Seit einigen Jahren gewinnt die Dichtigkeitsprüfung in der pharmazeutischen Industrie zunehmend an Bedeutung. Wie aktuelle Studien belegen, sind nicht nur Ampullen anfällig für Defekte. Auch andere Primärverpackungen wie Vials, Karpulen und Spritzen müssen gründlich geprüft werden.
CCI-Defekte (Container Closure Integrity) können eine ernst zu nehmende Gefahr für Patienten darstellen, wenn sie nicht vor der Verabreichung des Medikaments entdeckt werden. Vor allem, wenn die Primärverpackungen gefriergetrocknete Produkte enthalten. Tatsächlich bergen sie sogar ein noch größeres Risiko als Partikel in pharmazeutischen Flüssigkeiten, da sie den pharmazeutischen Wirkstoff verändern können. Mögliche Folgen sind wirkungslose Medikamente oder unerwünschte Nebenwirkungen. Zudem gefährden CCI-Defekte die Produktstabilität, indem sie Oxidation, Hydrolyse oder Vakuumverluste begünstigen und sich negativ auf Wirksamkeit und Haltbarkeit des Arzneimittels auswirken.
Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) definiert Behältnis und Verschlusssysteme als „die Gesamtheit aller Verpackungskomponenten, die das Produkt enthalten und schützen“. Die Integrität dieser Systeme ist ausschlaggebend für die Sicherheit von Produkt und Patient.
„Die United States Pharmacopeia (USP) hat ihr Generalkapitel 1207 überarbeitet und fordert mehr quantitative und geprüfte CCI-Testverfahren (Container Closure Integrity). Hierbei dürften nicht destruktive Technologien künftig eine zentrale Rolle spielen“, sagt Mahmoud Hamada, Bosch Packaging Technology, Business Development Inspection Technology.
Probabilistische und deterministische Verfahren
Die aktuelle Überarbeitung des USP-Kapitels 1207 hat zum Ziel, eine Übersicht der gängigen CCI-Testmethoden zu erstellen und jene zu identifizieren, die am meisten zur Produkt- und Patientensicherheit beitragen. Probabilistische Verfahren beruhen auf qualitativen Informationen einschließlich menschlichen Ermessens. Deterministische Methoden hingegen sind quantitativ und somit weniger fehleranfällig. Des Weiteren unterscheidet Kapitel 1207 zwischen destruktiven und nicht destruktiven Verfahren. Der Test mit Methylenblau beispielsweise ist ein klassisches probabilistisches, destruktives Verfahren, bei dem die Verpackung in blau gefärbtes Wasser getaucht wird. Die Methode macht das Produkt nicht nur unbrauchbar, sondern erweist sich auch als anfällig für menschliche Fehler. Zu den bevorzugten deterministischen Verfahren gehören nicht destruktive Technologien, die das oft teure Produkt innerhalb des Behältnisses schützen.
Jedes Produkt und jeder Herstellungsprozess erfordern eine sorgfältige Auswahl aus den bestehenden Methoden und können aus mehr als nur einer Technologie für die jeweiligen Prozessschritte bestehen. Angesichts neuer Verpackungsformate und pharmazeutischer Formulierungen müssen Regulierungen zudem über ihren derzeitigen Geltungsbereich hinaus erweitert werden. Gemäß Anlage 1 der europäischen GMP sollen zugeschmolzene Behältnisse, wie, etwa Glas- oder Plastikampullen, einer hundertprozentigen Integritätskontrolle unterzogen werden.Vials, Spritzen und Karpulen stellen noch höhere Anforderungen an die Integrität von Behältnissen und Verschlüssen als Ampullen, da sie aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammengesetzt sind.
Gefriergetrocknete Produkte
Hinsichtlich Medikamentenentwicklung und Testanforderungen nehmen gefriergetrocknete Produkte eine zentrale Stellung bei der Arzneimittelherstellung ein. Jeder Prozessschritt der Lyophilisierung birgt eigene Risiken und erfordert eine sehr genaue Kontrolle sowohl des Produkts als auch des Behältnis- und Verschlusssystems. Bereits der eigentliche Füllprozess von Vials erweist sich hinsichtlich Produktsterilität und Verpackungsintegrität als besonders anspruchsvoll. Der Stopfen wird auf das Vial gesetzt, aber nicht sofort versiegelt. Außerdem können unterschiedlichste Defekte zu Undichtigkeiten bei sterilen Vials führen, zum Beispiel durch ungenau platzierte Stopfen oder Verschlüsse, Fasern am Vial-Rand oder nicht perfekt aufeinander passende Stopfen und Vials. Risse im Behälterglas, unsachgemäßes Handling oder falsch eingestellte Maschinen können ebenfalls Undichtigkeiten verursachen. Tatsächlich kann es bei gefriergetrockneten Vials zu identischen Ausschussraten kommen wie bei Ampullen. Allerdings ist eine hundertprozentige CCI-Kontrolle nur für Ampullen, jedoch nicht für andere Behältnisarten vorgeschrieben. Experten rechnen allerdings damit, dass die Richtlinien bald entsprechend angepasst werden.
