Dass manchmal aus praktischen Gründen auch bei Bioprodukten eine Einwegglasabfüllung sinnvoll ist, beweist Biosaftmarktführer Voelkel aus Pevestorf. Lieferant der komplexen Linie ist der slowenische Spezialist Vipoll, der Rinser, Füller, Verschließer sowie Transporteure selbst fertigte.
„Unsere Produkte entwickeln sich seit Jahren hervorragend. Für uns ist es daher wichtig, dass wir nicht nur von den Lieferanten unserer Früchte und Säfte exzellente Qualität erhalten, sondern auch bei unseren Maschinen und Anlagen auf dem höchstmöglichen technischen Niveau arbeiten. Diese neue Einweglinie wurde von den beteiligten Firmen unter der Leitung von Vipoll nicht nur genau so gebaut und installiert, wie wir uns das vorgestellt haben, sondern alle waren extrem darum bemüht, uns die bestmögliche Lösung zu liefern. Die Zusammenarbeit mit dem Vipoll-Team war einfach exzellent“, stellt Betriebsleiter Jacob Voelkel zufrieden fest. Doch bis dahin war es ein weiter Weg.
Von Anfang an ökologisch
Inmitten des heutigen Biosphärenreservats Elbtalaue siedelten sich die Unternehmensgründer Margret und Karl Voelkel in den 1920er-Jahren an. Sie pflanzten Obstbäume und -sträucher sowie Erdbeeren und bewirtschafteten ihren Garten nach anthroposophischen Gesichtspunkten. Damit gehörten sie zu den Pionieren des ökologischen Landbaus und legten vor fast 100 Jahren den Demeter-Gedanken als Grundstein für das Familienunternehmen. Ab Mitte der 1940er-Jahre entwickelte sich die Firma in der zweiten Generation unter Harm Voelkel zum überregionalen Begriff.
Geradlinig führte er die Idee der ursprünglichen Saftherstellung weiter und verarbeitete frische Wildfrüchte zu natürlichen, wohlschmeckenden Säften. Den Durchbruch zur hochmodernen Biosaftkelterei erlebte das Unternehmen in dritter Generation unter Stefan Voelkel. Seit Anfang der 1980er-Jahre steht er an der Spitze des Familienunternehmens und entwickelt mit Leidenschaft neue Säfte. Zusammen mit seinen vier Söhnen, die alle in verschiedenen Leitungsfunktionen des Unternehmens tätig sind, bietet der heute in Stiftungshand befindliche Betrieb mehr als 180 ökologische Obst- und Gemüsesäfte sowie Erfrischungsgetränke in Demeter- und Bioqualität an.
Einweg bei Bioprodukten
Die 160 Mitarbeiter verarbeiten im Jahr rund 29.000 Tonnen Rohwaren. Die Lagerkapazität beim größten Arbeitgeber der Region beträgt über zwölf Millionen Liter. Auf nunmehr drei Abfülllinien (Glasmehrweg, Glaseinweg und Karton) werden jährlich fast 100 Millionen Gebinde gefüllt: über 80 Prozent der 45 Millionen Liter in Glasflaschen, zehn Prozent davon in Einwegglas. Etwa bei Sirup, Fruchtsoßen oder den To-go-Produkten ist das durchaus sinnvoll. „Neu ist unser Frischesaft in Einwegglas, für den haben wir eine neue Linie gebraucht. Genau wie wir ist Vipoll ein Familienbetrieb, der mit viel Herzblut hinter seinen Produkten steht“, unterstreicht Jacob Voelkel. Er hat von Grund auf die Herstellung und Vermarktung von Fruchtsaft gelernt und weiß genau, welche Maschinen er benötigt.
„Wir hatten bei den Erfrischungsgetränken ein Plus von 30 Prozent und auch alle anderen Sparten, speziell grüne Säfte, entwickeln sich seit Jahren sehr gut. Daher haben wir eine neue Einwegglaslinie in Betrieb genommen, die speziell für Frischesaft eingesetzt wird“, erläutert Jacob Voelkel (31), Betriebsleiter des gleichnamigen Familienbetriebs in Pevestorf an der Elbe.
Produktion rund um die Uhr
Abgefüllt werden auf der neuen Glaseinweglinie stündlich bis zu 16.000 Flaschen, wobei neun verschiedene Flaschenvolumina von 100 ml bis 750 ml mit drei unterschiedlichen Verschlüssen (28-mm-Aluminium mit und ohne Ausgießer sowie 38-mm-Twist-off) verarbeitet werden. Als Generalunternehmer hat Vipoll die komplette Anlage mit Trocken- und Nassteil realisiert und neue sowie vorhandene Maschinen integriert. Neuglasabräumer und Palettierroboter, Füllblock mit Rinser-, Füller- und Verschließer, Rückkühler, Etikettier-, Inspektions- und Verpackungsmaschinen, Vertikalbinder für Twin-Packs und die Behälter-, Gebinde- und Palettentransportanlage wurden bei laufender Produktion installiert.
