßen zurechtkommen, darunter auch mit Glasflaschen, die einen Bügelverschluss haben. „Wir mussten die Packtulpe so gestalten, dass sie viel tiefer am Flaschenhals ansetzt als üblich“, beschreibt Braumeister Ralf Freitag die Aufgabenstellung. RST Automatisierungstechnik unter Leitung von Geschäftsführer Rupert Hadersbeck legte die Vakuumtulpengreifer entsprechend aus und lieferte einen Vierkopf-Packer, der ganz unterschiedliche Flaschenformen ohne Umrüstung handhabt. Mit Vakuumtechnik wird jedes einzelne Gebinde gleichzeitig schonend und sicher in den Kasten gehoben. Vier mal 20 Flaschen werden in einem Arbeitsgang bewegt: mit einer Antriebstechnik, die zum ökologisch orientierten Energiemanagement des österreichischen Kunden passt.
Er läuft und läuft – mit energieeffizienten Motoren
Der dezentrale Packer aus der „Europac“-Linie ist entsprechend mit effizienten Antriebseinheiten Movigear® von SEW-EURODRIVE ausgestattet. Massive Gliederkettenbänder in der Zu- und Abführung der Flaschenkästen werden von den kompakten mechatronischen Einheiten bewegt. Das gekapselte und optimierte Gesamtsystem aus Motor, Getriebe und Ansteuerelektronik erreicht einen hohen Wirkungsgrad, daher entsprechen die Antriebe der gesamten Serie bereits der Effizienzklasse IE4. Gegenüber anderen Antriebslösungen können bis zu 50 Prozent Energie eingespart werden.
Im dezentralen Packer arbeiten noch weitere Elektromotoren und Getriebe von SEW-EURODRIVE. Ein Kegelradgetriebemotor mit integriertem Geber bewegt den Zentrierrahmen, der die Getränkekästen beim Befüllen fixiert und die Flaschen auf die Kastenfächer zentriert. Das zweiachsige Portal des Roboters wird von präzisen und schnellen CMP-Servogetriebemotoren positioniert. Über 32.000 Flaschen pro Stunde können dank dieser drehmomentstarken Antriebe den Vierkopfpacker durchlaufen. Seit inzwischen vier Jahren leistet der dezentrale Packer von RST Automatisierungstechnik aus Ostbayern klaglos seinen Dienst.
Das Erbe des Gastwirts Josef Mohr
Der Ursprung von Mohrenbräu liegt im Vorarlberg des Jahres 1784: Ein gewisser Josef Mohr eröffnet in jenem Jahr im österreichischen Dornbirn eine Brauereigaststätte. 50 Jahre später kauft Franz-Anton Huber den Betrieb samt Hopfengarten. Name und Wappen werden übernommen – der „Mohr“ ist das beliebteste Haus am Platz und somit bereits eine erfolgreiche Marke. Familie Huber führt das Unternehmen bis heute, seit Mitte des 19. Jahrhunderts an Ort und Stelle im Stadtkern. Das Brauwasser stammt aus den Bergen rund um den hochgelegenen Dornbirner Ortsteil Ebnit, der an ein Naturschutzgebiet grenzt.
Zwölf Sorten Bier werden mittlerweile nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut – neben dem Szenebier „Pfiff“ auch urwüchsige Sorten wie unfiltriertes Kellerbier, Bockbier und Bier nach Münchner Art, aber auch trendige Biermischgetränke (ebenfalls in der bruchsicheren PET-Flasche erhältlich) und eine besondere Spezialität, das fruchtige „Pale Ale“. Hinzu kommt der Handel mit zahlreichen Erfrischungsgetränken wie Limonaden, Fruchtsäften, Mineralwasser und Energy Drinks. Sogar Wein und diverse internationale Biere vertreibt Mohrenbräu in Österreich sowie der Schweiz, Liechtenstein und Südtirol. Auch Führungen und Verkostungen bietet das Traditionsunternehmen an. Für die hauseigene „Creativ Brauerei“ wurde eine spezielle Kleinsudanlage eingerichtet, dort können sich Interessierte in Kursen als Braumeister versuchen.
Der Betrieb beschäftigt heute rund 120 Mitarbeiter und liefert pro Jahr über 220.000 Hektoliter Getränke. Aus dem Gründungsjahr unter der Leitung von Josef Mohr hingegen ist noch die bescheidene Menge von „300 Eimern“ Bier überliefert.
Moderne Brauereitechnik hat Tradition
„Ausfälle der Anlage hatten wir bisher nicht“, stellt Elektriker Hubert Strobl zufrieden fest und Braumeister Ralf Freitag klopft auf Holz. „Antriebe von SEW-EURODRIVE sind ja praktisch Standard in Abfüllanlagen“, meint der diplomierte Ingenieur und Biersommelier. Im Gebindetransport seien daher SEW-Motoren ebenso zahlreich zu finden wie in den Handhabungsanlagen der Paletten und Behälter.
Mohrenbräu hat 1997 als einer der ersten Bierhersteller Europas die Palettierung der Fässer mit einem 6-Achs-Roboter automatisiert. Das KUKA-Gerät wurde von RST Automatisierungstechnik für seinen Einsatzzweck optimal ausgerüstet und programmiert. Insgesamt setzt der Vorarlberger Getränkehersteller früh auf computergesteuerte Prozesse in vielen Bereichen der Produktion. Diese Innovationsfreude ist quasi eine Tradition in dem Familienbetrieb: Schon Mitte der 1980er Jahre entwickelt und patentiert die Brauerei in Eigenregie einen automatischen Bierfasswechsler für die Schankanlagen der Gaststätten.
Technik-Innovation mit Tradition
Mit rund 47.000 Einwohnern ist die Stadt Dornbirn die größte Gemeinde im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Zwar ist das benachbarte, deutlich kleinere Bregenz am Bodensee Landeshauptstadt, doch Dornbirn am Fuß des Bregenzerwaldgebirges hat sich mit der Industrialisierung zum wirtschaftlichen Zentrum der Region entwickelt. Großen Anteil daran hatte das ehemalige Textilunternehmen F. M. Hämmerle, zeitweise die größte Textilfabrik Österreichs.
Die Firma nutzt früh die Wasserkraft der steilen Bergbäche oberhalb des sogenannten Gütle. Das Gebiet am Ufer des Gebirgsflusses Dornbirner Ach bietet schon Sägewerken den nötigen Standort mit Energiequelle. Im späten 19. Jahrhundert errichtet F. M. Hämmerle neben der Ach große Spinnereigebäude, deren Maschinen zunächst rein mechanisch von Wasserturbinen angetrieben werden. In dem Betrieb klingelt das erste Telefon der Donaumonarchie: Kontor und Weberei der Textilfirma liegen in einem anderen Stadtteil von Dornbirn, so lässt Hämmerle zwischen der Spinnerei und dem Hauptsitz die früheste Telefonleitung Österreich-Ungarns legen. Kaiser Franz-Joseph I. persönlich weiht 1881 die bahnbrechende Neuerung ein.
Nach der Stilllegung der Spinnerei wird für die Fabrikgebäude eine neue Nutzung gesucht und gefunden: Die historischen Bauten nahe der wildromantischen Rappenlochschlucht beherbergen heute unter anderem ein weltweit einzigartiges Rolls-Royce-Museum. Die Sammlung mit rund 100 Fahrzeugen der britischen Luxusmarke aus den Jahren 1923 bis 1939 ist die größte ihrer Art. Die Schauwerkstätte des Museums besteht teils aus originalen Einrichtungsstücken der ersten Rolls-Royce-Produktionsstätte in Manchester.