Breites Spektrum an CCI-Prüftechnologien
Zahlreiche deterministische, nicht destruktive Verfahren stehen dem Markt bereits zur Verfügung. Die Anpassung der USP erfordert also nicht die Entwicklung gänzlich neuer Technologien. Stattdessen verändert sie die Art und Weise, in der die Industrie diese Methoden beurteilt und anwendet. Arzneimittelhersteller werden darin bestärkt, Technologien einzusetzen, die Qualitätssicherung und Prüfraten signifikant steigern. Welche Technologie für die Dichtigkeitsprüfung zum Einsatz kommt, hängt von den spezifischen Produkt- und Behältereigenschaften ab, beispielsweise Leitfähigkeit, Headspace- Parameter, Alkoholgehalt und pharmazeutische Wirkstoffe.
Die mittels Hochspannung durchgeführte Dichtigkeitsprüfung bzw. High-Voltage Leak Detection ermittelt Undichtigkeiten in der Behälterwand. Mit HVLD werden Behältnis- und Verschlusssysteme inspiziert, darunter parenterale Vials, vorgefüllte Spritzen und Karpulen, aber auch Plastikbehältnisse, Beutel und Taschen mit pharmazeutischen Flüssigkeiten, Suspensionen und öligen Produkten. Das nicht destruktive Verfahren zur Messung von Vakuum- oder Druckabfall eignet sich für flüssige Darreichungsformen, gefriergetrocknete Produkte und trockene Pulver. Damit lassen sich Undichtigkeiten in der Verpackung identifizieren.
Die Headspace-Analyse (HSA) eignet sich für gefriergetrocknete Produkte und Arzneimittel, die unter Vakuum abgefüllt oder mit Gas gereinigt wurden. Mittels Laserspektroskopie misst sie die Menge an Licht, die durch den Gasraum strömt, und überprüft Veränderungen der Gaszusammensetzung im Kopfraum oder dessen Gesamtdruck.
Neue Lösungen inspizieren stehende und nicht stehende Behältnisse bei Ausbringungen von bis zu 600 Stück pro Minute und bieten eine Kombination aus Headspace-Analyse, Nahinfrarot (NIR)-Messung und Codierung. Um höchste Zuverlässigkeit und Genauigkeit zu gewährleisten, erfolgt eine automatische Überwachung der Messmodule anhand zertifizierter Referenzbehältnisse.
Wahl der geeigneten Technologie
Um die geeignete Testmethode für jedes Produkt und Behältnis zu bestimmen, ist ein umfassendes Produktwissen elementar: Reagiert das Produkt empfindlich auf Sauerstoff oder Feuchtigkeit? Erfordert es einen spezifischen Vakuumwert? Wie ist das Molekül strukturiert? Welche kritische Defektgröße muss ermittelt werden, um Sterilität und Integrität eines Produkts über seine gesamte Haltbarkeitsdauer hinweg zu gewährleisten? Dank sorgfältiger Auswahl entsprechender Technologien können Arzneimittel- und Anlagenhersteller gemeinsam passende Lösungen finden, die den regulatorischen Anforderungen gerecht werden. Anschließend geht es darum, die Geschwindigkeit und Genauigkeit der erforderlichen Anlage zu bestimmen.
Bei all diesen Schritten leisten Maschinenhersteller, die sowohl mit dem Markt als auch mit den gesetzlichen Anforderungen vertraut sind, wertvolle Unterstützung. Zusammen mit Validierungs- und Qualifizierungskonzepten sowie zusätzlichen Beratungsleistungen erhalten Kunden so weitaus mehr als nur eine Maschine. Während die pharmazeutische Industrie zunehmend auf hundertprozentige CCI-Kontrolle setzt, verfügen führende Anlagenhersteller wie Bosch Packaging Technology bereits über ein umfassendes Portfolio an Verfahren zur visuellen Inspektion und zur CCI-Kontrolle. So erhält jeder Arzneimittelhersteller eine passgenaue Lösung, die den Anforderungen von pharmazeutischem Wirkstoff, Darreichungsform, Behältnisart und -größe gerecht wird.