Der Anschluss der Gebindetransporteure sowohl an die neue wie auch an die vorhandene Palettierung sorgt für zusätzliche Flexibilität. Auf der Roboterpalettieranlage werden gleichzeitig Gebinde aus zwei verschiedenen Produktionsanlagen verarbeitet. „Kennen- und schätzen gelernt habe ich Vipoll während der Ausschreibungs- und Projektierungsphase“, betont Jacob Voelkel.
Technische Highlights
Die Neuglasflaschen werden auf hygienisch optimierten Edelstahlbehältertransporteuren im Pulk bzw. einbahnig zu den Maschinen, z. B. zum Rinser-Füller-Verschließer-Block „Visitron“ gefördert. Alle Transporteure sind werden in der für jede Flaschen- und Gebindegröße richtigen Geschwindigkeit gesteuert. Aktuelle Anlagenparameter werden digitalisiert gemäß dem „Weihenstephaner Standard“ für die Betriebsdatenerfassung genutzt.
Der Rinser ist nach mikrobiologischen Aspekten ohne Schläuche und komplett aus Edelstahl gebaut und hat 40 Greifer-/Spritzköpfe, die für die unterschiedlichen Flaschengrößen nicht gewechselt werden müssen. Zwei verschiedene Medien, etwa ein Desinfektionsmittel und steriles Wasser, können getrennt voneinander verwendet werden. Bei der Heißabfüllung können die Spritzzonen für die Flaschendesinfektion innen und eine abgestufte Flaschenvorwärmung bis über 90°C von außen genutzt werden.
Der Visitron-Füller ist für das Abfüllen von CO2-haltigen wie auch stillen (Gegendruckfüller), kalten und auch heißen Getränken geeignet. Die einfache Bedienung über ein Touchscreen bietet vielfältige Einstellmöglichkeiten für den Produktions- und Reinigungsbetrieb. Der Füller wurde in mikrobiologischer Edelstahlausführung mit abgerundeten und schrägen Flächen hergestellt. Im modernen Antriebskonzept sind wartungsfreundliche Servomotoren Standard. Eine Vipoll-Spezialkonstruktion sorgt für getrennte Wege von Vorspannung und Entlüftung/Vakuum.
Füllen von CO2-haltigen Getränken
Das Füllventil VKR–ES–DNH ist aus modularen Segmenten hergestellt. Auf jedem Ventil sorgt eine Pneumatikventileinheit für genaue, sehr schnelle Funktionsabläufe und präzise Füllungen. Die Füllventile sind wartungsfreundlich außen am Gaskanal installiert. Der Abfüllprozess beginnt mit der Evakuierung, die wiederholt werden kann. Die Flasche wird mit Schutzgas beaufschlagt, die Luft aus dem Behälter entweicht in den Vakuumkanal und weiter in die Atmosphäre. Eine Gefährdung des Produktes ist ausgeschlossen. Nun wird die Flasche mit Schutzgas vorgespannt, nach Erreichen des Druckausgleichs öffnet die Füllnadel und das Produkt fließt durch ein spezielles Orientierungsteil im unteren Bereich des Füllventils, was das Füllverfahren verbessert. Sobald das Produkt das Ende des Rückluftrohres erreicht, wird der Füllvorgang „getaktet“ und der Behälter bis zum voreingestellten Niveau gefüllt. Diese Funktion ermöglicht eine einfache Änderung des Füllniveaus bei Produkt- oder Behälterwechseln, ohne das Rückluftrohr zu tauschen, sowie eine Füllniveaukorrektur bei laufender Produktion.
Heißabfüllung
Die Funktionsänderung der Gaskanäle ermöglicht ein Heißabfüllverfahren in höchster Qualität. Der Hubzylinder presst die Flasche gasdicht an. Der Füller kann mit leichtem Überdruck oder drucklos füllen, wobei dann durch die individuell wählbaren Nachfüllphasen Flaschen randvoll oder in der Füllhöhe beliebig gefüllt werden können. Die Maschine ist mit einer temperaturgesteuerten Produktrückführung ausgestattet. Bei einem Füllerstopp oder Überschreiten einer voreingestellten Zeit wird das Produkt vom Füller am Füllventil vorbei in einen integrierten Tank geführt und von dort zum Vorlaufbehälter der Produktbehandlung gepumpt. So wird gewährleistet, dass kein Produkt am Füllventil stehen bleibt, die Abfülltemperatur nicht unterschritten wird und Produkt führende Teile „auf Temperatur bleiben“.
Für jeden Artikel (Produkt und Behälter) wird die Dauer der einzelnen Phasen über einen Touchscreen vorgewählt und als „Rezept“ in der zentralen Steuereinheit gespeichert. Zukünftige Anforderungen können leicht erfüllt werden. Die Rezepturverwaltung garantiert die Reproduzierbarkeit der Daten. Zehn Verschließköpfe sorgen nach dem Füllen für das Aufbringen der MCA-Schraubverschlüsse. Das automatisch einstellbare Sortierwerk und die offene Verschlusszufuhrrinne bringen die Verschlüsse korrekt durch die Sterilisationsstrecke zum Verschließkopf. Zufuhrrinne und Verschließelemente werden mit Wasser und Desinfektionsmittel gereinigt. Die mechanische Verschlussförderanlage erreicht beste Mikrobiologiewerte durch eine integrierte Schaumreinigung.